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IndienCoronavirus / Gesundheitswesen
Wirtschaftsumfeld
Special Indien Coronavirus
Der Ausbruch der Corona-Pandemie könnte die ohnehin angespannte Situation in der indischen Gesundheitsversorgung weiter verschärfen.(Stand: 23. April 2020)
Von Boris Alex | New Delhi
Indiens Gesundheitssystem ist nur mangelhaft auf die Corona-Pandemie vorbereitet. Es gibt zu wenig Teststationen, Labors, Quarntäneeinrichtungen und Intensivbetten. Daher setzt die Regierung konsequent auf die Strategie Flatten the Curve, also mit Hilfe von Präventivmaßnahmen wie Social Distancing eine Überlastung des Gesundheitssystems vermeiden. Am 24. März wurde deshalb eine landesweite Ausgangssperre verhängt - zunächst bis zum 3. Mai 2020.
Dass Indiens Krankenhäuser bei einem massiven Anstieg von an COVID-19 erkrankten Personen, schnell an ihre Belastungsgrenze stoßen dürften, verdeutlicht die Zahl der Intensivbetten mit Beatmungsgerät. Schätzungen zufolge gibt es in ganz Indien etwa 20.000 dieser Geräte - ein Zehntel der benötigten Kapazität, falls die Corona-Pandemie einen ähnlichen Verlauf wie in Italien, Spanien oder den USA nehmen sollte. Die lokale Kapazität zur Produktion von Beatmungsgeräten schätzt die Association of Indian Medical Device Industry (AIMED) auf maximal 6.000 Einheiten pro Monat.
Die Regierung hat daher angekündigt, ihre Anstrengungen im Bereich der Seuchenbekämpfung zu intensivieren und die öffentlichen Investitionen in das Gesundheitssystem zu steigern. Zwar hat das Land in den letzten Jahren die Ausgaben für den öffentlichen Gesundheitssektor hochgefahren, die Defizite bei der medizinischen Versorgung - vor allem in den ländlichen Regionen - sind aber weiter gewaltig. Im internationalen Vergleich hinkt der Subkontinent sowohl, was die Zahl der Ärzte und Krankenhausbetten als auch was die medizintechnischen Ausstattung betrifft, vielen anderen Schwellenländern hinterher.
Jeder, der es sich leisten kann, nimmt private Gesundheitsdienste in Anspruch. Dadurch ist in Indien ein Zweiklassensystem entstanden. Staatliche Krankenhäuser gelten als schlecht ausgestattet, und ihre Behandlungsqualität genießt oft keinen guten Ruf. In vielen privaten Kliniken hingegen arbeiten hoch qualifizierte Ärzte, und die technische Ausstattung befindet sich auf internationalem Spitzenniveau. Auch wenn sich die Gesundheitsversorgung in der Breite in den letzten Jahren verbessert hat, stehen im öffentlichen Sektor lediglich 0,8 Ärzte und 0,5 Klinikbetten je tausend Einwohnern zur Verfügung.
Zwar schreitet der Ausbau der Krankenhausinfrastruktur voran, hinkt aber weit hinter dem steigenden Bedarf infolge der rasch wachsenden Bevölkerung, einer demografischen Entwicklung hin zu mehr alten Menschen sowie der Zunahme von Zivilisationskrankheiten hinterher. Laut Invest India befinden sich zurzeit allein im öffentlichen Sektor 90 Kliniken und Gesundheitseinrichtungen mit einem Investitionsvolumen von 900 Millionen US-Dollar (US$) in der Projektpipeline. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Investitionsvorhaben der privaten Klinikketten Apollo Hospitals, Fortis Healthcare und MaxHealth.
Indien will die Zahl der Krankenhausbetten pro 1.000 Einwohner bis 2025 von 0,5 auf 3 erhöhen. Ernst and Young gibt den Bedarf an zusätzlichen Betten bis dahin mit 3 Millionen an. Um dieses Ziel zu erreichen, will Indien in den kommenden fünf Jahren insgesamt 200 Milliarden US$ in die staatliche Klinikinfrastruktur investieren. Damit sollen unter anderem landesweit 150.000 Gesundheitseinrichtungen zur Primärversorgung sowie 200 Spezialkliniken eröffnet werden.
Indikator | 2019 |
---|---|
Bevölkerungsgröße | 1.366 |
Anteil der Bevölkerung über 65 Jahre | 6,4 |
Anzahl Ärzte pro 1.000 Einwohner 1) | 0,8 |
Anzahl Krankenhausbetten pro 1.000 Einwohner 1) | 0,5 |
Gesundheitsausgaben pro Kopf (US$/Jahr) 2) | 62,72 |