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Special | Südafrika | Smart Farming

Digitalisierung der Landwirtschaft in Südafrika

Haupttreiber für digitale Lösungen sind die großen Agrarbetriebe. Mit einer hohen Nachfrage ist weiterhin zu rechnen. Die erheblichen Kosten für die Datenübertragung bremsen aber.

Von Fausi Najjar | Johannesburg

  • Ziele: Höhere Erträge und neue Ansprüche als treibende Faktoren

    Der Agrarsektor sucht nach digitalen Lösungen bei der Bewässerung, bei der Produktnachverfolgung, für die Anpassung an den Klimawandel und bei der Optimierung des Anbaus.

    In Südafrika sind sowohl beim Flächenanbau - vor allem Mais - als auch zunehmend in dem bislang arbeitsintensiv geprägten Obstanbau digital gestützte Technologien gefragt. Der Bedarf an digitalen Lösungen erstreckt sich auf den gesamten Produktionsprozess und umfasst Bereiche wie Aussaat, Bewässerung, Pflanzenschutz und den Ernteprozess. Besonders bei der notwendigen Wassereinsparung sind Investitionen notwendig und bedürfen einer digitalen Steuerung. Hinzu kommt die Regulierung von Schwankungen bei der Stromerzeugung auf der Basis der zunehmend bedeutender werdenden erneuerbaren Energien. Kostensteigerungen, die über der Inflation liegen, sind außerdem bei Strom und Düngemitteln zu verzeichnen. Mit digitalen Verfahrenstechniken können im Rahmen der sogenannten Präzisionslandwirtschaft Prozesse effizienter gestaltet werden.

    Bislang bleiben weite Teile der agrarischen Produktion von einem hohen Einsatz relativ niedrig entlohnter Arbeitskräfte geprägt. Auch wenn im Arbeitskampf rhetorische Übertreibungen nicht unüblich sind, dürften steigende Mindestlöhne tatsächlich der Mechanisierung und Digitalisierung in der Landwirtschaft Vorschub leisten. Entgegen ihres positiven Images birgt demnach die Digitalisierung ein erhebliches Konfliktpotenzial in dem hoher Ungleichheit geprägten Land.

    Klimaschutz und globaler Wertewandel schieben Digitalisierung an

    Agrarbetriebe, welche die sich oftmals postmaterialistisch gebende, gehobene Konsumentenschicht in Südafrika und weltweit bedienen, sind wichtige Nachfrager digitaler Produktionsprozesse. Anspruchsvolles Ziel ist es, mittels neuer Technologien, etwa Blockchain, die wirtschaftliche, ökologische und soziale Dimension einer nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion zu dokumentieren und in Einklang zu bringen. Zu diesem Nachfragesegment gehören Unternehmen, beispielsweise im Weinanbau, Züchter lokaler Naturprodukte für die Pharmaindustrie und die nachhaltige Rinderzucht. In Südafrika gibt es zunehmende Anstrengungen, eine intelligente Landwirtschaft für den Klimaschutz (climate smart agriculture, CSA) zu etablieren. CSA umfasst Elemente wie das Boden-, Weideland und Wassermanagement, die urbane Landwirtschaft und die Nahrungsmittelverarbeitung.

    Agrarverbände fördern die Digitalisierung in der Landwirtschaft

    Die Obst- und Weinindustrie verfolgt zahlreiche Anpassungsstrategien zum Klimaschutz. Diese beinhalten die Nutzung eines offenen Webportals namens FruitLook, das zur Verbesserung des Wassermanagements und der Sortenauswahl dient. , insbesondere zur Umstellung auf die Tröpfchenbewässerung. Die Verwendung von Schuppennetzen für den Infrarot- und UV-Schutz sind ebenfalls teil des Programms. Hinzu kommt der Einsatz von Kohlenstoff-Rechner-Tools.

    Das an die Zuckerindustrie angeschlossene SASR-Institut (South African Sugar Research Institute) hat mehrere Klimaschutz-Konzepte entwickelt. Zu den Verfahren gehören Sortenverbesserung und Pflanzenschutz, Ernteleistung und -management. Die Ergebnisse der praxisbezogenen Forschung schlagen sich im zunehmend angewandten Sustainable Sugar Cane Farm Management System (SUSFARMS®) nieder.

    Regierung will Smart Farming stärken

    Zwar findet in dem nationalen e-Strategie-Plan von 2017 sowie weiteren Programmen und Reden eine digital gestützte Landwirtschaft Eingang, mit Schwerpunkt auf kleinere Agrarunternehmen begrenzten sich die Aussagen jedoch vor allem auf Absichtserklärungen und Informationsdienstleistungen. Dennoch stehen Themen wie Industrie 4.0 auf der Agenda. Überdies stützen staatliche Banken und Förderprogramme landwirtschaftliche Projekte; insbesondere solche von Angehörigen der während der Apartheid diskriminierten schwarzen Bevölkerungsmehrheit.

    Verzögerungen bei der Ausschreibung von Breitbandfrequenzen

    Wichtig für die weitere Digitalisierung des Agrarsektors wären die schon seit langem geplanten Ausschreibungen von Spektren für die 5G-Mobilfunkübertragung. Präsident Cyril Ramaphosa hat wiederholt versprochen, das wichtige Vorhaben 2021 umzusetzen. Dies würde die Kosten für Datenübertragung erheblich senken.

    Gerichtsstreitigkeiten blockieren jedoch eine breite Erschließung der Breitband-Frequenzen. Auch Stromabschaltungen, die den Einsatz von Notstromaggregaten für die digitale Steuerung notwendig machen, erhöhen die Kosten. Provisorisch hat die Regierung 2020 als Notbehelf einige Frequenzen an Telekommunikationsunternehmen vorübergehend zur Verfügung gestellt.

    Datenübertragung viel zu teuer

    Im RAMP-Index 2020, der die Datenkosten in Afrika misst, rangiert Südafrika von 46 Ländern auf Platz 33. Spitzenreiter bei den niedrigen Kosten sind hingegen Ägypten, Tunesien und Ghana. Bislang ist die 5G-Technologie lediglich in den Metropolen Johannesburg, Pretoria und Kapstadt erhältlich.

    Während Südafrika über ein Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten (Protection of Personal Information Act of 2013, POPI) verfügt, sind große Teile davon noch nicht umgesetzt. Das führt zu regulatorischen Unklarheiten. Für das Management von Big Data und KI-basierten Algorithmen werden zusätzliche Vorschriften erforderlich sein.

    Von Fausi Najjar | Johannesburg

  • Agrarwirtschaft: Breit aufgestellter Bereich

    Trotz geringem Anteil am Bruttoinlandsprodukt ist der Agrarsektor wichtig für die Gesamtwirtschaft. Die Digitalisierung könnte das große Gefälle innerhalb des Sektors noch erhöhen.

    Südafrika umfasst sieben klimatische Zonen: Von extremer Wüste an der Grenze zu Namibia bis zu subtropischem Klima im Südosten und an der Grenze zu Mosambik. Damit ist der Anbau einer breiten Palette agrarischer Produkte möglich. Dieser Umstand, in Kombination mit einer guten Infrastruktur und wettbewerbsfähigen Kosten, macht das Land zum Agrarzentrum auf dem afrikanischen Kontinent. Südafrika ist dort größter Produzent von Mais, Äpfeln, Makadamia-Nüssen, Zuckerrohr, Wein- und Tafeltrauben, Zitronen und Orangen. Darüber hinaus angebaut werden alle wichtigen Getreidearten, ausgenommen Reis, viele Gemüsesorten und Tropenfrüchte. Es gibt eine Herstellung pflanzlicher Öle, die Rinder-, Schweine-, Schaf- und Geflügelzucht sowie Milchwirtschaft.

    Bedeutende gesamtwirtschaftliche Rolle 

    Der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist in den letzten Jahren stetig gefallen auf mittlerweile unter 2,5 Prozent. Dennoch ist der Agrarsektor für die Wirtschaft Südafrikas wichtig und mit Abstand der am weitesten entwickelte auf dem afrikanischen Kontinent. Ende 2019 waren in der Landwirtschaft 885.000 Personen beschäftigt. Die Agrar-Ausfuhren decken rund 10 Prozent der Exporteinnahmen ab, während der Sektor bedeutender Abnehmer von Maschinen und Düngemitteln sowie Zulieferer für die lokale Nahrungsmittelverarbeitung ist.

    Dank ergiebiger Regenfälle ist die Landwirtschaft 2020 um mehr als 9,5 Prozent gewachsen. Für 2021 ist konservativ geschätzt mit einem Wachstumsplus von nochmals 3 bis 4 Prozent zu rechnen.  

    Eckdaten zur Landwirtschaft und Infrastruktur in Südafrika

    2020

    Einwohner

    59,6 Mio.

    Landwirtschaftliche Nutzfläche in Hektar

    96,3 Mio.*)

    Anteil der Landwirtschaft an der Entstehung des BIP (in %)

    2,4

    IMD Digital Competitiveness Ranking (Rang unter 63 untersuchten Ländern) 

    60

    *) 2018Quelle: UN-Data 2021; OECD 2019; IMD World Digital Competitiveness Ranking 2020; UNStats 2019

    Starkes Gefälle zwischen hochmodernem und unterinvestiertem Agrarsektor

    Südafrika Agrarwirtschaft ist von einem hohen Gefälle geprägt, das auf die Geschichte der Rassendiskriminierung zurückzuführen ist. So produziert ein teils hochkommerzieller Agrarsektor mit rund 2.000 landwirtschaftlichen Betrieben, wertmäßig 64 Prozent der agrarischen Erzeugung. Daneben gibt eine vor allem auf den eigenen Lebensunterhalt ausgerichtete Produktion mit knapp 25.000 Kleinstbetrieben. Hinzu kommen 12.500 mittlere und kleinere Farmen. Diese sind auf überwiegend auf den lokalen Markt ausgerichtet und oftmals unterinvestiert. Der hochmoderne Agrarsektor bildet einen wichtigen Markt für landwirtschaftliche Maschinen aller Art, einschließlich digital gestützter Technologien.

    Demgegenüber sind kleinere Betriebe dem Risiko ausgesetzt, mit ihrer geringeren Kapitalkraft den Anschluss an die Digitalisierung zu verlieren; mit der Folge, von den sich digital entwickelnden heimischen und externen Märkten ausgeschlossen zu werden. Deswegen stehen die südafrikanische Regierung und die digitale Agrarindustrie vor der Herausforderung, die mehrheitlich kleinen Agrarbetriebe in ihre Konzepte zur Digitalisierung zu integrieren.

    Entwarnung bei der Entschädigungsdiskussion?

    Die Diskussion um eine entschädigungslose Landenteignung hat für eine starke gesellschaftliche Polarisierung und eine erhebliche Verunsicherung bei den rund 30.000 weißen Farmern sowie bei Investoren gesorgt. Folgt man allerdings eingehenderen Analysen zum Gesetzesvorhaben, dann sind im neuen Gesetz und in der Vorlage zur Verfassungsänderung offenbar keine Element eingebaut, die willkürlichen und überbordenden Eingriffen in die Eigentumsrechte Vorschub leisten würden.

    Von Fausi Najjar | Johannesburg

  • Marktstruktur: Smart-Farming-Anbieter mit hoher Spezialisierung

    Eine systematische Erfassung digitaler Anwendungen im Agrarsektor und relevanter Akteure ist nicht vorhanden. Dennoch kann von einer breit aufgestellten Szene gesprochen werden.

    Die Start-up-Szene, die vor allem in Kapstadt zuhause ist, ist in hohem Maße auf die Landwirtschaft ausgerichtet. Zudem ist internationales Wagniskapital, und hier vor allem aus London, traditionell mit südafrikanischen Kapitalgebern eng verflochten. So hat die südafrikanische Empowerment Capital Investment Partners alleine zwischen Juli 2019 und Februar 2021 umgerechnet knapp 10 Millionen Euro in 13 verschiedene Start-ups investiert, darunter solche für die Nahrungsmittelverarbeitung, für den Vertrieb und für die Landwirtschaft (LBB Foods, Red Baron Agri and Zulzi On Demand). Die Mehrheit der aktiven Anbieter digitaler Technologien für den Agrarsektor sind in Südafrika Start-ups. 

    Lokale Firmen decken Spezial-Bereiche ab

    Alle global relevanten Landmaschinen-Hersteller sind mit neuesten, digital gestützten Lösungen auf dem südafrikanischen Markt vertreten. Bei den verschiedenen Spezialsegmenten für digitale Landwirtschaft sind eine Reihe heimischer Anbieter aktiv. Gut aufgestellte südafrikanische Unternehmen bilden ein Potenzial für strategische Partnerschaften zur Markterschließung auf dem afrikanischen Kontinent.

    Unternehmen in der Fernerkundung mittels Drohnen- und Satellitentechnik

    Name

    Webseite

    Aerobotics

    www.aerobotics.com/

    Aerovision South Africa

    www.aerovision-sa.com/


    Agri-Sense

    www.agrisense.live/

    DRONESIX (Pty) Ltd

    www.dronesix.co.za/

    FarmPin

    https://farmpin.com/

    FruitLook

    www.fruitlook.co.za/

    TerraCam

    www.terracam.co.za/

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2021

    Unter anderem bieten SGS TransparencyOne und Khula Lösungen für das Lieferkettenmanagement an. GeofarmSA, PANNAR Sprout, Water Administration Systems, Lindsay Africa, FieldNET und Yellow Beast, Spraying Systems Co sind im Bereich der Automatisierung tätig.  Zu den Unternehmen, die agrarspezifische Daten verarbeiten, zählen Agrisol, Rocket Farm, Technoserve, GeofarmSA, AgriSense, FarmPin sowie Crop Systems, Water Administration Systems und Rocket Farm. PANNAR Sprout und Lindsay Africa’s FieldNET haben sich auf die Mobilfunk-gestützte Steuerung spezialisiert. Im Bereich agrarnaher Versicherungs- und Finanzdienstleistungen sind Livestock Wealth, FedGroup’s Impact Farming und Mobbisurance tätig.

    Anbieter hydroponischer Verfahren *

    Name

    Webseite

    Future Farms SA

    https://futurefarmssa.co.za/

    Dynatrade

    http://dynatrade.co.za/

    Greener Solutions

    http://greenersolutions.co.za/

    Hytech Agriculture

    https://hytech.co.za/

    Vegtech

    https://vegtech.co.za/

    * In einem hydroponischen System befinden sich die Wurzeln der Pflanze in einem Gemisch aus Wasser und darin gelöster Nährstoffe. Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2021

    Weitere Anbieter für die digitale Landwirtschaft



    Angebotene Lösungen

    South African Environment Observation Network

    Einsatz von künstlicher Intelligenz

    Regina Analytics

    Diagnose bei Zitrusfrüchten

    Azure FarmBeats

    Einsatz von künstlicher Intelligenz

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2021

    Von Fausi Najjar | Johannesburg

  • Kontaktadressen


    Bezeichnung

    Anmerkung

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Südliches Afrika

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    South African Chamber of Commerce & Industry (SACCI)

    Südafrikanische Industrie- und Handelskammer

    Department of Agriculture, Land Reform and Rural Development (DALRRD)

    Ministerium für Landwirtschaft, Landreformen und ländliche Entwicklung

    Department of Forestry, Fisheries and the Environment

    Ministerium für Umwelt und Fischerei

    Department of Trade Industry and Competition

    Wirtschaftsministerium / Vergabe von Fördermitteln

    Atlantis Special Economic Zone (SEZ)

    Wirtschaftszone für erneuerbare Energien und grüne Technologien

    Agricultural Research Council

    Forschungszentrum für den Agrarsektor

    Green Cape

    Nicht-profitorientierte Organisation zur Förderung grüner Technologien in der Provinz Western Cape

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