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Special | Ukraine | Smart Farming

Ziele: Höhere Effektivität dank Smart Farming

Agrarholdings in der Ukraine nutzen innovative Methoden, um ihre Produktivität zu steigern. Der Staat begrüßt den Einsatz von Smart Farming, Unterstützung leistet er aber kaum.

Von Fabian Nemitz | Kiew

Weite Anbauflächen, finanzkräftige Agrarholdings, ein starker IT-Sektor und Kompetenzen in der Luft- und Raumfahrttechnik - die Ukraine verfügt über gute Voraussetzungen zum Einsatz und zur Entwicklung von Smart-Farming-Technologien. Führende Agrarunternehmen, die Flächen von bis zu 500.000 Hektar bewirtschaften, investieren in moderne Technik und verfügen über eigene Forschungsabteilungen.

Mehr und mehr nutzen die großen Agrarholdings Satellitenüberwachung, Präzisionslandwirtschaft sowie Datenmanagement und -analyse, schreibt das Portal Large Scale Agriculture. Vertreter der großen Agrarunternehmen MHP, Kernel, IMC und Astarta-Kyiv betonen Effizienzgewinne als Hauptziel des Einsatzes digitaler Technologien in der Landwirtschaft.

Agrarholdings setzen auf eigene digitale Plattformen

Als hilfreich erweist sich vor allem die Einrichtung digitaler Informationssysteme. Die Agrarholding MHP nutzt das selbst entwickelte System DigitalAgroTech; Astarta-Kyiv greift auf die Plattform AgriChain zurück, Kernel auf Microsoft Navision und die eigene Plattform DigitalAgriBusiness. Für den Einsatz digitaler Lösungen bieten sich bei den vertikal integrierten Agrarholdings mit ihren vielfältigen Geschäftsfeldern wie der Landwirtschaft, der Pachtverwaltung für Tausende Parzellen, der Weiterverarbeitung von Agrargütern und Logistik viele Möglichkeiten. Bei Astarta-Kyiv führte das System AgriChain allein dank der Regulierung der Bodenbearbeitungsintensität zu Einsparungen von 7 US-Dollar (US$) je Hektar.

Andriy Bratanich, Chief Information Officer von MHP, sieht in der digitalen Transformation heute eher ein Muss als eine Option. "Bei der Automatisierung von Routineaufgaben und der Betriebsoptimierung in der Landwirtschaft ist die Ukraine meiner Meinung nach Ländern wie den USA weit voraus. Unser Land bietet ein freundliches Umfeld für die Umsetzung innovativer Lösungen", sagte Bratanich dem Portal Large Scale Agriculture.

Landesweit nutzt allerdings nur ein kleiner Teil der Betriebe innovative Technologien. Bei der Steigerung der Effizienz und Produktivität verfügt die ukrainische Landwirtschaft noch über ein großes Nachholpotenzial. Trotz der besseren Böden liegen die durchschnittlichen Erträge unter dem Niveau von Westeuropa. Verantwortlich hierfür sind viele Gründe wie strukturelle Faktoren und die vielfach veraltete Technik bei kleinen Betrieben. Um den Bauern die Möglichkeiten der Digitalisierung zur Steigerung der Effizienz aufzuzeigen, haben Agrohub und das Verlagshaus TopLead einen Farm Management Systems Guide veröffentlicht.

Moderne Technik hilft gegen Diebstahl

Ein weiteres Einsatzfeld moderner digitaler Technologien ist die Überwachung von Maschinen und Personal. Nach Aussage von Wolodymyr Babij, dem stellvertretenden Leiter der IT-Abteilung der Agrarholding UkrLandFarming, nutzt sein Unternehmen eine Technologie, um auf jedem Mähdrescher die geernteten Erträge exakt zu erfassen. Damit könne der früher häufig verbreitete Diebstahl verhindert werden. Bei der Überwachung der Fahrrouten komme GPS-Technik zum Einsatz.

Präzisionslandwirtschaft auf dem Vormarsch

Die ukrainischen Bauern nutzen immer häufiger die Möglichkeiten der Präzisionslandwirtschaft. Die Käufe entsprechender Technik entwickeln sich rasant, schreibt die Wirtschaftszeitung Delo.ua. Experten zufolge kommt Präzisionslandwirtschaft in der einen oder anderen Anwendung auf 20 bis 30 Prozent der Ackerflächen zum Einsatz,  anwendungsübergreifend aber nur auf 5 Prozent. Führend sind auch hier die großen Agrarholdings. Dank der Effizienzsteigerungen könne der Gewinn pro Hektar um 350 bis 400 US$ erhöht werden. Die Technik stamme dabei von großen westlichen Herstellern.

Zu den Vorreitern in der digitalen Landwirtschaft gehört das Unternehmen Kernel. Ihor Tschikin, der Leiter des Bereichs Agribusiness, führte in einem Interview aus, die Digitalisierung und der Einsatz von Präzisionslandwirtschaft habe Kernel im Jahr 2018 zu Effizienzgewinnen von rund 25 Millionen US$ verholfen. Alle Felder verfügten über RTK-Vermessung und würden per Satellit und Drohnen überwacht.

Insgesamt hinkt die Ukraine beim Einsatz von Präzisionslandwirtschaft aber noch hinterher. Während laut Delo.ua in den USA 80 Prozent der Bauern Elemente der Präzisionslandwirtschaft nutzen, sind es in der Ukraine zehnmal weniger. Die Gründe hierfür liegen am geringeren Bewusstsein für das Potenzial innovativer Technologien und fehlenden finanziellen Mitteln kleiner Betriebe. Subventionen stellt der ukrainische Staat nur für den Kauf lokal gefertigter Landtechnik bereit, die führenden Standards jedoch nicht entspricht.

Regierung stellt keine Fördermittel bereit

Die ukrainische Regierung begrüßt den Einsatz von Smart Farming. In Programmen und Entwicklungsstrategien zur Digitalisierung der Wirtschaft spielt auch die Landwirtschaft eine Rolle. In der Nationalen Wirtschaftsstrategie bis 2030 wird der Einsatz von Smart Farming auf 30 Prozent der Ackerflächen angestrebt. Konkrete Hilfen und Fördergelder stellt der Staat für Smart Farming bislang aber nicht zur Verfügung. Im Mai 2021 wurde im neugegründeten Ministerium für Agrarpolitik und Ernährung mit Taras Dsiuba jedoch ein Vizeminister für Digitalisierung ernannt. Dsiuba verfügt über eigene Erfahrungen bei der Digitalisierung der Landwirtschaft - als Gründer der Online-Plattform Agrifinance und Co-Gründer von MeteoControl.

Neue Satelliten sollen Bedingungen für Smart Farming verbessern

Die Regierung verabschiedete im Januar 2021 ein Konzept für die Entwicklung des Weltraumsektors 2021 bis 2025 mit dem Ziel, neue Satelliten ins All zu bringen. Nach Aussage von Wolodymyr Taftaj, dem Leiter der staatlichen Weltraumagentur, könnten die Satelliten dazu beitragen, die Einnahmen der Landwirte pro Jahr um 2,5 Milliarden US$ zu erhöhen.

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