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Wirtschaftsumfeld | Saudi-Arabien | Abflauende Coronakrise

Corona unter Kontrolle und Wirtschaft wächst wieder

Saudi-Arabien meldet niedrige Inzidenzwerte und hohe Impfquoten. Das 2. Halbjahr dürfte infolge einer positiveren Ölmarktsituation mit deutlichem Wirtschaftswachstum abschließen.

Von Robert Espey | Riad, Dubai

In Saudi-Arabien weisen die offiziellen Zahlen einen Rückgang der Corona-Infektionen auf ein sehr niedriges Niveau aus. Die höchste 7-Tage-Inzidenz wurde im Juni 2020 mit 88,3 Fällen pro 100.000 Einwohner erreicht. Bis Anfang Januar 2021 sank der Inzidenzwert auf 2,0, zeigte aber dann bis Anfang Juli wieder eine steigende Tendenz, am 2. Juli waren es 27,9. Derzeit (Stand: 22. September) liegt die Inzidenz unter 2. Die Zahl der innerhalb der letzten sieben Tage täglich an oder mit Corona Verstorbenen betrug durchschnittlich 5.

Mittlerweile relativ hohe Impfquoten

Nach einer anfänglich langsam angelaufenen Impfkampagne hat Saudi-Arabien mittlerweile eine relativ hohe Impfquote erreicht. Gemäß dem Saudi Health Council wurden bislang (Stand: 22. September) über 41 Millionen Dosen verabreicht (Bevölkerung: 35 Millionen). Fast zwei Drittel der Bevölkerung sind mindestens einmal geimpft, etwa 51 Prozent vollständig. Kann Saudi-Arabien das aktuelle Impftempo beibehalten, wären im November rund 70 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Als Impfstoffe sind vor allem BioNTech/Pfizer und AstraZeneca im Einsatz, Moderna ist ebenfalls zugelassen.

Entsprechend der erreichten niedrigen Inzidenzwerte und der steigenden Impfquote sind die Corona-Beschränkungen im öffentlichen Leben und in der Wirtschaft stark abgebaut worden. In vielen Bereichen müssen aber der Impfstatus oder aktuelle Testergebnisse über die vom National Information Center entwickelte Tawakkalna-App nachgewiesen werden. Zudem gelten weiterhin Vorsichtsmaßnahmen (Abstandsregeln, Maskenpflicht etc.).

Impfnachweis oder Quarantäne bei Einreise

Trotz der entspannten Corona-Lage besteht unverändert eine große Sorge hinsichtlich der Einschleppung von Infektionen im Rahmen des internationalen Reiseverkehrs. Aus bestimmten Ländern ist derzeit die Einreise nach Saudi-Arabien untersagt, dazu gehören unter anderem die Türkei, Iran, Indien oder Libanon. Voraussetzung für eine Einreise ist die Vorlage eines negativen PCR-Tests, der nicht älter als 72 Stunden sein darf. Mit Ausnahme vollständig Geimpfter müssen sich alle Einreisenden auf eigene Kosten in eine 7-tägige institutionelle Quarantäne begeben.

Wirtschaft wächst, aber Trend noch instabil

Das Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zeigte im saisonbereinigten Vergleich mit dem jeweilig vorangegangenen Quartal in den ersten beiden Quartalen 2020 reale (preisbereinigte) Schrumpfungen um 1,6 Prozent (1. Quartal) und 5,5 Prozent (2. Quartal). Es folgten Zuwächse um 2,1 Prozent (3. Quartal) und 1,8 Prozent (4. Quartal). Für das 1. Quartal 2021 wird ein leichtes Minus von 0,5 Prozent gemeldet, das 2. Quartal brachte einem Zuwachs von 0,6 Prozent.

Angesichts des hohen Anteils des Ölsektors am realen BIP von rund 40 Prozent (2020) hat die Ölfördermenge einen entscheidenden Einfluss auf die BIP-Entwicklung. Die BIP-Schrumpfung im 1. Quartal 2021 gegenüber dem 4. Quartal 2020 wurde durch einen Rückgang im Ölsektor um 8,7 Prozent verursacht. Hingegen konnte der Nicht-Ölsektor um 4,9 Prozent expandieren. Im 2. Quartal 2021 stand einem Plus im Ölsektor von 2,4 Prozent ein Minus von 0,5 Prozent im Nicht-Ölsektor gegenüber.

Im 2. Halbjahr 2021 wird der Ölsektor deutliches Wachstum zeigen. In der ersten Jahreshälfte lag die Ölproduktion bei sehr niedrigen durchschnittlich 8,5 Millionen bpd (barrel per day), in der zweiten Hälfte dürften es über 9,6 Millionen bpd werden.

Die Prognosen für das reale BIP-Wachstum im Gesamtjahr 2021 bewegen sich zumeist bei rund 2 Prozent. Die Analysten des in Riad ansässigen Unternehmens Jadwa Investment erwarten 2021 einen realen BIP-Anstieg um 1,8 Prozent. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Ölförderung das dritte Jahr in Folge sinkt, von durchschnittlich 9,2 Millionen (2020) auf 9,0 Millionen bpd. Die private Nicht-Ölwirtschaft soll um 4,4 Prozent anziehen. Die Economist Intelligence Unit (EIU) rechnet für 2021 mit einem BIP-Zuwachs von 2,2 Prozent, die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) mit 2,4 Prozent.

Ölsektor ist Wachstumsmotor

Für 2022 wird mit einem signifikant höheren BIP-Wachstum kalkuliert. Hintergrund ist die wahrscheinlich erheblich höhere Ölproduktion, Jadwa Investment prognostiziert durchschnittlich 9,7 Millionen bpd. Aber auch der Nicht-Ölsektor wird Wachstumsimpulse geben. Jadwa Investment erwartet 2022 eine BIP-Steigerung von 5,1 Prozent (Ölsektor: 9,4 Prozent; privater Nicht-Ölsektor: 2,8 Prozent), der IMF von 4,8 Prozent, die EIU von 3,6 Prozent und die Weltbank von 3,3 Prozent.

Das 2022 (und möglicherweise auch 2023) vor allem durch den Ölsektor verursachte kräftigere BIP-Wachstum zeigt die noch zu geringen Erfolge der Bemühungen um eine stärker diversifizierte Wirtschaft, die vom Ölsektor unabhängiger werden soll. Die aktuelle Entwicklungsstrategie (Vision 2030) strebt eine breit ausgestellte Wirtschaftsstruktur an, die von einer dynamischen privaten Nicht-Ölwirtschaft getragen werden soll.

Steigende Ölpreise und höhere Fördermengen lassen Budgetdefizit sinken

Neben den wieder deutlich steigenden Fördermengen wirkt sich die derzeitige Erholung des Ölpreises positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung aus. Das Haushaltsdefizit wird sich 2021 stark vermindern. Jadwa Investment prognostiziert für 2021 eine Haushaltslücke von nur noch 18 Milliarden US$, 2020 waren es 78 Milliarden US$. Die günstigere Haushaltslage wird vor allem durch die höheren Öleinnahmen verursacht. Zusätzlich werden aber auch die Ausgaben zurückgefahren.

Projektmarkt zeigt wieder positive Entwicklung

Gemäß der Datenbank von Meed Projects brach 2020 der saudi-arabische Projektmarkt massiv ein. Der Auftragswert der vergebenen Projekte sank von rund 53 Milliarden US$ (2019) auf nur noch 20 Milliarden US$. In den ersten acht Monaten 2021 steig die Auftragsvergabe gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode um 23 Prozent auf 23,2 Milliarden US$ an. Davon entfielen 35 Prozent auf den Hochbau, 20 Prozent auf den Transportsektor und 18 Prozent auf die Stromwirtschaft.

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