Seit 1. Januar 2021 gehört Großbritannien nicht mehr zum EU-Binnenmarkt. Was bedeutet das nun für die Beziehung zwischen dem Vereinigten Königreich (VK) und Afrika?
Als Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) waren die Briten bisher Vertragspartner zahlreicher Freihandelsabkommen. Das hat sich mit dem Brexit nun geändert. Durch den Austritt aus der EU konnten die Briten bereits während der Übergangsphase eigene Freihandelsabkommen abschließen. Zahlreiche dieser Abkommen sind zum 1. Januar 2021 (vorläufig) in Kraft getreten.
Roll-Over Agreements mit afrikanischen Ländern
Für einige afrikanische Länder haben die Briten das bestehende Abkommen der EU übernommen, indem dieses in ein bilaterales Abkommen zwischen dem VK und dem/den jeweiligen afrikanischen Staat/Staaten umgewandelt wurde (sog. Roll-Over). Dabei wurden zumeist die wesentlichen Inhalte aus dem jeweiligen Freihandelsabkommen beibehalten, sodass Unternehmen auch weiterhin unter Vorzugsbedingungen mit dem jeweiligen Drittstaat Handel betreiben können.
Das VK hat bereits folgende Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) übernommen (Roll-Over):
Die WPA zwischen der EU und den afrikanischen Ländern sehen zum Beispiel keine Zölle oder Abgaben für Exporte in die EU vor und geben den afrikanischen Ländern ebenfalls die Möglichkeit, ihre Märkte nur teilweise für die EU zu öffnen und von langen Übergangsfristen zu profitieren.
Neben den WPA haben die Briten auch bilaterale Abkommen zwischen der EU und Afrika übernommen:
- Marokko
- Tunesien
- Ägypten
- Cote d'Ivoire
- Kenia (Die anderen Länder der EAC/ostafrikanischen Gemeinschaft können dem Abkommen jederzeit beitreten)
- Ghana (derzeit liegt nur eine gemeinsame Absichtserklärung vor - das Abkommen wird noch verhandelt)
- Kamerun (derzeit liegt nur eine gemeinsame Absichtserklärung vor).
Mithilfe dieser Abkommen soll der bevorzugte Handel zwischen dem VK und den jeweiligen afrikanischen Ländern auch nach Ende der Übergangsphase fortgeführt werden können.
Verhandlungen laufen noch
Mit einigen Ländern Afrika konnte das VK noch kein Abkommen abschließen. Die Verhandlungen über weitere Abkommen laufen derzeit noch.
Was bedeuten die neuen Abkommen für Afrika?
Auch für die afrikanischen Länder bedeuten die neuen Abkommen Veränderungen.
Ab dem 1. Januar 2021 müssen Unternehmen mit einer Produktionsstätte im VK und in Afrika die neuen Abkommen beachten und können nicht mehr auf die ursprünglichen EU-Abkommen zurückgreifen.
Unternehmen aus dem VK und Afrika können aber weiterhin von einem präferenzbegünstigten Handel profitieren, wenn das VK mit dem jeweiligen afrikanischen Staat ein Abkommen (zumeist Roll-over-Agreement) abgeschlossen hat (vgl. oben) und das Unternehmen die in dem jeweiligen Abkommen vereinbarten Regeln erfüllt. Unternehmen sollten sich deshalb mit dem Inhalt des ab dem 1. Januar 2021 geltenden Abkommens vertraut machen und vor allem die Ursprungsregeln und die dazu gehörige Präferenzkalkulation beachten und kennen.
Sollte für das entsprechende Handelsgeschäft kein Abkommen oder Roll-over vorliegen, sollten sich Unternehmen mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) auseinandersetzen.
Das Allgemeine Präferenzsystem für Entwicklungsländer
Das Allgemeine Präferenzsystem (APS) ist ein handelspolitisches Instrument der EU, das den am wenigsten entwickelten Ländern (LDC) und den Ländern, die über keinen anderen präferenziellen Zugang zum EU-Markt verfügen, Zollermäßigungen oder sogar Zollfreiheiten gewährt.
Ab dem 1. Januar 2021 können förderfähige Entwicklungsländer über das sog. UK Generalized Scheme of Preferences (UK-GSP) Handelspräferenzen erhalten. Zunächst (bis Ende 2022) wird das britische System für die Länder Präferenzen bereitstellen, die auch unter dem EU-APS Präferenzen erhalten. Eine aktualisierte Liste der APS-begünstigten Länder soll 2023 erscheinen. Es wird angestrebt, die Liste alle drei Jahre zu überprüfen und entsprechend angepasst zu veröffentlichen.
Welche Länder von welchen Vorteilen profitieren, können Sie im UK-GSP nachlesen.
Um jedoch APS-Einfuhrzollsätze genießen zu können, müssen Waren aus einem APS-Land stammen. Das UK-GSP wird die gleichen Ursprungsregeln wie das EU-APS anwenden. Sollten Kontrollen ergeben, dass die Waren nicht den APS-Ursprungsregeln entsprechen, müssen die Importeure den Einfuhrzoll zum vollen Satz (ohne APS) zahlen.
Um von den APS-Einfuhrzollsätzen zu profitieren, wird ein gültiger Ursprungsnachweis gefordert: APS-Formular A oder eine Ursprungserklärung.
Weitere Informationen zum UK-GSP