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Fachkräfte
Der Personalbedarf in der Industrie wächst, doch es wird zu wenig ausgebildet und qualifizierte Arbeitskräfte wandern aus. Auch deutsche Unternehmen spüren den Fachkräftemangel.
18.07.2025
Von Boris Alex | Kuala Lumpur
Die konjunkturellen Rahmenbedingungen für den Arbeitsmarkt in Malaysia bleiben positiv. Das Bruttoinlandsprodukt soll 2025 und 2026 real um jeweils 4 bis 5 Prozent zulegen, prognostiziert die malaysische Zentralbank.
Die offizielle Erwerbslosenquote dürfte 2025 im Schnitt bei 3,1 Prozent liegen, nach 3,2 Prozent im Vorjahr. Im 1. Quartal 2025 gab es insgesamt 16,7 Millionen Beschäftigte, ein Anstieg um 3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Damit erhöhte sich die Erwerbsquote auf 70,7 Prozent, so die Daten des Department of Statistics Malaysia (DOSM). Nach Angaben der malaysischen Statistikbehörde waren 2024 rund zwei Drittel der Erwerbstätigen im Dienstleistungssektor, knapp 17 Prozent in der verarbeitenden Industrie und jeweils 9 Prozent im Bausektor und in der Landwirtschaft beschäftigt.
Immer mehr unbesetzte Stellen in der Industrie
Insbesondere in der verarbeitenden Industrie, aber auch in Dienstleistungssparten wie der IT- oder Finanzbranche, beklagen Firmen seit Längerem, dass es für sie immer schwieriger und teurer wird, qualifiziertes Personal zu rekrutieren. So waren nach Angaben der Statistikbehörde DOSM im 1. Quartal 2025 rund 111.200 Stellen in der Industrie unbesetzt, ein Anstieg um gut 2 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Davon entfielen knapp ein Drittel auf den Elektro- und Elektroniksektor und weitere 18 Prozent auf die petrochemische Industrie – zwei Schlüsselbranchen der malaysischen Wirtschaft.
Der Fachkräftemangel in der verarbeitenden Industrie wird sich in den nächsten Jahren verschärfen. Im Rahmen ihres "New Industrial Masterplan" will die malaysische Regierung die lokale Wertschöpfung in Schwerpunktsektoren wie der Elektro- und Elektronikindustrie, dem Maschinen- und Anlagebau, der Chemiebranche oder der Luftfahrttechnik erhöhen. Ein Beispiel: Bis 2030 will Malaysia seinen Anteil an den weltweiten Halbleiterexporten auf 15 Prozent verdoppeln. Um dieses Ziel zu erreichen, benötigen die Unternehmen rund 60.000 zusätzliche Ingenieure, so die Berechnung der Malaysia Semiconductor Industry Association. Allerdings schließen an den malaysischen Hochschulen jedes Jahr nur rund 6.000 Personen ein Ingenieurstudium ab.
Gut ausgebildete Malaysier wandern häufig ins Ausland ab
Hinzu kommt, dass immer mehr Fachkräfte ins Ausland abwandern. Schätzungsweise 2 Millionen Malaysierinnen und Malaysier arbeiten außerhalb ihres Heimatlandes. Gut die Hälfte davon arbeitet im benachbarten Singapur, aber auch Australien, die USA oder das Vereinigte Königreich sind beliebte Ziele. Grund hierfür ist neben den höheren Gehältern die Bumiputera-Politik der Regierung. Der "Brain Drain" dürfte sich in den kommenden Jahren fortsetzen, vor allem in Richtung Singapur. Der wohlhabende Nachbarstaat leidet selbst unter Fachkräftemangel und die Unternehmen zahlen deutlich höhere Löhne und Gehälter.
Im Rahmen der Bumiputera-Politik werden malaysische Ureinwohner (Malaien, Orang Asli und diverse andere ethnische Volksgruppen), sogenannte Bumiputera, positiv diskriminiert. Sie werden in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens bevorzugt und erhalten beispielsweise vereinfachten Zugang zu Universitäten, Bevorzugung bei Bewerbungen im öffentlichen Dienst oder mehr Wohngeld.
In der verarbeitenden Industrie entfallen fast 60 Prozent der unbesetzten Stellen auf das Segment der angelernten Facharbeiter (semi-skilled workers). Darunter fallen neben Handwerksberufen vor allem Tätigkeiten, die in der Produktion benötigt werden, wie Industrie-, Anlagen- und Fertigungsmechaniker oder Mechatroniker. Der Bedarf an diesen Fachkräften übersteigt das Angebot bei Weitem. Auch für deutsche Unternehmen mit Sitz in Malaysia ist der Personalmangel ein Problem. In einer Umfrage der Auslandshandelskammern vom Frühjahr 2025 gaben 35 Prozent der befragten Unternehmen an, dass der Personalmangel zu den größten Risiken für ihre geschäftlichen Aktivitäten zählt.
Regierung will die berufliche Ausbildung stärker fördern
Die malaysische Regierung will in ihrem Entwicklungsplan für die nächsten fünf Jahre, dem "13. Malaysia Plan", der Berufsausbildung (Technical and Vocational Education and Training; TVET) eine höhere Priorität einräumen. Ziel ist es, die bestehenden Aus- und Weiterbildungseinrichtungen und die Industrie enger zu verzahnen. Jedes Jahr entscheiden sich zwischen 250.000 und 300.000 Malaysierinnen und Malaysier für eine berufliche Ausbildung an einer der 1.400 öffentlichen und privaten TVET-Zentren, so die Daten der staatlichen Koordinierungsstelle Government-Industry TVET Coordination Body.
In den kommenden Jahren soll die Zahl der Ausbildungsplätze in den TVET-Einrichtungen erhöht und die Lehrgänge stärker an den Bedürfnissen der Privatwirtschaft ausgerichtet werden. Die bestehenden Lerninhalte sollen um Kenntnisse zu Themen wie Künstliche Intelligenz oder Digitalisierung in der Industrie ergänzt und der Praxisanteil an der Berufsausbildung erhöht werden. Die Ausbildungsgänge gelten aus Sicht der Industrieverbände und Unternehmen zum Teil als praxisfern und veraltet. Auf der anderen Seite loben Unternehmensvertreter – auch von deutschen Firmen – die hohe Lernmotivation und Einsatzbereitschaft der Auszubildenden.
Duale Berufsausbildung nach deutschem Vorbild
Im Rahmen des German Dual Vocational Training wird in Malaysia seit 2014 auch nach dem deutschen dualen Modell ausgebildet. Dabei können Abschlüsse als Mechatroniker und Kauffrau für Speditions- und Logistikdienstleistungen erworben werden. Die dreijährige Ausbildung findet zu 70 Prozent in einem der deutschen Ausbildungsbetriebe wie Bosch, B. Braun oder Bauer Spezialtiefbau statt, der theoretische Teil in einer Bildungseinrichtung wie dem German Malaysian Institute. Das Programm wird von der Deutsch-Malaysischen Auslandshandelskammer betreut.
Malaysia im weltweiten VergleichFolgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können. |