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Der Krieg belastet Israels Hafenwirtschaft

Längere Seewege und die Zurückhaltung der Reedereien schaden den israelischen Seehäfen und der Binnenwirtschaft. Dabei hatte die Hafenwirtschaft schon vorher Probleme.

Von Wladimir Struminski | Israel

Die seit November 2023 anhaltenden Behinderungen der Handelsschifffahrt durch jemenitische Huthi-Rebellen im Roten Meer sind ein erheblicher Störfaktor für Israels Hafenwirtschaft. Die Huthi begründen die Angriffe auf Schiffe im Roten Meer mit Israels militärischem Vorgehen im Gazastreifen.

Diese Angriffe haben führende Reedereien dazu veranlasst, ihre Seerouten zu ändern. Viele Schiffe auf dem Weg von und nach Fernost umrunden nun Afrika, anstatt über das Rote Meer zu fahren.

Häfen auf mehrfache Weise betroffen

Die prekäre Situation im Roten Meer wirkt sich in mehrfacher Hinsicht auf die israelischen Häfen aus. Unmittelbar betroffen ist der Hafen von Eilat. Die an Israels Südspitze gelegene Stadt lässt sich auf dem Seeweg nur über das Rote Meer erreichen. 

Der relativ kleine Hafen von Eilat musste daher einen starken Rückgang seiner Aktivitäten hinnehmen. Im 4. Quartal 2023 ging sein Umschlag um rund 60 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zurück. Beispielsweise wurden in diesem Zeitraum nur noch 18.000 aus Fernost importierte Kraftfahrzeuge in Eilat gelöscht. Das waren drei Viertel weniger als im Vorjahreszeitraum. Die wichtigsten Exportgüter, die in Eilat verladen werden, sind Kaliumcarbonat und andere Mineralien.

Die beiden Hafenstädte an der Mittelmeerküste, Ashdod und Haifa, können zwar über die afrikanische Küste und das Mittelmeer angesteuert werden. Allerdings wirkte sich der Gaza-Krieg auch auf sie aus. Besonders schwer wurde Ashdod betroffen. Angesichts der geografischen Nähe der Stadt zum Gazastreifen verlegte eine Reihe von Schiffen ihr Ziel von Ashdod in das als sicherer geltende Haifa im Landesnorden.  

Ein empfindlicher Rückschlag für alle Mittelmeerhäfen war der Rückgang des Hub-Geschäfts. Nach Angaben der Wirtschaftszeitung Calcalist ist die Zahl der dort abgewickelten Umschlagvorgänge im 4. Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 39 Prozent zurückgegangen. 

Lieferkettenstörung verschärft bestehende Probleme

Für die Hafenwirtschaft kommt der Rückschlag im Hub-Segment zu einem besonders ungünstigen Zeitpunkt. Anfang des Jahrzehnts wurden in Israel zwei neue, private Containerhäfen in Betrieb genommen: Bayport in Haifa und Southport in Ashdod.

Die neuen Häfen waren von der Regierung vorangetrieben worden, um den Wettbewerb in der Hafenwirtschaft zu intensivieren und sie effizienter zu machen. Bayport entstand als Konkurrenz für den damals noch staatseigenen, inzwischen privatisierten Hafen von Haifa. In Haifa ist auch der seit Langem private Hafen Israel Shipyards tätig. Southport wiederum steht im Wettbewerb mit dem immer noch staatlichen Hafen von Ashdod.

Die beiden neuen Häfen stockten die Gesamtkapazität der Mittelmeerhäfen deutlich auf. Um diese Kapazität auszulasten, baute die Regierung auf eine Expansion des Gesamtwarenumschlags, sowohl durch höhere Importe als auch durch einen Ausbau des Drehscheibengeschäfts.

Die Strategie ist bisher nicht ganz aufgegangen. Die Prognosen eines schnellen Wachstums beim Warenumschlag haben sich bisher nicht erfüllt. Das in den israelischen Häfen umgeschlagene Warengewicht lag 2022 bei 60,7 Millionen Tonnen. Das waren 5,3 Prozent über dem Stand von 2019, dem Jahr vor der Inbetriebnahme von Bayport. In den ersten neun Monaten 2023, also vor dem Kriegsausbruch, stagnierte das umgeschlagene Gewicht. Wegen der jüngsten Rückschläge dürfte das Gesamtjahresergebnis unter dem Vorjahresstand liegen.

Im Containergeschäft konnten die neuen Häfen den alteingesessenen Mitbewerbern sozusagen aus dem Stand hohe Marktanteile abjagen. Im Jahr 2022 erreichten sie einen Marktanteil von 16,5 Prozent des Containerumschlags. In den ersten drei Quartalen 2023 waren es bereits 43 Prozent. 

Der gesamte Containerumschlag entwickelt sich jedoch nicht gerade stürmisch. Gemessen am Gewicht stagnierte er im Zeitraum 2018 bis 2022, gemessen in 20-Fuß-Standardcontainern (TEU) stieg er in diesem Zeitraum um 5,7 Prozent. In den Monaten Januar bis September 2023 wuchs die Zahl der Standardcontainer zwar um 7,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, doch mit Kriegsbeginn geriet der verstärkte Wettbewerb nahezu zu einem Nullsummenspiel.

Containerumschlag in israelischen Häfen 2019 bis 2023
In Tausend Zwanzig-Fuß-Standardcontainer (TEU)

Jahr 

Insgesamt

Haifa

Ashdod

Bayport

Southport

2019

2.917

1.379

1.538

0

0

2020

3.049

1.464

1.585

0

0

2021

3.133

1.463

1.612

33

24

2022

3.118

1.071

1.431

450

166

2022 Januar - September

2.407

913

1.109

278

107

2023 Januar - September

2.476

539

883

668

388

kein Containerumschlag bei Israel Shipyards. In Eilat werden jährlich nur 0,1 bis 0,4 TEU umgeschlagen; sie wurden in der obigen Tabelle nicht berücksichtigt. Quelle: Zentralamt für Statistik, Vierteljahresschrift zur Verkehrsstatistik Nr. 4/2023, aufgerufen am 7.2.2024

Erholungsaussichten unklar

Die große Frage lautet, ob und wie schnell die Häfen zu dem erhofften Wachstumspfad finden. Der Warenumschlag im Import- und Exportgeschäft wird vornehmlich von der Wirtschaftsentwicklung und der Erholung der vom Krieg geschmälerten Produktionskapazitäten abhängen. 

Im Hub-Geschäft müsste zunächst verlorenes Terrain zurückgewonnen werden. Wie Calcalist berichtete, würden zahlreiche Warenpartien nicht mehr direkt, sondern mithilfe von Zubringerschiffen aus anderen Mittelmeerländern nach Israel befördert. Grund dafür sei, dass eine Reihe von Reedereien wegen des Krieges ihre Direktrouten nach Israel vorübergehend eingestellt habe.

Eine nur zögerliche Erholung der Häfen würde naturgemäß auch deren Investitionsbereitschaft dämpfen. Dies hätte wiederum negative Auswirkungen auf die Beschaffung von Anlagen und Ausrüstungen.

Seefrachtkrise beeinträchtigt die einheimische Wirtschaft 

Die Störungen der Lieferketten führen zu deutlich höheren Frachtkosten im Fernosthandel. Darüber klagte Ende Dezember 2023 beispielsweise der israelische Hersteller von Sicherheitstüren Rav Bariach. Die israelische Schifffahrtgesellschaft ZIM habe den Containerpreis beim Import von Stahl und Eisen aus Fernost von 2.000 US-Dollar (US$) je Container auf 7.000 US$ erhöht.  

Die erhöhten Transportkosten tragen zu Preissteigerungen auf dem Binnenmarkt bei. Der israelische Industrieverband warnte seinerseits, dass eine Beeinträchtigung der Schifffahrtsrouten von und nach Israel die israelischen Exporte verteuern und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie schwächen würde. 
 

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