Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Ägypten | Bauwirtschaft

Tiefbau: Marktlage und Marktentwicklung

Ägypten will seine Rolle als Produktionsstandort und Logistikhub stärken. Das bedingt den zielstrebigen Ausbau der Transport- und Energieinfrastruktur.

Von Marcus Knupp | Kairo

Die geografische Lage Ägyptens schafft einzigartige Potenziale, stellt das Land aber auch vor besondere Herausforderungen. Die Rolle als Scharnier zwischen Asien, Afrika und Europa kann Ägypten nur wahrnehmen, wenn entsprechende Infrastruktur den Austausch ermöglicht. Neben dem Suezkanal gehören dazu Häfen, Logistikzentren, Straßen- und Bahninfrastrukturen. Zugleich gehört Ägypten zu den trockensten Ländern der Erde. Eine nachhaltig gesicherte Wasserversorgung hat daher oberste Priorität. Der Nil als Hauptwasserquelle des Landes begrenzt die landwirtschaftlich nutzbare Fläche.

Der in der Folge im Wesentlichen auf das Niltal und Nildelta sowie einige Küstenabschnitte beschränkte Siedlungsraum erleichtert andererseits die Erschließung, die hier weitgehend linear erfolgen kann. Autobahnen und Eisenbahntrassen lassen sich parallel zu den Siedlungsflächen in der Wüste anlegen. Dort entstehen auch Entlastungsstädte und Gewerbezonen, die sich so gut anbinden lassen. Die Wüstengebiete bieten darüber hinaus hervorragende Bedingungen zur Nutzung erneuerbarer Energien.

Nutzung des Potenzials kostet Geld

Das alles ist aber nicht umsonst zu haben. Der Infrastructure Outlook der G20-Initiative schätzte 2015 die Kosten für den notwendigen Ausbau der Infrastruktur im Zeitraum 2016 bis 2040 auf rund 675 Milliarden US-Dollar (US$). Diesen Betrag kann die ägyptische Regierung nicht alleine aufbringen. Sie setzt daher ergänzend auf die Privatwirtschaft, etwa in Form von öffentlich-privaten Partnerschaften. 

Hier ergeben sich zum Teil Zielkonflikte: Damit sich für ein Privatunternehmen etwa der Betrieb einer Wasseraufbereitungsanlage oder einer Bahnstrecke lohnt, müssen die gegenwärtig noch subventionierten Nutzungsgebühren und Tarife stark angehoben werden. Andernfalls wäre der Betrieb wirtschaftlich nicht profitabel.

Nach mehreren tiefgreifenden Subventionskürzungen und angesichts der immer noch hohen Inflation stellen Preiserhöhungen öffentlicher Dienstleistungen die Entscheider vor schwierige Abwägungen. Eine kostendeckende Querfinanzierung durch Steuern scheitert am geringen Aufkommen. Eine stärkere Orientierung der Nutzergebühren an den tatsächlichen Kosten erfolgt aus sozialpolitischen Gründen eher behutsam. 

Für das Finanzjahr 2024/25 hat die Regierung zudem den Gesamtbetrag öffentlicher Investitionen auf 1 Billionen Ägyptische Pfund (umgerechnet 19,3 Milliarden Euro) gedeckelt. Diese Maßnahme steht im Zusammenhang mit den Forderungen des Internationalen Währungsfonds (IWF), die öffentlichen Ausgaben insgesamt zu begrenzen.

Schrittweise Umsetzung statt Paukenschlag

In diesem finanziellen und regulatorischen Umfeld erfolgt die Umsetzung von Großprojekten graduell, Schritt für Schritt, und nicht selten mit Verzögerungen. Das Metrosystem von Cairo wächst beispielsweise Linie für Linie, Abschnitt für Abschnitt - im Kontrast zur saudischen Hauptstadt Riad, wo von Dezember 2024 bis Januar 2025 gleich sechs Linien eröffnet wurden. Aber es wächst. Und auch wenn die in verschiedenen Phasen geplanten Teilsysteme unterschiedlichen technischen Standards folgen - Vorortbahn, U-Bahn, Light Rail, Monorail - am Ende wird die Transportkapazität verbessert.

Der Bahnsektor ist mit den Metronetzen und den geplanten Hochgeschwindigkeitsstrecken derzeit der Investitionsschwerpunkt der Regierung. Aber auch im Straßenbau sind Veränderungen sichtbar. Im Rahmen des National Road Projects 2014-2024 wurden etwa 9,7 Milliarden US$ Investitionen eingeplant. Von geplanten 7.000 Kilometern Neubau wurden bis Juni 2024 circa 6.300 Kilometer verwirklicht, von 10.000 Kilometern Ausbau 8.400 Kilometer umgesetzt. Der Africa Infrastructure Index der African Development Bank bescheinigt Ägyptens Infrastruktur mit 91,43 von 100 im Jahr 2024 ein im kontinentalen Vergleich sehr gutes Niveau.

Herausforderung in der Koordination

Fast alle Haushalte sind an das nationale Elektrizitätsnetz angeschlossen. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) hat sich der Verbrauch pro Kopf zwischen dem Jahr 2000 und 2022 um 54 Prozent erhöht. Die gesamte Erzeugung stieg im selben Zeitraum um 167 Prozent auf rund 209.000 Gigawattstunden, vor allem durch zusätzliche Gaskraftwerke.

Mit dem Ausbau erneuerbarer Energiequellen können zwar zusätzliche Ressourcen erschlossen werden. Der Anschluss der neuen Solar- und Windkraftwerke stellt das ohnehin teilweise veraltete Übertragungsnetz jedoch vor erhebliche Probleme. Hier sind weitere Investitionen notwendig.

Mit dem Ziel, Ägyptens Rolle als Produktionsstandort zu vergrößern, ist die Koordination der einzelnen Planungen immer wichtiger. Industrieparks in den neuen Städten und in der Suezkanal-Zone brauchen nicht nur Häfen, Straßen- und Bahnanschlüsse, sondern auch eine zuverlässige Energie- und Wasserversorgung. 

Wasser ist Engpassfaktor

Schon heute leidet Ägypten mit einem Wasserangebot von 570 Kubikmeter pro Person und Jahr unter Wasserknappheit. Mit der Auffüllung des Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD), dem Bevölkerungswachstum und dem Klimawandel wird sich dieser Mangel weiter verschärfen. Zusätzlicher Druck geht von der fortschreitenden Urbarmachung der westlichen Wüste sowie der Industrialisierung des Gebiets um den Suezkanal aus.

Der längste Hebel für Wassereinsparungen liegt in der Landwirtschaft. Deren Anteil am Gesamtverbrauch beträgt 80 Prozent. Neben der Einführung effizienterer Bewässerungsmethoden setzen ägyptische Planer auf die Wiederverwertung landwirtschaftlichen Drainagewassers.

Dazu sollen mit dem Bau von Wasserentsalzungsanlagen an den ägyptischen Küsten neue Wasserquellen erschlossen werden. Zu den Nachteilen von Wasserentsalzung zählt der sehr energieintensive Prozess. Aber auch hier gibt es Lösungen, die auf Solarenergie setzen.

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.