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Wirtschaftsumfeld | Afrika | Handel und Vertrieb

Türkische Unternehmen trumpfen in Afrika auf

Die Türkei hat sich im Ringen um Geschäftschancen in Afrika eine vorteilhafte Position verschafft. Nicht nur im Baugewerbe sehen deutsche Firmen einen erfolgreichen Wettbewerber.

Von Tobias Schill | Bonn

Türkische Unternehmen punkten in Afrika gegenüber der internationalen Konkurrenz mit einer Kombination aus guter Technik und moderaten Preisen - so die Einschätzung von Mark E. Wild, Sales Manager Africa bei der deutschen The Packaging Group (TPG), im Interview mit Germany Trade & Invest (GTAI). Stefano Bordogna, Verkaufschef beim italienischen Bekleidungsmaschinenhersteller Macpi, verdeutlicht im Gespräch mit GTAI, dass Exporteure aus der Türkei "seit der massiven Abwertung der Lira besonders günstig anbieten können". Europäische Hersteller von Maschinen und Anlagen der oberen Preisklasse täten sich schwer gegenüber der billigeren Konkurrenz aus Anatolien.

Doch nicht nur Preisvorteile und Geschäftssinn prägen die Wettbewerbsfähigkeit türkischer Unternehmen in Afrika. Der Erfolg ist auch das Ergebnis einer langjährigen strategischen Afrikapolitik der Regierung Erdoğan.

Gewachsene Wirtschaftsbeziehungen

Seitdem die Türkei 2005 das "Jahr Afrikas“ ausgerufen hat, baut sie ihre Präsenz auf dem Kontinent kontinuierlich aus. In den vergangenen 15 Jahren wurden zahlreiche türkische Auslandsvertretungen auf dem Kontinent neu eröffnet; heute zählt das türkische Außenministerium 44 Botschaften. Mit 45 afrikanischen Ländern werden zudem gemeinsame "Business Councils“ zur Förderung der Wirtschaftsbeziehungen unterhalten.

Nach Angaben des International Trade Center lag das Handelsvolumen 2022 bei 33,5 Milliarden US-Dollar (US$) und hat sich damit in den letzten 20 Jahren mehr als verelffacht. Das erklärte Ziel der Regierung in Ankara ist es, den bilateralen Handel bis 2025 auf ein Volumen von 50 Milliarden US$ zu steigern. 

Türkischer Außenhandel mit Afrika (gesamt und TOP 10-Länder; in Tausend US$)

Türkische Importe 

2022

Türkische Exporte

2022

Welt (gesamt)

363.710.987

Welt (gesamt)

254.171.899

Afrika (gesamt)

9.510.509

Afrika (gesamt)

24.021.921

Ägypten

2.550.883

Ägypten

4.557.744

Südafrika

1.585.297

Marokko

3.092.239

Algerien

1.367.257

Libyen

2.841.054

Marokko

1.017.707

Algerien

2.069.174

Libyen

767.019

Südafrika

1.706.159

Tunesien

396.453

Tunesien

1.598.584

Côte d‘Ivoire

317.039

Nigeria

806.124

Mauretanien

285.173

Senegal

705.664

Sudan

233.037

Dschibuti

549.588

Tschad

116.296

Sudan

462.915

Quelle: International Trade Center 2023

Schwerpunktregion für türkische Direktinvestitionen

Als einzige Exportkreditagentur der Türkei fungiert die Türk Eximbank als wichtiges politisches Instrument zur Förderung türkischer Unternehmen in Afrika. Sie setzte in den vergangenen Jahren stark auf die Zusammenarbeit mit afrikanischen Finanzinstituten wie der Afreximbank, Ecowas Bank, Trade Development Bank und African Trade Insurance. Finanzielle Vereinbarungen, etwa zur Risikoteilung oder der Verlängerung von Kreditlinien, pflasterten den Pfad für die stärkere Beteiligung türkischer Unternehmen an afrikanischen Großprojekten, insbesondere im Bausektor.

Laut Investment Monitor rangiert der Nahe Osten und Nordafrika auf dem dritten und Subsahara-Afrika auf dem vierten Platz bei den ausländischen Direktinvestitionen (FDI) der Türkei im Zeitraum zwischen 2019 und 2021. Damit zogen die beiden Regionen mehr Projekte an als Nordamerika, der asiatisch-pazifische Raum sowie Mittel- und Südamerika. 

Türkische Direktinvestitionen in Afrika (Bestand; in Millionen US$)

Region/Land

2019

2020

2021

Afrika gesamt

1.169

1.295

1.642

Algerien

1.094

966

952

Ägypten

189

244

294

Ghana

113

141

209

Mauritius

44

86

111

Marokko

29

94

110

Liberia

54

54

55

Senegal

1

2

37

Kenia

12

14

14

Mosambik

8

3

12

Kamerun

10

12

8

Quelle: UNCTAD 2023

Die türkische Bauwirtschaft in Afrika als Paradebeispiel

Beispielhaft für den Erfolg türkischer Unternehmen auf dem Kontinent ist die Bauwirtschaft. Türkische Baukonzerne wickeln nach chinesischen die meisten Bauprojekte in Afrika ab. 17,8 Prozent des internationalen Geschäfts der türkischen Baubranche erfolgte 2021 in Afrika, so die Zahlen des türkischen Bauunternehmerverbands. Laut Verbandsinformationen betrug das Gesamtvolumen türkischer Bauprojekte 2021 über 77 Milliarden US$. 

Baudurchführer aus der Türkei bieten für staatliche Auftraggeber einen attraktiven Kompromiss zwischen den günstigen Chinesen und den teuren Europäern. Afrikaweit stampften türkische Firmen in den vergangenen Jahren zahlreiche Wohn- und Geschäftskomplexe, Hotels, Kongresszentren, Sportstadien, Einkaufszentren, Krankenhäuser sowie Moscheen aus dem Boden. Zudem ziehen sie erfolgreich Aufträge für große Infrastrukturprojekte an Land. In Ostafrika beispielsweise ist es dem Bauunternehmen Yapi Merkezi in den letzten Jahren wiederholt gelungen, öffentliche Zuschläge für große Bahnprojekte in Äthiopien, Tansania und Uganda zu gewinnen und der chinesischen Konkurrenz ein Schnäppchen zu schlagen.

Der Bau von Flughäfen hat sich zudem zu einer türkischen Spezialität entwickelt. Unternehmen, wie TAV Construction, Summa oder Limak, errichteten und modernisierten Flughäfen in Guinea-Bissau, Niger, Senegal, Sudan und Tunesien. Überhaupt verbindet die Luftfahrt die Türkei eng mit dem Kontinent: 62 Ziele in 41 afrikanischen Ländern fliegt Turkish Airlines an, mehr als jede andere Fluglinie außerhalb des Kontinents. Istanbul ist mittlerweile das wichtigste Drehkreuz für interkontinentale Flüge nach Afrika.

Geostrategische Kooperationen der Türkei in Afrika

Mit 30 afrikanischen Staaten hat die Türkei Vereinbarungen für eine militärische Zusammenarbeit unterzeichnet. Länder wie Angola, Äthiopien, Libyen, Nigeria, Ruanda oder Tunesien zählen zu den Abnehmern türkischer Rüstungsgüter.


Strategische Schwerpunkte in der türkischen Afrikapolitik liegen in Somalia und Libyen. Durch enge Beziehungen nach Somalia sichert sich die Türkei einen Zugang zur strategisch wichtigen Meerenge am Golf von Aden. Als wichtiger Unterstützer der Regierung in Tripolis bringt sich die Türkei für Aufträge im Rahmen des Wiederaufbaus Libyens ins Gespräch. Die türkische Erdölgesellschaft erhofft sich Chancen für Förderlizenzen.  

Konkurrenz auf afrikanischen Märkten

Einige afrikanische Staaten sehen in türkischen Exporteuren jedoch auch unliebsame Konkurrenten auf wichtigen Absatzmärkten für heimische Produkte, insbesondere bei Nahrungsmitteln und Textilien. "Kritik über unausgewogene Handelsbilanzen verlautete schon häufiger aus Ägypten, Marokko und Tunesien, also Ländern mit denen die Türkei bilaterale Freihandelsabkommen geschlossen hat. Exportsubventionen und Markteintrittsbarrieren würden türkische Unternehmen begünstigen," sagt Katrin Pasvantis, GTAI-Korrespondentin in Istanbul.

Für deutsche Firmen herrscht auf afrikanischen Märkten indes noch ein überschaubarer Wettbewerb, da sich die Produkt- und Dienstleistungspaletten bislang nur in wenigen Sektoren stark überlappen. Mit steigendem Engagement der deutschen wie auch türkischen Wirtschaft auf dem Chancenkontinent könnte sich dies jedoch perspektivisch ändern.

Die Türkei sieht sich nach Jahren wirtschaftlicher Expansion allerdings mit großen Herausforderungen konfrontiert. Erdoğans Niedrigzinspolitik steht zunehmend in der Kritik: Eine schwache Lira nützt zwar heimischen Exporteuren, die Türken können sich wegen Währungsverfall und Inflation jedoch immer weniger leisten. Die Arbeitslosigkeit im Land ist hoch. Nicht nur die Folgen des verheerenden Erdbebens im Südosten des Landes im Februar dieses Jahres haben innenpolitische Spannungen weiter verschärft. Ob inländische "Baustellen" künftig noch stärker in den Fokus rücken und dadurch das wirtschaftspolitische Interesse an Afrika abnimmt, wird sich zeigen.

Türkische Exporte nach Afrika (2022)

Produkt

Tausend US$

Eisen und Stahl 

2.380.273

Mineralische Brennstoffe, Mineralöle und Produkte ihrer Destillation

2.284.996

Maschinen, mechanische Geräte, Kernreaktoren, Boiler; Teile davon

2.024.442

Kunststoffe und Produkte daraus

1.259.138

Fahrzeuge außer Eisenbahn- oder Straßenbahnfahrzeuge sowie deren Teile und Zubehör

1.168.873

Elektrische Maschinen und Geräte sowie Teile davon

1.145.337

Produkte aus Eisen und Stahl

1.122.333

Tierische und pflanzliche Fette und Öle sowie deren Spaltprodukte

933.554

Natürliche Perlen oder Zuchtperlen, Edel- oder Halbedelsteine, Edelmetalle etc.

713.316

Zubereitungen aus Getreide, Mehl, Stärke oder Milch

623.089

Quelle: International Trade Center 2023

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