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Special | Bangladesch| LkSG | Umsetzungshilfe Risikoanalyse

Missachtung von Arbeitsschutz und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren

Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Bangladesch unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

(Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 5 LkSG)

Kurzbeschreibung: Maßgeblich ist das Recht des Beschäftigtenortes. Verstöße gegen das national anwendbare Arbeitsschutzrecht sind verboten, wenn dadurch die Gefahr von Unfällen bei der Arbeit oder arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren entstehen. Dies kann durch ungenügende Sicherheitsstandards, Fehlen geeigneter Schutzmaßnahmen und ungenügende Ausbildung und Unterweisung verursacht werden.

Gesetzliche Grundlagen

Bangladesch ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO), hat aber die hier relevanten Kernübereinkommen über Arbeitsschutz und Arbeitsumwelt (ILO-Übereinkommen Nr. 155) und über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz (ILO-Übereinkommen Nr. 187) bislang nicht ratifiziert. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

Wesentliche Rechtsgrundlage des bangladeschischen Arbeitsrechts ist der Bangladesh Labour Act, 2006 (Arbeitsgesetz; ArbG). Das Gesetz enthält Vorgaben zum Beispiel in Bezug auf Arbeits- und Ruhezeiten. Vor Inkrafttreten dieses Gesetzes hatten zahlreiche Einzelgesetze bestanden (vgl. Art. 353 ArbG). Einige, insbesondere den Arbeitsschutz betreffende Änderungen des Arbeitsgesetzes erfolgten insbesondere im Jahr 2013 infolge eines verheerenden Fabrikeinsturzes (Rana Plaza) sowie im Jahr 2018. Daneben bestehen die Labour Rules, 2015 (Bengalisch). Weitere arbeitsrechtliche Bestimmungen sind auf der Website des bangladeschischen Arbeitsministeriums abrufbar. Zuständige Behörde ist insbesondere das Department of Inspection for Factories and Establishments, das dem Ministry of Labour and Employment untersteht.

Das Arbeitsgesetz findet Anwendung auf Arbeitskräfte (workers). Unter anderem sind Regierungsangestellte vom Anwendungsbereich ausgenommen (weitere Ausnahmen in Art. 1 Abs. 4 ArbG). Der Arbeitgeberbegriff (employer) umfasst nach Art. 2 Abs. 49 ArbG auch im Management tätige Personen. Artikel 100 ArbG schreibt grundsätzlich eine tägliche Arbeitszeit von maximal acht Stunden vor. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt nach Art. 102 Abs. 1 ArbG höchstens 48 Stunden. Bis zu zwei Überstunden täglich sind grundsätzlich zulässig, das heißt bis zu zehn Stunden Arbeit am Tag, beziehungsweise bis zu 60 Stunden in der Woche (zwölf Überstunden zusätzlich zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit) und im Jahr durchschnittlich 56 Stunden pro Woche. Bestimmte Ruhezeiten sind in Art. 101 ArbG vorgesehen: Bei einer Arbeitszeit von über sechs Stunden ist eine Pause von einer Stunde zu gewähren, bei über fünf Stunden eine halbe Stunde und bei über acht Stunden Arbeit eine ein- oder zwei halbstündige Pausen; für bestimmte Fabriken mit körperlich anstrengender Arbeit wie Stahlwerke sind seitens der Regierung Regelungen aufzustellen. Pro Woche sind ohne Lohnabzug im Falle von Geschäften oder kommerziellen Einrichtungen eineinhalb freie Tage und ein freier Tag bei Fabrikangestellten zu gewähren (Art. 103 ArbG). Bei einer Nachtschicht (nach Mitternacht) besteht ein Anspruch auf 24 aufeinanderfolgende Stunden Freizeit nach Ende der Schicht. Frauen dürfen ohne ihr Einverständnis nicht zwischen 22 und 6 Uhr arbeiten (Art. 109 ArbG).

In Bezug auf Gesundheit und Hygiene ab Art. 51ff. sowie zur Sicherheit ab Art. 61ff. ArbG enthält das bangladeschische Arbeitsgesetz eigene Kapitel. So sind darin etwa Anforderungen an die Sauberkeit des Betriebes, die Belüftung und Temperatur, Beleuchtung sowie zur Belegung der Arbeitsräume normiert. Ferner sind genügend Trinkwasserversorgungsstellen, sanitäre Einrichtungen und Abfallbehälter im Betrieb bereitzustellen.

Befinden sich Gebäude oder Maschinen in einem das Leben oder die Sicherheit der Menschen gefährdenden Zustand, können Arbeitgeber zu entsprechenden Abhilfemaßnahmen angewiesen werden. Jeder Betrieb muss nach Art. 62 ArbG bestimmte Brandschutzvorkehrungen treffen, insbesondere über Notausgänge verfügen und Feuerlöschgeräte bereitstellen. Die Ausgänge der Arbeitsräume dürfen während der Arbeitsausübung nicht verschlossen oder versperrt sein. Ferner müssen zum Beispiel bestimmte Maschinen beim Betrieb durch sichere Konstruktionen abgeschirmt sein und notwendige Überprüfungen der laufenden Maschine sind von einem speziell ausgebildeten männlichen Angestellten in bestimmter Kleidung durchzuführen. Alle Böden, Treppen und Durchgänge in Betrieben haben eine solide Bauweise aufzuweisen, sind ordnungsgemäß instand zu halten und müssen während der Arbeiten leicht zugänglich sein (Art. 72 ArbG). Arbeiter dürfen keine so schweren Lasten heben, die sie verletzen könnten. Entsteht durch Produktionsprozesse das Risiko einer Augenverletzung, etwa durch Partikel oder starkes Licht, können Vorschriften bezüglich Schutzbrillen aufgestellt werden. Im Jahr 2013 wurde unter anderem Art. 78A ArbG eingefügt, der den Gebrauch von persönlicher Schutzausstattung vorschreibt; ferner ist danach jeder Arbeiter durch entsprechende Unterweisung für die Gefahren der Arbeit zu sensibilisieren.

Hinsichtlich gefährlicher Arbeiten und Arbeitsunfällen gibt es in Art. 79 ff. ArbG Sonderbestimmungen. Außerdem müssen zum Beispiel Erste-Hilfe-Kästen während der Arbeitszeit leicht zugänglich sein (Art. 89 ArbG). Nach Art. 90A ArbG muss in einer Fabrik mit mindestens 50 Angestellten ein "Safety Committee" eingerichtet werden. Auch sind Bestimmungen zur Einrichtung bestimmter Räumlichkeiten wie Wasch- oder Pausenräume im Gesetz enthalten.

Für Beschäftigte in den "Export Processing Zones" (EPZ) gilt der Bangladesh EPZ Labour Act, 2019 mit Vorschriften zum Arbeitsschutz ab Art. 35 ff. des Gesetzes. Arbeitgeber sind danach verpflichtet, in ihren Unternehmen sichere und gesunde Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Zu den von ihnen zu treffenden Maßnahmen gehören unter anderem die Erhaltung eines sicheren Fabrikgebäudes einschließlich Treppen, Maschinen etc., die Unterrichtung der Arbeitnehmer über mit ihrer Arbeit verbundene Gefahren, das kostenfreie Bereitstellen von persönlicher Schutzausrüstung etwa beim Gebrauch gefährlicher Maschinen oder giftiger Chemikalien sowie die Zurverfügungstellung von Erste-Hilfe-Material und einer ausreichenden Anzahl von Feuerlöschgeräten. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

Risiken

Auf jeder Stufe der Lieferkette finden sich Arbeits- und Gesundheitsschutzrisiken. Unternehmen sind angehalten, bestehende Berichte über bekannte Risiken für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz in der Branche zu prüfen. Von besonderer Relevanz sind die für ein Land spezifischen Risikofaktoren. In Bangladesch sind das unter anderem Brandschutzvorkehrungen, Gebäudestatik, Luftqualität am Arbeitsplatz, Umgang mit und Lagerung von Chemikalien und anderen gefährlichen Substanzen sowie die Qualität und Vertrauenswürdigkeit von Inspektionen.

Im Zuge des Einsturzes des Rana Plaza Fabrikgebäudes in Dhaka in 2013, bei dem mehr als 1.000 Menschen ums Leben kamen und 2.500 zum Teil schwer verletzt wurden, hat die bangladeschische Regierung weitreichende Maßnahmen zum Arbeitsschutz beschlossen. Diese greifen allerdings in erster Linie im organisierten Sektor. Da mehr als 80 Prozent der Beschäftigten nach wie vor im informellen Sektor aktiv sind, sind viele Arbeiterinnen und Arbeiter bei ihrer Tätigkeit auch weiterhin einem mangelhaften Arbeitsschutz und damit einer erhöhten Unfallgefahr ausgesetzt.

Im Jahr 2022 starben in Bangladesch offiziell 967 Menschen durch Arbeitsunfälle, so eine Studie der Occupational Safety, Health and Environment Foundation (OSHE Foundation). Davon entfielen 85 Prozent auf den informellen Sektor, fast 98 Prozent der Opfer waren Männer. Mit einem Anteil von 40 Prozent ereigneten sich die meisten tödlichen Unfälle in der Transportbranche – vor allem bei Verkehrsunfällen mit Lkw. Der Agrarsektor folgt mit 12 Prozent und die Bauwirtschaft mit 11 Prozent. In der verarbeitenden Industrie starben 67 Personen und in der Bekleidungsindustrie weitere 28 Arbeiterinnen und Arbeiter, so die Angaben der OSHE Foundation. Belastbare Daten zu nichttödlichen Unfällen am Arbeitsplatz liegen für Bangladesch nicht vor.

Für die Kontrolle und Überwachung der Arbeitsschutzbestimmungen ist das Department of Inspection for Factories and Establishments (DIFE) zuständig. Die Behörde führt Inspektionen ausschließlich in Betriebsstätten von Unternehmen des organisierten Sektors durch. Auch dürfen die Inspektoren keine Firmen, die sich in einer der Export Processing Zones (EPZ) oder Special Economic Zones (SEZ) befinden, ohne Voranmeldung kontrollieren. Laut US-Außenministerium konzentrieren sich die Kontrollen auf die Textil- und Bekleidungsfabriken, da die Ressourcen der Behörde nicht ausreichen, um die Arbeitsbedingungen in den übrigen Branchen angemessen zu überprüfen. Im Finanzjahr 2021/2022 (1. Juli bis 30. Juni) führte DIFE eigenen Angaben zufolge 43.644 Inspektionen durch. Dabei wurden 1.426 Rechtsverstöße festgestellt.

Um die Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie zu verbessern, wurde 2013 der Accord on Fire and Building Safety in Bangladesh ins Leben gerufen. Darin verpflichten sich die Unterzeichner zur Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften sowie zur Einrichtung von Arbeitsschutzprogrammen und Beschwerdemechanismen. Inzwischen haben mehr als 200 Unternehmen – vor allem aus der Textil- und Bekleidungsindustrie und dem Handel – die Vereinbarung unterzeichnet, darunter auch deutsche Firmen. Der "Accord" wurde 2020 auf bangladeschischer Seite organisatorisch in den RMG Sustainability Council (RSC) überführt, das seitdem die Aktivitäten im Bereich Arbeitsschutz in der Bekleidungsindustrie fortsetzt.

Die Arbeitsbedingungen in Branchen, die nicht so stark im Fokus stehen wie die Bekleidungsindustrie, sind nach Einschätzung von Nichtregierungsorganisationen häufig schlechter und die Unternehmen legen weniger Wert auf Gesundheits- und Arbeitsschutzmaßnahmen für ihre Belegschaft. Dies gilt unter anderem für die Lederindustrie, den Agrarsektor und die Bauwirtschaft. Der Schiffbau und die Abwrackindustrie gelten ebenfalls als Branchen, in denen die Beschäftigten größeren gesundheitlichen Risiken und einer hohen Unfallgefahr ausgesetzt sind. Die bangladeschische Regierung hat im Rahmen ihres National Plan of Action on Occupational Safety and Health 2021 - 2030 eine Reihe von Initiativen zur Verbesserung des Arbeitsschutzes in der Breite auf den Weg gebracht. Diese orientieren sich an den Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen.

Um mögliche Risiken bei der Missachtung von Arbeitsschutz und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren in Bangladesch zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

Präventions- und Abhilfemaßnahmen 

Es gibt in Bangladesch ein breites Unterstützungsangebot im Bereich Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit. Unternehmen haben die Möglichkeit, sich im Rahmen von ISO 45001:2018 zertifizieren zu lassen. Unter anderem führen TÜV Süd und Bureau Veritas in Bangladesch die Audits zu diesem international anerkannten Industriestandard für ein Arbeitsschutzmanagementsystem durch.

Darüber hinaus bieten Institutionen wie Branchenverbände, Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften Informationen und zum Teil auch Unterstützung bei der Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen oder der Einrichtung eines firmeninternen Beschwerdemechanismus oder einer Hotline für Mitarbeiter, um Verstöße gegen Arbeitsschutzrichtlinien zu melden, an. Eine Übersicht der Organisationen findet sich in der Studie National Profile on Occupational Safety and Health in Bangladesh des Department of Inspection for Factories and Establishments. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) führt noch bis 2025 ein Programm speziell zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Gerbereien durch. Das Netzwerk der Responsible Business Helpdesks (RBH) stellt in ausgewählten Partnerländern Informations- und Beratungsdienste sowie Trainings rund um das Thema menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflichten für lokale Produzenten und Stakeholder bereit. Partnerorganisationen für den RBH Bangladesch sind die lokalen Textilverbände BGMEA und BKMEA.

Für die Vermeidung von Gesundheitsschäden am Arbeitsplatz ist der Dialog mit Arbeitskräften unerlässlich. Unternehmen sollten daher betriebliche Ausschüsse mit Arbeitnehmervertretern einrichten. Durch regelmäßige Sicherheitsschulungen der Arbeitskräfte kann ein Verständnis für die Gefahren am Arbeitsplatz gefördert werden. Die Beschäftigten sollten die nötige Ausbildung und Schulungen dazu erhalten, wie sie sicher arbeiten und sich in gefährlichen Situationen wie Bränden in Sicherheit bringen können.

Der Vision Zero Fund ist eine Multi-Stakeholder-Plattform, die gemeinsam mit Experten Trainings für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit in verschiedenen Lieferketten anbietet. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Missachtung des Arbeitsschutzes können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter der Unterseite Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz eingesehen werden.

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