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Branchen | Brasilien | Augenoptik

Hohe Dynamik in der Augenoptik

Brasiliens Markt für Brillen und Kontaktlinsen erholt sich vom Einbruch in der Coronakrise. Die Demografie und der große Nachholbedarf versprechen weiteres Wachstumspotenzial. 

Von Gloria Rose | São Paulo

Der Branchenverband Abióptica erwartet für 2022 einen Anstieg der Umsätze mit Augenoptik um knapp 9 Prozent. "In diesem Jahr dürfte der brasilianische Markt für Augenoptik das Vorkrisenniveau erstmals leicht übertreffen", sagte Ambra Nobre Sinkoc, Geschäftsführerin des Verbands, im Juli 2022 gegenüber der Wirtschaftszeitung Valor Econômico. Von dem Umsatzeinbruch um über 16 Prozent im Krisenjahr 2020 konnte sich der Einzelhandel mit Brillen und Kontaktlinsen 2021 nur zum Teil erholen.

Umgerechnet in US-Dollar (US$) bleibt das Marktvolumen wegen der Abwertung des brasilianischen Real aber weiter unter dem Vorkrisenniveau. Statista prognostiziert für 2022 einen Wert von rund 4,4 Milliarden US$. Im Jahr 2019 hatte das Volumen noch bei knapp 5,8 Milliarden US$ gelegen.

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Gemischte Aussichten in der Post-Corona-Wirtschaft

In der Coronavirus-Pandemie schob die Bevölkerung ophthalmologische Untersuchungen, Behandlungen und Operationen weitestgehend auf. Laut Erhebungen des Ärzterates für Augenheilkunde ging die Anzahl der Untersuchungen 2020 um ein Drittel zurück. Auch 2021 lag die Zahl noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau. Die verlangsamte Diagnose von Sehstörungen und -erkrankungen drosselt die Erholung des Marktes. Hinzu kommt, dass die Kaufkraft der unteren und mittleren Einkommensschichten durch die hohe Inflation ausgehöhlt wird. Produktpiraterie und Schmuggelwaren dürften somit weiter florieren. Durch den illegalen Handel verliert der Markt pro Jahr nahezu 2 Milliarden US$, schätzt Abióptica.

Andererseits setzt sich der Alterungsprozess der brasilianischen Gesellschaft fort. Zudem spricht die intensive Nutzung digitaler Medien auch unter den Jüngeren für einen stark steigenden Bedarf an augenmedizinischen Leistungen.

Großes Marktpotenzial: Nur 34 Millionen Menschen in Brasilien nutzen Sehhilfen

Der Verband Abióptica geht davon aus, dass das Sehvermögen etwa der Hälfte der brasilianischen Bevölkerung beeinträchtigt ist. Jedoch nimmt bislang nur ein Drittel der Betroffenen Brillen und andere Maßnahmen zur Sehkorrektur in Anspruch. Ein weiteres Drittel hat noch nie einen Augenarzt besucht. 

Nach einer Erhebung des Branchenverbands Sociedade Brasileira de Lentes de Contato, Córnea e Refratometria (Soblec) tragen nur etwa 1,4 Prozent der Bevölkerung Kontaktlinsen. Dabei erstreckt sich der potenzielle Markt auf bis zu 6 Prozent der rund 215 Millionen Einwohner. Marktbeobachter erwarten, dass der Anteil der Menschen, die Kontaktlinsen nutzen, bis 2025 auf rund 2,5 Prozent steigt.

Franchise-Ketten expandieren stark

Die Coronakrise verstärkte den Trend zu großen Optikerketten, die den Markt über Franchise-Systeme bedienen. Zu den bedeutendsten Ketten gehören der französische Weltmarktführer EssilorLuxottica mit den Marken Óticas Carol und GrandVision sowie die brasilianischen Ketten Óticas Diniz, Chilli Beans und Mercadão de Óculos. Óticas Carol und Óticas Diniz verfügen bereits jeweils über mehr als 1.200 Ladenlokale. In seinen über 800 Geschäftslokalen setzt Chilli Beans zunehmend auf Sonnenbrillen mit Sehstärke. Bis 2026 will die Kette 850 weitere Standorte eröffnen und den Umsatz verdreifachen. Das erst zehn Jahre alte Franchise-Unternehmen Mercadão dos Óculos verfolgt ähnlich ehrgeizige Pläne. Die hohe Marktdynamik verdeutlicht sich auch an den Übernahmeaktivitäten von Investmentfonds und Neueinsteigern wie der Diagnostikkette Grupo Fleury.

Der Onlinehandel spielt nach wie vor kaum eine Rolle. Doch die Marktführer entwickeln ihre multikanale Web- und App-Präsenz. Digitales Marketing, Apps zur virtuellen Anprobe von Brillen und auch erste Verkaufsabwicklungen über das Internet kommen auf. 

Deutsche Anbieter expandieren

In diesem Jahr dürfte die Franchise-Kette Zeiss Vision Center auf 100 Luxusläden in den wichtigsten Shoppingcentern des Landes anwachsen. Zukünftig will der deutsche Traditionskonzern mit Fabrik in Petrópolis (Rio de Janeiro) sein Netzwerk strategischer Partner weiter ausbauen. Abgesehen davon beliefert Zeiss ebenso wie andere deutsche Anbieter den Markt unabhängiger Optiker.

Der Münchner Hersteller von Brillengläsern und Fassungen Rodenstock konnte die Produktion in seiner Fabrik in Rio de Janeiro in der Pandemie durchgängig aufrecht erhalten und den Umsatz zwischen 2019 und 2021 nahezu verdoppeln. Zeiss und Rodenstock konkurrieren mit dem Großkonzern EssilorLuxottica insbesondere auf dem Markt hochwertiger Mehrstärkenlinsen.

Zeiss ist nach EssilorLuxottica der zweitwichtigste Anbieter von Brillengläsern, gefolgt von dem japanischen Hersteller Hoya. Am Markt für Kontaktlinsen dominieren Acuvue von Johnson&Johnson, Biofinity von CooperVision und Marken des Importhändlers Central Oftálmica wie Bioview, Silidrogel und Biosoft. Als einer der führenden Hersteller von Bearbeitungslösungen für die optische Industrie bedient die Schneider GmbH & Co. KG den lateinamerikanischen Markt von São Paulo aus.

Deutschland bleibt ein wichtiges Lieferland

Brasilien importiert etwa 95 Prozent aller Waren und Vorprodukte für die Augenoptik. Wechselkursschwankungen schlagen entsprechend stark auf den Inlandsmarkt durch. Als Gegenmaßnahme beschloss die Regierung Zollerleichterungen, die vorerst bis Ende 2022 gelten.

In der Warengruppe für optische Instrumente, Apparate und Geräte (SITC-Position 871) war Deutschland 2021 nur noch das drittwichtigste Lieferland nach China und Frankreich. Zudem ließ der Abstand zu den USA auf Rang vier nach. Mit rund 15 Millionen US$ lag das Importvolumen aus Deutschland ähnlich hoch wie 2019. Im gleichen Zeitraum konnten jedoch die Konkurrenten ihre Exporte nach Brasilien ausbauen.

Dafür stiegen die Einfuhren von optischen Waren (SITC-Position 884) aus Deutschland. Unter den Top-Ten-Lieferländern konnte sich von 2019 bis 2021 nur Thailand deutlicher verbessern. Auch die Importe aus China legten zu. Dahingegen exportierten Italien, die USA und Japan weniger nach Brasilien als im Jahr 2019.

Kontaktadressen
Bezeichnung


Anmerkungen

AHK Brasilien

Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

Abióptica

Branchenverband; vereint 95 Prozent aller Markenhersteller Brasiliens

Sociedade Brasileira de Lentes de Contato, Córnea e Refratometria (Soblec)

Branchenverband


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