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Markets International 1/25 I Chile I Recycling

Lösung gesucht!

Eine Marktlücke zu füllen, bedeutet: als Erster die Lösung für ein ­Problem finden. Wir stellen solche Probleme vor, in denen womöglich Markt­lücken ­stecken. Diesmal: das Altkleiderproblem der Atacama-Wüste.

Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

Worum geht es? Wäscheberge in der Wüste 

In der Atacama-Wüste in Chile türmen sich die Altkleider. Chile ist neben Guatemala das einzige Land in Südamerika, das die Einfuhr gebrauchter Kleidung gestattet. Seit Jahren ist es deshalb einer der weltgrößten Importeure von Gebrauchtkleidung.

33.000 Tonnen

gebrauchte Kleidung und rund 1.000 Tonnen Schuhe fanden 2023 ihren Weg nach Chile.

Dabei handelt es sich um unverkaufte Saisonartikel, Retouren aus dem Versandhandel oder auch Kleiderspenden. Das Gros kommt über den Freihandelshafen von Iquique ins Land, einer Großstadt am Rand der Atacama-Wüste. Hier wird für den Weiterverkauf sortiert. Etwa zehn Prozent bleiben in Chile, weitere rund 75 Prozent gehen in die Nachbarländer. 

Was nicht verkauft wird, landet häufig auf illegalen Halden. Viele Textilien sind aus Kunstfasern und nicht biologisch abbaubar. Dadurch bleiben die Abfallberge langfristig bestehen. Zudem ist die Bekleidung mit Chemikalien versetzt, um mögliche Schädlinge vor dem Eintritt ins Land abzutöten. Diese verunreinigen die Böden. Um die Müllberge loszuwerden, werden sie häufig in Brand gesteckt. Dabei verbrennen nicht nur Kleider und Schuhe, sondern auch Reifen, Elektroschrott und andere Abfälle. Die giftigen Rauchschwaden gefährden die Gesundheit der Menschen vor Ort.

Markets International Ausgabe 1/25

Markets International 02/24 Markets International 02/24 | © GTAI

Dieser Beitrag stammt aus der Zeitschrift Markets International, Ausgabe 1/2025 mit dem Schwerpunkt Robotik. Erfahren Sie, welche weiteren Beiträge die Ausgabe für Sie bereit hält.

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Warum ist es so kompliziert? Es gibt Kaum Recycling

GTAI-Korrespondentin Stefanie Schmitt im Altkleiderregen: Illegale Altkleiderdeponie in der chilenischen Wüste. Die weltweite Textilfaserproduktion soll bis 2030 um weitere 50 Prozent steigen. Nur etwa ein Prozent der Kleidungsstücke wird weltweit recycelt. GTAI-Korrespondentin Stefanie Schmitt im Altkleiderregen: Illegale Altkleiderdeponie in der chilenischen Wüste. Die weltweite Textilfaserproduktion soll bis 2030 um weitere 50 Prozent steigen. Nur etwa ein Prozent der Kleidungsstücke wird weltweit recycelt. | © Stefanie Schmitt

Tausende Menschen in und um Iquique leben vom Handel mit Altkleidern. Viele der Händler arbeiten seriös, aber nicht alle. Die verantwortlichen Behörden vor Ort ducken sich weg, anstatt unseriöse Händler zur Verantwortung zu ziehen.

„Aktuell gelangen rund 15 Prozent der Importkleidung in die Atacama-Wüste“, so ein Experte für Altkleiderrecycling, der nicht namentlich genannt werden möchte. „Viele Stücke sind zu abgetragen oder zu fehlerhaft, als dass sie noch jemand haben will.“ Zwar ist die Quote dieser unbrauchbaren Kleidung rückläufig, doch da die Importmenge durch Fast Fashion insgesamt zunimmt, wächst die absolute Menge trotzdem, erklärt der Experte.

Passende Textilrecyclingkonzepte zu etablieren, ist sehr aufwändig. Chile steht hier erst am Anfang, da die Ausgangsmaterialien aus einer Vielzahl von Komponenten bestehen – vom Reißverschluss über verschiedene Gewebetypen bis zum Knopf oder Fellansatz.

Wie könnte eine ­Lösung aussehen? Innovatives aus Alttextilien

Es gibt bereits erste Lösungsansätze: Die Firma Procitex beispielsweise stellt in Santiago aus Alttextilien Vliese für die Landwirtschaft zum Zurückhalten der Bodenfeuchtigkeit und Dämmplatten für Häuser her. 

 

15 Prozent

der nach Chile importierten Altkleider landen nach Expertenschätzungen in der Atacama-Wüste.

 In Iquique selbst jedoch scheiterten erste vergleichbare Ansätze bislang an der fehlenden Nachfrage nach recycelten Textilprodukten vor Ort. Weite Transportwege innerhalb Chiles oder gar ins Ausland lohnen sich nicht. Gebraucht würde ein lokales Recyclingzentrum, das marktfähige Produkte herstellt, für die es eine Nachfrage vor Ort gibt.

Sinnvoll wäre es auch, die Hersteller stärker in die Verantwortung zu nehmen, meint Catalina Giraldo, Gründerin von CAV+S, einer auf Textilrecycling spezialisieren Consultingfirma. Doch dazu müsste die Kleidung von Anfang an markiert sein, um sie genau zuordnen zu können. 

 

»Die Bekleidungsbranche ist weit entfernt von einem funktionierenden Wirtschaftskreislauf – und Chile steht ganz am Ende der Kette.«

Catalina Giraldo,
Gründerin der Unternehmensberatung CAV+S

 

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