Ein liberalisierter Strommarkt, technologieoffene Ausschreibungen und gezielte Förderprogramme machen Dänemark zum Modellstaat für eine marktorientierte Energiewende.
Dänemark zählt zu den ambitioniertesten Ländern Europas beim Ausbau erneuerbarer Energien. Die dänische Energiepolitik ist geprägt von klaren Zielsetzungen, marktorientierter Steuerung und einer engen Verzahnung mit den klimapolitischen Vorgaben der Europäischen Union. Trotz einzelner Rückschläge – etwa bei Offshore-Ausschreibungen ohne Gebote – bleibt das Land ein international beachtetes Beispiel für innovationsfreundliche und investitionssichere Rahmenbedingungen.
Kurs auf Klimaneutralität und Marktöffnung
Gemäß dem dänischen Klimagesetz soll das Land spätestens bis 2050 klimaneutral sein. Die Regierung verfolgt jedoch das Ziel, dieses Datum auf 2045 vorzuziehen. Darüber hinaus wird eine Netto-Treibhausgasreduktion von 110 Prozent gegenüber 1990 angestrebt, was faktisch eine negative Emissionsbilanz bedeutet. Bereits bis 2030 soll der gesamte Stromverbrauch aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. Im Zentrum dieser Strategie stehen Offshore-Windkraft, grüner Wasserstoff sowie Power-to-X-Technologien, die eine Sektorkopplung ermöglichen. Die ursprünglichen Pläne sahen eine Elektrolysekapazität von 4.000 Megawatt bis 6.000 Megawatt bis 2030 vor. Aktuell rechnet die Regierung jedoch nur noch mit 575 Megawatt, was auf schleppende Investitionen und regulatorische Unsicherheiten zurückzuführen ist.
Marktstruktur und Steuerungsmechanismen
Der dänische Strommarkt ist vollständig liberalisiert und in den europäischen Binnenmarkt integriert. Die Preisbildung erfolgt über ein sogenanntes Energy-Only-Marktdesign, bei dem Strom ausschließlich über den Marktpreis gehandelt wird. Versorgungssicherheit wird durch Flexibilitätsmechanismen und strategische Reservekapazitäten gewährleistet.
Zentrale Akteure sind das staatliche Netzunternehmen Energinet, das für Planung, Betrieb und Integration des Strom- und Gasnetzes verantwortlich ist, sowie die Energistyrelsen (dänische Energiebehörde), die regulatorische Aufgaben übernimmt und Ausschreibungen sowie Förderprogramme koordiniert.
Die Steuerung des Ausbaus erneuerbarer Energien erfolgt über technologieoffene Ausschreibungen, Konzessionen und EPC-Verträge. Besonders im Offshore-Bereich werden Konzessionen für Windparks vergeben, deren Umsetzung häufig über sogenannte Engineering-Procurement-Construction-Verträge erfolgt. Diese Struktur ermöglicht eine effiziente Projektabwicklung mit klaren Verantwortlichkeiten zwischen Staat und Privatwirtschaft.
Wettbewerbliche Förderung und neue Anreizmodelle
Dänemark setzt auf ein marktorientiertes Fördermodell, das auf Wettbewerb und Kosteneffizienz ausgerichtet ist. Zentrale Elemente sind Ausschreibungen mit gleitender Marktprämie, bei denen Projektentwickler auf die niedrigste benötigte Förderung bieten. Die Differenz zum Marktpreis wird durch eine staatliche Prämie ausgeglichen. Ergänzend gewinnen Stromabnahmeverträge (PPAs) an Bedeutung, insbesondere im industriellen Sektor, da sie langfristige Preisstabilität bieten. Steuervorteile und Förderkredite ergänzen das Instrumentarium. Klassische Einspeisevergütungen oder Quotenmodelle kommen nicht mehr zum Einsatz.
Nach dem Scheitern einer Offshore-Ausschreibungsrunde ohne Gebote plant die Regierung eine Wiederholung mit einem neuen Fördermodell. Erwartet wird ein Contracts-for-Difference-Modell (CfD) - ein staatlich garantierter Mindestpreis, kombiniert mit einer Rückzahlungspflicht bei hohen Marktpreisen. Die Ankündigung des zuständigen Ministers Lars Aagaard wird für Mitte 2025 erwartet. Die Onshore-Windbranche äußert Kritik an dem geplanten Modell, da sie befürchtet, dass stark geförderte Offshore-Projekte zu einem Überangebot an günstigem Strom führen könnten - was die Wirtschaftlichkeit von Windkraftanlagen an Land erheblich beeinträchtigen würde.
Strategische Förderprogramme und Investitionsimpulse
Im Rahmen der Grøn Investeringsordning, dem grünen Investitionsprogramm, stellt der dänische Staat 2025 rund 88 Millionen Euro bereit. Gefördert werden Unternehmen, die Wind- und Elektrolysetechnologien oder Schlüsselkomponenten dafür herstellen. Die Förderung beträgt maximal 15 Prozent des Projektvolumens, bei einem Mindestzuschuss von umgerechnet etwa 800.000 Euro. Die Bewerbungsfrist endet am 24. Juni 2025. Das Programm ist Teil des EU-Krisen- und Übergangsrahmens zur Unterstützung der grünen Industrie.
Auch das Energy Technology Development and Demonstration Programme (EUDP) kann eine Anlaufstelle für Unternehmen sein. Seit 2007 fördert es aktiv die Entwicklung neuer grüner Energietechnologien. Im Jahr 2023 wurden beispielsweise umgerechnet etwa 66 Millionen Euro vergeben. Das Programm zielt darauf ab, Versorgungssicherheit und Dekarbonisierung zu verbinden und richtet sich an Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Konsortien.
Auch auf europäischer Ebene fließen erhebliche Mittel: Die Europäische Investitionsbank (EIB) und der Europäische Investitionsfonds (EIF) investierten 2024 eine Rekordsumme von 2,1 Milliarden Euro in Dänemark, davon 714 Millionen Euro in den Energiesektor.
Zugang zum Markt und regulatorische Realität
Die zentrale Plattform für öffentliche Ausschreibungen wird von Konkurrence- og forbrugerstyrelsen, der dänischen Wettbewerbs- und Verbraucherbehörde betrieben. Die Vergabepraxis ist transparent, EU-konform und unterliegt strengen Antikorruptionsregeln. Es bestehen keine Local-Content-Vorgaben, jedoch wird die Einbindung lokaler Partner bei der Bewertung von Angeboten häufig positiv berücksichtigt.
Ausländische Unternehmen sehen sich mit sprachlichen und juristischen Anforderungen konfrontiert. Zudem gelten hohe technische Standards und komplexe Genehmigungsverfahren, insbesondere im Bereich Umweltverträglichkeit und Netzanschluss. Dennoch bestehen für deutsche Unternehmen gute Chancen, insbesondere im Bereich Offshore-Windkraft, grüner Wasserstoff und Komponentenfertigung.
Dänemark hat in den letzten Jahren zahlreiche Gesetze angepasst, um Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und Investitionen zu erleichtern. Die Einhaltung wird durch die Energistyrelsen überwacht. Atomkraft bleibt politisch ausgeschlossen – seit 1985 ist deren Entwicklung von staatlicher Förderung ausgenommen. Das dänische Unternehmen Seaborg Technologies fordert jedoch Unterstützung für Exportmärkte, da es ein internationales Kommerzialisierungspotenzial für neue Reaktortechnologien sieht.
Als EU-Mitglied gelten in Dänemark die Binnenmarktregeln. Für deutsche Unternehmen bestehen somit keine tarifären Handelshemmnisse, was den Marktzugang erleichtert. Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der Europäischen Union (EU) sind die Regelungen des Umsatzsteuerkontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern. Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa Deutsches Institut für Normung e.V.).
Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.
Von Judith Illerhaus
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Stockholm