Frankreich fördert Erneuerbare Energien und die Zulieferindustrie. Branchenunternehmen aber leiden unter schwierigen Genehmigungsprozessen und einem unsicheren politischen Umfeld.
Die französischen Energiemärkte sind liberalisiert. In- und ausländische Unternehmen können in die Bereiche Stromproduktion und -vertrieb investieren. Dennoch ist der französische Strommarkt im Vergleich zu Deutschland sehr konzentriert. Der staatliche Energiekonzern EDF ist alleiniger Bauherr und Betreiber der französischen Atomreaktoren. Vor allem aufgrund dieser Monopolstellung kommt EDF nach eigenen Angaben auf einen Anteil an der Stromerzeugung von über 77 Prozent.
Französische Energiegrößen dominieren den Strommarkt
EDF ist zudem der wichtigste Stromanbieter des Landes. Im März 2025 waren 69 Prozent der Haushalte Kunden von EDF oder einem der 162 kleinen, lokalen öffentlichen Stromanbieter. Diese lokalen Anbieter sind auf 5 Prozent der Fläche Frankreichs aktiv. Über einen der rund 40 alternativen Vertriebsfirmen bezogen laut der Commission de Régulation de l'électricité (CRE) lediglich 31 Prozent aller Haushalte und 40 Prozent aller Firmenkunden ihren Strom. EDF allerdings verliert langsam Marktanteile an die Konkurrenz.
Réseau de transport d'électricité (RTE) betreibt (und besitzt) das Hochspannungsnetz. Circa 95 Prozent des Mittel- und Niederspannungsnetzes unterstehen der EDF-Tochter Enedis, die restlichen fünf Prozent des Netzes werden durch die lokalen öffentlichen Stromanbieter betrieben.
Energieplanung gerät ins politische Kreuzfeuer
Frankreichs Energieplanung liegt im Ungewissen. Geht es nach der Regierung, will sie bis zum Ende des Sommers 2025 die bereits um zwei Jahre verspätete Energieplanung für die Jahre 2025-2035 (Programmation pluriannuelle de l'énergie (PPE3)) als Dekret verabschieden. Nach dem Entwurf der PPE sollen mittelfristig insbesondere erneuerbare Energien einen stärkeren Anteil am französischen Energiemix erhalten.
Wind- und Solarprojekte aber treffen auf zunehmende Ablehnung, nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch auf politischer Ebene. Vor allem die konservativen Republikaner und das rechtspopulistische Rassemblement National plädieren für einen Ausbaustopp von Wind- und Solarkraft und eine noch stärkere Fokussierung auf Nuklearenergie. Branchenunternehmen sind zutiefst verunsichert.
Schwieriges Genehmigungsumfeld belastet Unternehmen
Auch unabhängig von der aktuellen politischen Entwicklung ist es für Unternehmen nicht immer einfach, Projekte umzusetzen. Zwar hat der Staat in den vergangenen Jahren Vorgaben entwickelt, die Projekte im Bereich erneuerbarer Energien erleichtern sollen. So sieht unter anderem das Gesetz zur Beschleunigung der Produktion erneuerbarer Energien (APER) Erleichterungen des Genehmigungsprozesses vor. Dennoch bewerten Branchenunternehmen die Genehmigungsverfahren von Wind- und Solarprojekten als noch zu komplex und langwierig.
Und kommt es zum Bau, ist der Netzanschluss das nächste Nadelöhr. Die durchschnittliche Anschlussdauer von mittelgroßen EE-Anlagen (zwischen 40 und 80 Megawatt) an das Stromübertragungsnetz liegt bei 2 bis 5 Jahren. Für einen industriellen Großverbraucher dauert es 5 bis 7 Jahre, oder sogar bis zu 8 Jahre, wenn der Netzbetreiber noch Ausbauarbeiten vornehmen muss. Und der Anschluss eines Offshore-Windparks dauert etwa 8 bis 10 Jahre.
Frankreich fährt die Einspeisetarife zurück
Frankreich fördert den Ausbau von Solarenergie durch ein kombiniertes Modell von Investitionsprämien und Einspeisetarifen für Kleinanlagen. Projekte ab einer Größe von 500 Megawatt werden ausgeschrieben. Angesichts sinkender Investitionskosten und staatlicher Sparzwänge fährt der Staat die Einspeisetarife zurück. Seit dem 1.4.2025 liegt der Einspeisetarif für Kleinanlagen kleiner als 9 Megawatt bei 4 Eurocent pro Kilowattstunde gegenüber 12,69 Eurocent bis Ende März 2025. Auch die Investitionsprämie für Kleinanlagen wurden deutlich abgesenkt.
Im Bereich Windkraft an Land profitieren Kleinparks von weniger als 6 Windtürmen mit einer Nennleistung von bis zu 3 Megawatt von einem Referenzpreis mit Differenzzahlung. Für größere Projekte wird der Referenzpreis im Wege von Ausschreibungen ermittelt. Gingen in der Vergangenheit die Zuschlagswerte beständig zurück, treiben mittlerweile steigende Kosten für Komponenten und Bau die Preise. In der Ausschreibungsrunde Februar 2025 erreichten die Zuschlagswerte für Onshore-Wind 8,76 Eurocent pro Kilowattstunde. Noch in der Ausschreibungsrunde November 2020 lagen sie bei 5,95 Eurocent pro Kilowattstunde.
Offshore-Projekte werden ebenfalls ausgeschrieben. Die Vergütung für Windparks neuer Generation folgt dem Modell des Referenzpreises mit Differenzzahlung. Seit Mai 2025 beteiligen sich auch Offshore-Windparks, die noch unter das Einspeisevergütungssystem fallen, am Ausgleichmechanismus bei Negativpreisphasen. Damit können Offshore-Betreiber im Falle negativer Strompreise aufgefordert werden, ihre Stromproduktion phasenweise herunterzufahren oder einzustellen.
Die Commisson der régulation de l'énergie (CRE) ist die für erneuerbare Energien zuständige Vergabestelle.
Europa und Frankreich setzen auf mehr europäische Eigenständigkeit
Der 2024 vom Europäischen Parlament verabschiedete Net Zero Industry Act stärkt die europäische Zulieferindustrie. Danach sollen 2030 zumindest 40 Prozent der in der EU installierten Photovoltaiktechnologie "made in Europe" sein. Mithilfe des im April 2024 verabschiedeten französischen Solarplans "Pacte Solaire", will auch die französische Regierung die Produktion von Solarkomponenten anschieben. Bis 2030 sollen 40 Prozent der in Frankreich verbauten Photovoltaiktechnologie in Frankreich produziert werden. Den Wiederaufbau der Solarindustrie fördert die Regierung durch großzügige Steuergutschriften im Rahmen des "Crédit d'Impôt sur les Industries vertes" sowie finanzielle Beihilfen im Rahmen von Förderprogrammen wie dem Innovationsplan France 2030.
Unternehmen entdecken PPAs
Die bislang in Frankreich wenig genutzten PPAs gewinnen an Bedeutung. Traditionell waren Power Purchase Agreements mit Abnehmern für erneuerbare Energien in Frankreich eher unterrepräsentiert. Denn Unternehmen profitieren bislang von einer Versorgung mit Atomstrom zu Vorzugspreisen (ARENH-Mechanismus). Allerdings läuft dieser Mechanismus Ende 2025 aus. Unternehmen schwenken zunehmend um auf eine (ergänzende) Eigenstromerzeugung aus erneuerbaren Energien, aber auch auf PPA.
Der Glasproduzent Saint Gobain hat Ende 2024 ein PPA über 20 Jahre mit dem erneuerbaren-Produzenten Borlaex geschlossen. Der Einzelhändler Carrefour bezieht PPA-Strom von Suez und der Chiphersteller STMicroelectronics wird von TotalÉnergies mit erneuerbarem Strom beliefert werden. Auch kleine und mittlere Unternehmen entdecken den Reiz sicherer Strompreise. So wurde im Juni 2025 das erste PPA zwischen dem Erzeuger erneuerbarer Energien Valeco und einer Gruppe von neun mittelgroßen Unternehmen (ETI) aus der Region Nouvelle-Aquitaine unterzeichnet. Die Banque Public d'Investissement sichert die Vereinbarung mit einer "erneuerbarer-Strom-Garantie".
Tipps für den Markteinstieg
- Für die Marktbearbeitung sind sehr gute Französischkenntnisse Voraussetzung.
- Vorbehalte in der Bevölkerung gegen erneuerbare Energieprojekte erfordern Überzeugungsarbeit vor Ort.
- Für Abstimmungsverfahren mit Kommunen und betroffenen Bürgern viel Zeit einplanen.
- Beteiligung von Kommunen und Anwohnern an der Wertschöpfung erhöht die langfristige Akzeptanz von Projekten.
Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der Europäischen Union sind die Regelungen des Umsatzsteuerkontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern. Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa Deutsches Institut für Normung e.V.).
Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.
Von Frauke Schmitz-Bauerdick
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Paris