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Autobahn auf Brücke in Slowenien The Highest Viaduct Highway In Slovenia | © Getty Images/dhwee

Special | EU | Konnektivität

Drei-Meere-Initiative soll den Osten der EU besser vernetzen

Die 13 beteiligten Länder wollen Infrastrukturprojekte voranbringen. Ein Fonds soll privates Kapital mobilisieren und staatliche und europäische Finanzierungsquellen ergänzen.

  • Drei-Meere-Initiative setzt wieder stärker auf Europa

    In Vilnius demonstrieren die Mitgliedsländer Entschlossenheit für große Infrastrukturvorhaben. Vor allem das Bekenntnis zur Ukraine könnte für einen Schub sorgen. (Stand: 19.04.2024)

    Am 11. April 2024 fand in der litauischen Hauptstadt Vilnius der neunte Gipfel der Drei-Meere-Initiative (Three-Seas-Initiative, 3SI) statt. Wichtigste Ergebnisse des Gipfels sind die Aufnahme Japans als strategischen Partner sowie die gemeinsame Vereinbarung zur Gründung des 3SI-Innovationsfonds als weiteres Finanzierungsinstrument für die Entwicklung multisektoraler Infrastrukturprojekte in den Mitgliedsländern der 3SI.

    Drei-Meere-Initiative

    Die Drei-Meere-Initiative (3SI) wurde 2016 von EU-Ländern entlang der Achse Adria, Schwarzes Meer und Ostsee gegründet. Ihr Ziel ist es, gemeinsam eine sektorübergreifende Infrastruktur für Transport, Digitales und Energie zu schaffen. Stand 2024 hat die Initiative 13 Mitgliedsländer. Die Ukraine und Moldau sind Partnerländer; Deutschland, die USA, die EU-Kommission und Japan strategische Partner.

    Am 3SI-Gipfel in Vilnius nahmen Präsidenten und Regierungschefs der Mitglieds- und Partnerländer teil. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war angereist. Parallel dazu fand das sechste Businessforum der Drei-Meere-Initiative statt. Rund 600 Vertreter von Unternehmen, Verbänden und Thinktanks aus mehr als 30 Ländern sowie Repräsentanten von OECD, EU und internationalen Finanzorganisationen wie der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) oder der Europäischen Investitionsbank (EIB) nahmen daran teil.

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    Sicherheitspolitische Ausrichtung wird wichtiger

    Themen des Businessforums waren die Energiewende und klimaneutrale Technologien sowie die Abkopplung von russischen Energiequellen und Stromversorgungsnetzen; zudem Vorhaben in der Transportinfrastruktur wie Europas größtes Eisenbahnprojekt Rail Baltica und das Autobahnnetz Via Carpathia, das Klaipėda in Litauen mit Thessaloniki in Griechenland verbinden soll. Im Bereich der Digitaltechnologien wollen die 3SI-Länder zum Vorreiter in Europa werden. So schlug der rumänische Minister für Forschung, Innovation und Digitalisierung, Bogdan Ivan, vor, in den Ländern Mittel- und Osteuropas eine gemeinsame Cloud für künstliche Intelligenz zu entwickeln. Diese solle die Staaten besser digital vernetzen und auch privaten Unternehmen zu Verfügung gestellt werden. 

    Bei allen drei Kernthemen betonten die Teilnehmenden die sicherheitspolitische Relevanz. Der Ukrainekrieg in unmittelbarer Nachbarschaft stelle die Länder der 3SI vor besondere Herausforderungen. Dies mache die Region aber auch strategisch bedeutsamer, so Ulrik Vestergaard Knudsen, Stellvertretender Generalsekretär der OECD:

    "Zum einen holt Osteuropa gegenüber dem Westen wirtschaftlich deutlich auf, zum anderen ist dies die Region direkt an der Front zu Russland mit starker geopolitischer Friktion." 

    Sei das Ziel der Drei-Meere-Initiative ursprünglich ein wirtschaftliches gewesen, so die litauische Premierministerin Ingrida Šimonytė, rücke heute Sicherheitspolitik in den Fokus. "Wir sollten nicht naiv sein", so Šimonytė. Verkehrsprojekte wie Rail Baltica, Via Baltica und Via Carpathia erhöhten ihr zufolge auch die militärische Mobilität in Europa. Der 5G-Ausbau entlang dieser Korridore ermögliche Cybersicherheit für weitere physische Infrastruktur wie Stromversorgungsnetze. Doch der Ausbau brauche Investitionen, so Šimonytė. 

    Milliardengroße Finanzierungslücke bei Infrastruktur

    Seit dem Bestehen der Initiative haben die 3SI-Länder 143 Infrastrukturprojekte in den Bereichen Energie, Transport und Digitalisierung initiiert. Doch die Finanzierung der ambitionierten Projekte ist seit jeher ein Problem. Im Jahr 2019, noch vor der Coronapandemie, so Beata Daszyńska-Muzyczka, Vorsitzende des Aufsichtsrates des 3SI-Investitionsfonds in Vilnius, habe man in den Mitgliedsländern eine Investitionslücke von 600 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 für die Infrastrukturbereiche Transport, Energie und Digitales ausgemacht. Daszyńska-Muzyczka mahnt: 

    "Heute schätzen wir die Investitionslücke allein im Transportsektor auf 600 Milliarden Euro."

    Wichtigstes Finanzierungsinstrument der Drei-Meere-Initiative ist bisher der 2019 aufgesetzte 3SI-Investitionsfonds. Mit Stand Juni 2023 hatte er ein Volumen von 928 Millionen Euro. Zu deren elf Anteilseignern gehören die polnische Entwicklungsbank Bank Gospodarstwa Krajowego (BGK) als größte Geberin, die EximBank Romania oder die lettische ALTUM. Der Fonds ist mittlerweile geschlossen und akzeptiert keine weiteren Investoren.

    Zweiter Fonds wird mit EU-Hilfe aufgesetzt

    Für die Mobilisierung weiterer Gelder wurde nun in Vilnius die Gründung eines zweiten Fonds, des 3SI-Innovationsfonds beschlossen. Er soll gemeinsam mit dem Europäischen Investitionsfonds (EIF), der von der EIB und der EU-Kommission betrieben wird, aufgesetzt und im Mai 2024 offiziell gegründet werden. Ziele des neuen Fonds werden laut EIB-Präsidentin Nadia Calvino die Förderung von Konnektivität, Wettbewerbsfähigkeit, Zusammenhalt und Vertrauen sowie Sicherheit in der 3SI-Region sein.

    Das erwartete Volumen zum Start werden 180 Millionen Euro von der EU bereitgestellte Gelder sein – angesichts der Investitionslücke eine verschwindend kleine Summe. Doch der Fonds soll laut EIF künftig weitere Investitionen in innovative Unternehmen durch die Mobilisierung von privatem Kapital ermöglichen.

    Rückbesinnung auf Europäische Union 

    Mit der angekündigten Unterstützung der Drei-Meere-Initiative durch die EU scheint sich die Initiative wieder stärker auf den gemeinsamen europäischen Gedanken zu besinnen. Gegründet worden war sie auch als Interessenvertretung der osteuropäischen Länder gegenüber den wirtschaftlich dominanten Westeuropäern. 

    Als wichtiger Partner gaben sich diesbezüglich die USA. Doch eine im Jahr 2020 durch den damaligen US-Außenminister Mike Pompeo angekündigte Finanzierung für den Investitionsfonds in Höhe von bis zu 1 Milliarde US$ wurde nie getätigt. Die Unterstützung des Wiederaufbaus der Ukraine durch die Länder der 3SI könnte hier ein einigendes Moment innerhalb der EU werden. Denn sowohl die Expertise der osteuropäischen Länder wird benötigt, als auch die ganz Europa verbindende Infrastruktur. 

    Im Jahr 2025 werden Gipfel und Businessforum der Drei-Meere-Initiative in Polen stattfinden, im Jahr 2026 in Kroatien.

    Von Edda Schlager | Berlin

  • Ukrainekrieg verleiht Drei-Meere-Initiative neue Bedeutung

    Sichere und resiliente Infrastruktur war das Hauptthema auf dem Gipfel der Drei-Meere-Initiative 2023 in Bukarest. Einige Vorhaben fördert die EU, andere sind umstritten. (Stand: 27.10.2023)

    Die Drei-Meere-Initiative (Three Seas Initiative) ist gewachsen. Beim achten Gipfeltreffen der Initiative am 6. und 7. September 2023 in Bukarest begrüßte der rumänische Präsident Klaus Iohannis Griechenland als neuen Mitgliedsstaat sowie die Ukraine und die Republik Moldau als assoziierte Partnerländer: 

    "Mit Griechenland entwickelt sich die Drei-Meere-Initiative zu einer wichtigen Plattform, die angesichts des Kriegs in der Ukraine die europäische Widerstandsfähigkeit stärkt."

    Griechenland spielt seit Beginn des russischen Angriffskriegs eine wichtige Rolle bei der Versorgung Südosteuropas mit Erdgas aus dem kaspischen Raum, besonders für die Republik Moldau. Denn über Griechenland kann nun das Erdgas, das durch den Südkorridor aus Aserbaidschan Richtung Italien strömt, über eine Verbindung mit Bulgarien auch weiter nach Rumänien und in die Republik Moldau fließen.

    Zudem sind Transporte über die Schwarzmeerhäfen wegen des Kriegs in der Ukraine unsicher und aufgrund hoher Versicherungsprämien sehr teuer. Daher erfüllen die griechischen Häfen eine strategische Rolle bei Waren- und Gütertransporten in das Gebiet der NATO-Ostflanke.

    Krieg erhöht Handlungsdruck bei Projekten

    Die 2016 gegründete Drei-Meere-Initiative ist eine politische und wirtschaftliche Plattform. Mitglieder sind neben den Ländern der Visegrád-Gruppe, die baltischen Staaten, Österreich, Slowenien, Kroatien, Rumänien, Bulgarien und neuerdings Griechenland. Die Mitgliedstaaten treiben den Ausbau von Transportwegen für Daten, Energie, Waren, Güter und Personen voran. 

    Die aktuelle geopolitische Lage hat in der Region den Druck erhöht, diese Infrastrukturprojekte voranzubringen. Eine sichere Energieversorgung sowie die Verbesserung der Transportwege machen sie wirtschaftlich widerstandsfähiger. "Die Stärkung der zivilen, aber auch militärischen Vernetzung zwischen dem Süden und dem Norden der Region ist ein wichtiges regionalpolitisches Ziel", erklärte Rumäniens Präsident Iohannis. 

    Künftig sollen Straßen, Schienen, Pipelines sowie Strom- und Datenleitungen in der Region also nicht nur von Ost nach West, sondern von der Ostsee im Norden in Richtung Mittelmeer im Süden und Schwarzes Meer im Südosten verlaufen. Verstärkt werden die Bemühungen seit 2021 durch die EU-Konnektivitätsinitiative Global Gateway.

    Die Mitgliedstaaten der Drei-Meere-Initiative nutzen den Ukrainekrieg, um die politische Bedeutung der Initiative symbolisch aufzuladen. Einige der Großprojekte, die die Initiative als eigene Vorhaben deklariert, sind seit Jahren Gegenstand der europäischen Kohäsionspolitik (Struktur- und Regionalpolitik der EU) und Energiepolitik, konkret des Green Deals.

    Zweiter Investmentfonds geplant

    Auf dem Gipfeltreffen in Bukarest kündigte der rumänische Präsident Iohannis Pläne für einen sogenannten Innovation Fund an, um Geld für innovative Investitionen einzuwerben. Es wäre der zwei Fonds der Initiative nach dem 2019 gegründeten Three Seas Initiative Investment Fund. Er umfasst Stand Juni 2023 ein Volumen von 928 Millionen Euro.

    Ein Teil der Finanzmittel für die Projekte stammt aus den staatlichen Haushalten der Mitgliedstaaten und wird zum Teil über EU-Fördermittel finanziert. Dafür arbeiten die Länder der Initiative eng zusammen mit Partnern wie Weltbank, Internationaler Währungsfonds (IWF), Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), Europäischen Investitionsbank (EIB) und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

    Die Ankündigung, mit dem Innovation Fund einen zweiten Investmentfonds aufzulegen, bleibt bisher wenig konkret. Dennoch ist die Drei-Meere-Initiative eine Chance, die wirtschaftlichen, politischen und finanziellen Kräfte der Region für die Umsetzung der Infrastrukturvorhaben zu bündeln.

    Großprojekte schreiten voran

    Seit der Gründung der Drei-Meere-Initiative haben die Mitgliedstaaten 91 Projekte mit einem Investitionsvolumen von rund 168 Milliarden Euro registriert. Die Projekte sind unterschiedlich weit fortgeschritten. Zu den größten Infrastrukturprojekten gehören die Autobahn Via Carpathia und das Eisenbahnvorhaben Rail2Sea.

    Die Via Carpathia ist eine Autobahn von Litauen durch Polen, die Slowakei, Ungarn und Rumänien. Sie wird den litauischen Hafen Klaipėda mit den Adriahäfen sowie mit den Schwarzmeerhäfen in Rumänien und Bulgarien sowie dem griechischen Hafen Thessaloniki verbinden. In Rumänien geht der Ausbau der Autobahnen langsam voran. Laut dem Transportministerium werden die rumänischen Streckenabschnitte der Autobahn Via Carpathia nicht vor 2030 fertiggestellt sein.

    Bei Rail2Sea handelt es sich um Eisenbahnverbindungen zwischen Danzig in Polen und Constanța in Rumänien, die den intermodalen Güterverkehr optimieren wird. Die rumänischen Strecken werden im Laufe des Jahres 2024 fertig sein, heißt es seitens des rumänischen Transportministeriums.

    Auf dem Gipfel in Bukarest diskutierten Fachleute zudem über eine perspektivisch bessere intermodale Vernetzung der ukrainischen Häfen am Schwarzen Meer mit den rumänischen und bulgarischen Häfen.

    Energieprojekte teils strittig

    Im Bereich Energie bestehen Pläne, das Pipeline-Netz von Rumänien aus Richtung Ungarn und Österreich auszubauen. Rumänien verfügt über Gasvorkommen im Schwarzen Meer. Im Gasfeld Neptun Deep lagern rund 100 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Der österreichische Erdgaskonzern OMV will es gemeinsam mit dem rumänischen Staatskonzern Romgaz erschließen. Die ersten Gasmengen könnten 2027 fließen.

    Im Rahmen ihrer Vorhaben zur Energiewende wollen Rumänien und Bulgarien die Atomkraft ausbauen. Hier interessieren sich beide Länder für den Einsatz von sogenannten Small Modular Reactors. Dabei handelt es sich um kleine Kernspaltungsanlagen, wie sie etwa in U-Booten eingesetzt werden. Der Einsatz dieser Technologie ist allerdings umstritten: Oft ist unklar, wo Atommüll umweltsicher gelagert werden kann.

    Von Dominik Vorhölter | Bukarest

  • Ostmitteleuropa sorgt sich um Energiesicherheit

    In Riga fand der siebte Gipfel der Drei-Meere-Initiative statt. Wichtigstes Thema waren die Folgen des Ukrainekrieges für die Länder Ostmitteleuropas. (Stand: 6. Juli 2022)

    Am 20. und 21. Juni 2022 fand der siebte Gipfel der Drei-Meere-Initiative in Riga statt. Die Drei-Meere-Initiative ist ein Zusammenschluss von zwölf Staaten Ostmitteleuropas von Estland im Norden bis Kroatien und Bulgarien im Süden. Ziel der Initiative ist es, die Konnektivität zwischen diesen Ländern zu verbessern. Ausgehend von der Annahme, dass in Europas Verkehrs- und Energieinfrastruktur vor allem Ost-West-Verbindungen gebaut werden, will die Initiative ein Gegengewicht ermöglichen. Sie soll die Entwicklung von Nord-Süd-Infrastruktur fördern.

    Im Zentrum der Diskussion des Gipfels stand der Krieg in der Ukraine. An einem Panel mit Staatsoberhäuptern nahmen die Präsidenten von Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Bulgarien und von Kroatien teil. Auch der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war an dem Panel beteiligt, obwohl die Bundesrepublik kein vollwertiges Mitglied der Initiative ist.

    In der Gesprächsrunde beschworen die Präsidenten die Notwendigkeit, in ihrer Energieversorgung unabhängig von Russland zu werden und Einigkeit gegenüber der russischen Aggression in der Ukraine zu zeigen. Polens Staatspräsident Andrzej Duda stellte der Ukraine in Aussicht, Mitglied der Drei-Meere-Initiative zu werden. Er könne sich vorstellen, dass dies in den nächsten zwei oder drei Jahren passiere, sagte Duda.

    Bulgariens Präsident Rumen Radew warnte, dass die hohen Energiepreise in Europa die Wettbewerbsfähigkeit des Kontinents beeinträchtigen könnten. In China und in den USA seien die Gaspreise mitunter um ein Vielfaches günstiger.

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und US-Außenminister Antony Blinken sendeten eine Videobotschaft an das Forum. Blinken kündigte an, den Investitionsfonds der Drei-Meere-Initiative zu unterstützen. Die U.S. International Development Finance Corporation (DFC), eine US-Behörde aus der Entwicklungszusammenarbeit, gab bekannt, bis zu 300 Millionen US-Dollar für den Fonds bereitzustellen. Das Geld soll vor allem dafür eingesetzt werden, Energiesicherheit in der Region herzustellen, erklärte DFC-Chef Scott Nathan während der Konferenz.  

    Im Laufe des Gipfels wurde die erste Investition des Drei-Meere-Fonds angekündigt. So erwirbt der Investitionsfond einen Minderheitsanteil an einem Hafenterminal in Burgas an der bulgarischen Schwarzmeerküste. Mit den Investitionen soll der Hafen modernisiert werden, damit neue Formen von Cargo über ihn abgewickelt werden können.  

    Von Lukas Latz | Berlin

  • Infrastruktur zwischen Ostsee, Adria und Schwarzem Meer

    Zwölf Staaten in Mittel- und Osteuropa wollen die länderübergreifende Infrastruktur in den Bereichen Verkehr, Energieversorgung und digitale Kommunikation verbessern. (Stand: 19. August 2021)

    Die Drei-Meere-Initiative (Three Seas Initiative; 3SI) ist ein informeller Zusammenschluss von Ländern in Ostmittel- und Südosteuropa, die alle auch Mitglieder der Europäischen Union (EU) sind. Zusammen arbeiten sie daran, Infrastrukturvorhaben voranzubringen und politisch zu flankieren.

    An dem losen Format zur zwischenstaatlichen Kooperation auf Regierungsebene beteiligen sich Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Österreich, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn. Sie versprechen sich von der Initiative wichtige Impulse für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung ihrer Region. Besonderes Augenmerk gilt dabei Verkehrswegen und Energieleitungen zwischen Norden und Süden.

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    Die USA sowie Deutschland haben die Rolle von Partnerländern inne. Während die USA aber finanziell am Investitionsfonds der 3SI beteiligt sind, beschränkt sich Deutschlands Mitwirken bisher auf die Teilnahme an 3SI-Gipfeln als Beobachter. Auch Spitzenvertreter von EU-Institutionen nahmen so an den Treffen der 3SI teil. Den Mitgliedsländern zufolge soll die 3SI keinesfalls in Konkurrenz zur EU treten, sondern lediglich die Förderinstrumente und Koordinierungsmechanismen der EU im Bereich Infrastruktur punktuell ergänzen. Gleichwohl sehen einige Beteiligte in der 3SI auch ein Forum, um die transatlantischen Beziehungen zu den USA zu intensivieren.

    Jährliche Gipfeltreffen und ein Business Forum

    Entstanden ist die Initiative auf maßgebliches Betreiben Polens und Kroatiens. Seit 2016 gibt es jährliche Gipfeltreffen, an denen Staatspräsidenten oder hochrangige Vertreter der Außen- und Wirtschaftsministerien teilnehmen. Der erste 3SI-Gipfel fand im August 2016 im kroatischen Dubrovnik statt. Im Jahresabstand folgten Gipfel in Polen, Rumänien und Slowenien. Zuletzt wurde ein 3SI-Gipfel im Oktober 2020 durch Estland von Tallinn aus organisiert, pandemiebedingt als digitales Format. Das nächste Gipfeltreffen wird im Juni 2021 in Bulgariens Hauptstadt Sofia ausgetragen.

    Seit 2018 findet parallel zu den Gipfeltreffen ein 3SI Business Forum zur Kontaktpflege zwischen Politik und Wirtschaft statt. Es dient dem Austausch zwischen Unternehmen, relevanten Planungsbehörden und Akteuren wie internationalen Entwicklungsbanken und soll Geschäfts- und Investitionsmöglichkeiten aufzeigen. Ferner vernetzen sich im Rahmen der Initiative die Handelskammern der beteiligten Länder.

    Außer über ein technisches Sekretariat verfügt die 3SI bislang über keinen institutionellen Unterbau, auch wenn einzelne Länder wie Ungarn die Einrichtung eines ständigen Generalsekretariats angeregt haben. Weiter im Gespräch bleibt auch die Schaffung ständiger Arbeitsgruppen. Letztere könnten helfen, grenzüberschreitende Projekte besser zu koordinieren.

    Mittelosteuropa im Aufholprozess

    Mit Ausnahme Österreichs handelt es sich bei den Mitgliedern der 3SI um Länder im wirtschaftlichen Aufholprozess. Das durchschnittliche Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf in der 3SI-Region liegt bei etwa 78 Prozent des EU-Durchschnitts. Zugleich wuchs die Wirtschaft bei der Mehrheit der 3SI-Länder in den vergangenen Jahren bis zur Coronakrise wesentlich dynamischer als in den anderen EU-Staaten. Die Region ist mittlerweile eng eingebunden in die Wertschöpfungsketten Westeuropas und insbesondere Deutschlands. So steht der Ausbau der Infrastruktur in der Region mit der wirtschaftlichen Dynamik in vielfältigen Wechselwirkungen.

    Viele Investitionen flossen bisher primär in Transportrouten, die von Ost nach West verlaufen und Mittelosteuropa insbesondere seit der EU-Osterweiterung mit den wirtschaftlichen Zentren Westeuropas verbinden. Grenzüberschreitende Fernstraßen und Bahntrassen zwischen Norden und Süden, die die 3SI-Länder untereinander besser integrieren würden, standen dagegen eher zurück. Die mehrheitlich aus Osten in die 3SI-Region führenden Trassen zur Energieversorgung sind ein Relikt aus den Zeiten des sowjetisch dominierten Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe. Die 3SI soll nun den politischen Willen der beteiligten Länder bündeln, mehr Nord-Süd-Verbindungen zu schaffen.

    Hoher Bedarf für Nord-Süd-Achsen

    Das polnische Zentrum für wirtschaftliche Analysen SpotData beziffert den Investitionsbedarf der 3SI-Länder bis zum Jahr 2030 für Infrastruktur im weitesten Sinne (inklusive Bildung, Gesundheit, öffentliche Daseinsvorsorge) auf rund 1,1 Billionen Euro. Speziell für Verkehrswege, Energie- und Telekommunikationsnetze sowie deren Ausrüstung mit digitaler Technik veranschlagen die Analysten einen Bedarf in Höhe von 530 Milliarden Euro. Über die Hälfte dieses Volumens (270 Milliarden Euro) sei für Verkehrswege, Energietrassen und Telekommunikationsausrüstung von grenzüberschreitender Relevanz nötig.

    EU-Gelder für Infrastrukturbau unverzichtbar

    Mittel aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIF) sowie Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB) sind für die 3SI-Länder von zentraler Bedeutung. Viele laufende Infrastrukturprojekte in der Region werden aus EU-Instrumenten kofinanziert. Dazu gehören auch zahlreiche Vorhaben, die als 3SI-Prioritäten deklariert sind.

    In der Förderperiode 2014-2020 haben die 3SI-Länder laut Daten der Europäischen Kommission aus europäischen Fördertöpfen etwa 47 Milliarden Euro allein für Netzwerkinfrastruktur im Bereich Transport und Energie erhalten. Speziell der Kohäsionsfonds unterstützt dabei Verkehrsinfrastruktur mit europäischem Mehrwert, unter anderem im Rahmen der Connecting Europe Facility (CEF). Weitere Schwerpunkte der CEF sind Energie und Telekommunikation.

    Die Bedeutung europäischer Fördergelder für die Infrastrukturvorhaben in der 3SI-Region wird kaum nachlassen. Im mehrjährigen Finanzrahmen der EU für 2021 bis 2027 sind laut vorläufiger Mittelzuordnung aus dem Kohäsionsfonds für die 3SI-Länder zusammengerechnet 34,6 Milliarden Euro vorgesehen (Preise von 2018). Von diesen Kohäsionsmitteln sollen 8,2 Milliarden Euro im Rahmen der CEF übertragen werden.

    Von Fabian Möpert | Berlin

  • Projektliste nennt prioritäre Vorhaben der Drei-Meere-Initiative

    Von Autobahnen und Schienenwegen über Gaspipelines bis hin zu Glasfaserkabel und Datenzentren: Die Wunschliste der zwölf Länder zwischen den drei Meeren ist lang. (Stand: 19. August 2021)

    Im Rahmen der Drei-Meere-Initiative (3SI) existiert eine Projektliste mit prioritären multi- und bilateralen Vorhaben. Sie umfasst bis dato 77 Konnektivitätsprojekte von strategischer Bedeutung aus den Bereichen Verkehr, Energie und Digitales. Diese Auflistung war ein zentrales Ergebnis des dritten 3SI-Gipfeltreffens im September 2018 im rumänischen Bukarest. Gestartet mit zunächst 49 Projekten, kamen seither weitere 28 hinzu.

    Einen Überblick über den Status der einzelnen Vorhaben bietet ein interaktiver Fortschrittsbericht. Das Gesamtvolumen aller gelisteten Projekte beläuft sich gegenwärtig auf 85,5 Milliarden Euro. Dem Bericht zufolge gibt es allerdings im Durchschnitt erst für 12 Prozent dieser Summe eine entsprechende Gegenfinanzierung. Für 14 Projekte ist ein nennenswerter Fortschritt ausgewiesen, für sieben weitere Projekte sind erste Aktivitäten zur Umsetzung zu verzeichnen. Drei Projekte gelten der Datenbank zufolge als abgeschlossen. Kroatien und Ungarn haben mit je 17 Projekten die meisten Vorschläge eingereicht, gefolgt von Polen mit zehn Vorhaben.

    Viele von diesen Plänen wurden von den jeweiligen Ländern schon vor dem Entstehen der Initiative bilateral verfolgt. Die Initiative könnte in gewisser Hinsicht also auch als eine Art Marketinginstrument verstanden werden, das der Region und den beabsichtigten Vorhaben international mehr Sichtbarkeit verschaffen und potenzielle Projektpartner anlocken soll.

    Neue Verkehrsachsen von der Ostsee bis ans Mittelmeer

    Zu den bedeutendsten Vorhaben, die das 3SI-Etikett erhalten haben, gehören internationale Transportwege wie die Bahntrasse Rail Baltica oder die Autobahnverbindung Via Carpatia. Die Via Carpatia ist ein Netz von Schnellstraßen, das einen Korridor zwischen der litauischen Hafenstadt Klaipėda und Thessaloniki in Griechenland beziehungsweise Constanța an der rumänischen Schwarzmeerküste bilden soll. Darüber hinaus finden sich zahlreiche weitere Verkehrsprojekte, die meist im Zusammenhang mit dem Ausbau der von der Europäischen Union (EU) definierten Kernkorridore des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-T) stehen.

    TEN-T bildet den Orientierungs- und Förderrahmen für Transportrouten zwischen den Mitgliedstaaten und zunehmend auch mit Anrainerstaaten. Derzeit verlaufen fünf von neun TEN-Korridoren durch die 3SI-Region. Die 3SI-Länder machen sich bei der EU dafür stark, auch die Via Carpatia als wichtige Nord-Süd-Achse in die TEN-T-Liste aufzunehmen.

    Diversifizierung der Energiequellen wichtiges Anliegen

    Im Bereich Energie sind die Terminals für Flüssigerdgas (LNG) an der kroatischen Adria (Insel Krk) sowie an der polnischen Ostsee (Świnoujście, Gdańsk) zu erwähnen. In Kombination mit anderen Großprojekten wie der Erdgasleitung Baltic Pipe, dem Bau von Verbindungsleitungen nach Litauen, in die Slowakei (sowie Ukraine) und anderen Maßnahmen sollen Nord-Süd-Korridore für Erdgaslieferungen entstehen. Auch die BRUA-Pipeline, eine Erdgasleitung zwischen Bulgarien, Rumänien, Ungarn und Österreich fand Aufnahme in die 3SI-Liste.

    Im Kern zielen diese Bestrebungen darauf ab, die Energiemärkte der beteiligten Länder stärker zu integrieren und insbesondere die Möglichkeiten für den Bezug von Erdgas zu diversifizieren. So soll die Region unabhängiger werden von Erdgaslieferungen aus Russland. Vor allem die USA empfehlen sich den 3SI-Ländern dabei als alternativer Lieferant von verflüssigtem Erdgas.

    Estland stärkt die digitale Agenda

    Im Digitalbereich handelt es sich bei den gelisteten Projekten vor allem um Pläne zum Ausbau von Glasfasernetzen, 5G-Mobilfunk und leistungsfähigen Rechenzentren in Mittel- und Osteuropa. Auf dem letzten 3SI-Gipfel im Herbst 2020 in Tallinn machte sich Gastgeber Estland dafür stark, digitale Infrastruktur mehr in den Fokus zu rücken. Dazu zählen insbesondere Aspekte von Smart Connectivity, also die Verknüpfung von Energie- oder Verkehrsinfrastruktur mit digitalen Plattformen und Diensten. Vorhaben aus den Bereichen Transportinfrastruktur und Energie machen zusammen über 80 Prozent der Liste aus.

    Bulgarien, das im Juni 2021 den nächsten 3SI-Gipfel in Sofia ausrichten wird, will neben den Sektoren Transportwege und Energie(sicherheit) zusätzlich auch „weichere“ Themen auf die Agenda der Initiative bringen. Konkret geht es um die verstärkte Zusammenarbeit auf den Gebieten Bildung, Wissenschaft, Forschung und Innovation.

    Von Fabian Möpert | Berlin

  • Drei-Meere-Fonds soll privates Kapital mobilisieren

    Um zur Finanzierung der ambitionierten Ziele der Drei-Meere-Initiative (3SI) beizutragen, haben die beteiligten Länder 2019 einen eigenen Investitionsfonds (3SIIF) eingerichtet. (Stand: 19. August 2021)

    Das Finanzierungsinstrument in Gestalt eines Investitionsfonds ist bislang das greifbarste Ergebnis der 3SI. Der Fonds soll privates Kapital für Infrastrukturvorhaben in der 3SI-Region anziehen. Auf diese Art könnte er perspektivisch die finanziellen Eigenanstrengungen der beteiligten Staaten beim Infrastrukturbau sowie die ihnen aus Fördertöpfen der Europäischen Union (EU) zufließenden Finanzmittel punktuell ergänzen.

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    Polen leistet Anschubfinanzierung

    Initiiert wurde der 3SIIF von der polnischen Entwicklungsbank Bank Gospadarstwa Krajowego (BGK) und der rumänischen Exportförderbank EximBank România. Die polnische BGK ist auch die größte Teilhaberin des Fonds. Im Herbst 2020 stockte sie ihre anfängliche Einlage von 500 Millionen Euro um weitere 250 Millionen Euro auf. Mittlerweile sind staatliche Entwicklungsinstitutionen aus sieben weiteren Ländern der 3SI hinzugekommen.

    Somit wächst zwar die finanzielle Grundausstattung des 3SIIF kontinuierlich. Die im Vergleich zur polnischen Einlage deutlich geringeren Volumina der anderen Länder sind aber nicht allein deren geringerer Größe geschuldet: Sie werfen ein Schlaglicht auf die unterschiedliche Priorisierung der Initiative und des Fonds seitens der einzelnen Staaten.

    Tschechien, die Slowakei und Österreich sind gegenwärtig noch dabei, eine finanzielle Beteiligung am Fonds abzuwägen. Im Gespräch sind auch mögliche Beteiligungen der Europäischen Investitionsbank (EIB) und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD). Grundsätzlich denkbar ist auch ein Einstieg der deutschen Förderbank KfW.

    Finanzierungskapazität von 100 Milliarden Euro angestrebt

    Quasi als Anreiz für die 3SI-Länder, ihre Einlagen zu steigern, hatten die USA (noch unter der damaligen Trump-Administration) im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2020 ihre Bereitschaft signalisiert, dem 3SIIF bis zu 1 Milliarde US-Dollar (US$) zur Verfügung zu stellen. Allerdings solle der US-Anteil dabei fortwährend bei 30 Prozent jener Summe liegen, die die 3SI-Länder zusammen aufbringen. Im Dezember 2020 gab die U.S. International Development Finance Corporation (DFC) bekannt, vorerst 300 Millionen US$ (etwa 262,7 Millionen Euro) zum 3SIIF beizusteuern. Diese Mittel sind für Energieinfrastruktur reserviert.

    Am 3SIIF beteiligte Enwicklungsbanken

    Institution

    Land

    Einlagen in Mio. Euro

    Bank Gospadarstwa Krajowego (BGK)

    Polen

    750

    EximBank România

    Rumänien

    20

    Lithuania’s Public Investment Development Agency (VIPA)

    Litauen

    20

    Croatian Bank for Reconstruction and Development (HBOR)

    Kroatien

    20

    Bulgarian Development Bank (BDB)

    Bulgarien

    20

    SID Bank

    Slowenien

    23

    Hungarian Export-Import Bank (Eximbank)

    Ungarn

    20

    Finanzministerium Estlands

    Estland

    20

    ALTUM (Lettlands staatliche Entwicklungsagentur)

    Lettland

    20

    U.S. International Development Finance Corporation (DFC)

    USA

    300 Mio. US$ (ca. 262,7 Mio. Euro)

    Quelle: Three Seas Initiative Investment Fund; Pressemeldungen

    Das Finanzvolumen des Fonds beläuft sich damit bislang auf insgesamt etwa 1,2 Milliarden Euro. Anvisiert ist laut Presseerklärungen der Beteiligten indes eine finanzielle Gesamtausstattung des 3SIIF von bis zu 5 Milliarden Euro. Perspektivisch soll sich der 3SIIF an Projekten mit einem Gesamtwert von bis zu 100 Milliarden Euro beteiligen können.

    Wichtiger als das tatsächliche Volumen des Fonds dürfte die Tatsache sein, dass die 3SI-Länder durch den Fonds politischen Willen signalisieren, grenzüberschreitende Projekte voranzutreiben und vor allem deren zwischenstaatliche Koordinierung und Abstimmung zu verbessern. Eine Rolle spielen zudem Marketingaspekte, denn der Fonds verschafft relevanten Investitionsvorhaben international mehr Sichtbarkeit.

    Es bleibt abzuwarten, wie erfolgreich es dem Fonds gelingt, privatwirtschaftliche Anleger zu gewinnen. Adressaten, um privates Beteiligungskapital einzuwerben, sind institutionelle Anleger wie Pensionskassen, Versicherungen und natürlich private Beteiligungsgesellschaften.

    Operatives Geschäft bereits gestartet

    Verantwortlich für Auswahl, Bewertung und Umsetzung von Beteiligungsvorhaben des Fonds ist das Beratungsunternehmen Amber Infrastructure Group, das den Fonds in diesem Zusammenhang berät. Es soll außerdem auch das angestrebte private Beteiligungskapital einwerben. Amber Infrastructure ist selbst der erste private Kapitalgeber.

    Der 3SIIF ist in Luxemburg registriert und wird durch die Fuchs Asset Management verwaltet. Der Aufsichtsrat des 3SIIF besteht aus Vertretern der am Fonds beteiligten Entwicklungsbanken. Die Auswahl geeigneter Investitionsvorhaben soll nach eigenem Bekunden streng nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen und frei von politischer Einflussnahme erfolgen. Entscheidendes Auswahlkriterium sei allein die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Projekte. Als Zielwert für die notwendige durchschnittliche mittlere Jahresrendite (Internal Rate of Return; IRR) der Beteiligungsprojekte nennt Amber 12 bis 15 Prozent.

    Bei der Vorstellung des 3SIIF im Rahmen des 3SI-Gipfels in Tallinn sagte der CEO von Amber, Gavin Tait, man arbeite an der Erstellung einer Projekt-Pipeline für entsprechende Beteiligungen. Inzwischen hat der 3SIIF bereits erste Investitionen getätigt. Dabei handelt es sich zum einen um den Erwerb einer hundertprozentigen Beteiligung an Cargounit, Polens größter Leasinggesellschaft für Schienenfahrzeuge. Ein zweites Investment galt einer Mehrheitsbeteiligung am Unternehmen Greenergy Data Centers OÜ, einer estnischen Plattform für Rechenzentren.

    Von Fabian Möpert | Berlin

  • Infrastrukturoffensive mit außenpolitischer Dimension

    Die Drei-Meere-Initiative (3SI) soll ihrem Selbstverständnis nach vor allem Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung geben. Dennoch ist sie kein rein ökonomisches Projekt. (Stand: 19. August 2021)

    Mit dem Ausbau grenzüberschreitender Infrastruktur wollen die beteiligten Länder ihre Volkswirtschaften stärker vernetzen, Rahmenbedingungen für den Handel untereinander verbessern und den europäischen Binnenmarkt vervollständigen. So die Erklärungen bisheriger 3SI-Gipfel. Besonders beim Blick auf Energieprojekte treten aber auch politische Dimensionen der Initiative zutage. Nicht nur bei Energiethemen sind die außen-, handels- und sicherheitspolitischen Interessen der Beteiligten aber durchaus unterschiedlich. Das verengt den Handlungsspielraum, als Initiative gemeinsame Positionen zu vertreten.

    Polen ist der Motor der Initiative

    Initiator und in gewisser Weise Wortführer der 3SI ist Polens nationalkonservative Regierung. Sie sieht in der 3SI ein Format um die transatlantischen Beziehungen zu den USA zu stärken. Im Energiesektor verfolgt Polen schon länger das strategische Ziel, seine Energiebezüge zu diversifizieren, um unabhängiger von Erdgaslieferungen aus Russland zu sein. Das Land baut deshalb Kapazitäten für den Bezug von Flüssigerdgas (LNG) aus. In ähnlicher Weise gilt dies auch für Mitinitiator Kroatien sowie für die baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen. Die USA unterstützen diese Bemühungen. Sie sehen in Mittel- und Osteuropa einen Absatzmarkt für ihr LNG.

    In anderen 3SI-Ländern teilen wichtige Akteure das polnische Misstrauen gegenüber Russland nicht unbedingt. Ungarns Premier Viktor Orbán oder Tschechiens Staatspräsident Miloš Zeman etwa pflegen einen konzilianten Umgang mit Moskau. Tschechiens Mitwirken in der 3SI bewegt sich zwischen Zurückhaltung und Pragmatismus. Politische Ambitionen der 3SI stoßen in Prag auf Vorbehalte.

    Pragmatisch ist Tschechiens Politik bei Gelegenheiten, sich an nützlichen grenzüberschreitenden Projekten zu beteiligen. Dazu könnten Hochgeschwindigkeitsbahnkorridore gehören. Tschechiens bislang einziger Projektvorschlag im Rahmen der Initiative betrifft aber den Donau-Oder-Elbe-Kanal, ein Projekt, dessen Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Nutzen umstritten ist, zu dessen Fürsprechern aber Staatspräsident Zeman zählt.

    USA, EU und Deutschland sind Partner der Initiative

    Für das US-amerikanische Engagement in der Region spielen auch geostrategische Motive eine Rolle. Das äußert sich im Energiesektor, wo die USA die 3SI-Länder darin bestärken, Erdgasbezüge zu diversifizieren. Im Digitalbereich nutzt Washington das Format, um chinesischer Einflussnahme vorzubauen. Außenpolitikexperten wie Kai-Olaf Lang von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) gehen aber davon aus, dass die Biden-Administration im Unterschied zur Vorgängerregierung in der 3SI kein Vehikel sieht, um EU-Staaten auseinanderzudividieren.

    Spitzenvertreter der EU sind seit 2018 regelmäßig bei den 3SI-Treffen zu Gast. Am Gipfel in Bukarest 2018 nahm der damalige Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, teil. Zuletzt war die EU 2020 durch Kommissionsvizepräsidentin Margrethe Vestager vertreten. In Brüssel bemüht man sich dabei, die enormen Summen, die aus EU-Programmen für den Ausbau der Infrastruktur in die 3SI-Länder fließen, öffentlichkeitswirksam ins Bewusstsein zu rufen.

    Deutschland unterstützt die Initiative ebenfalls seit 2018 als Partnerland. Zu den Treffen 2018 in Bukarest und 2019 in Ljubljana reisten Außenminister Heiko Maas und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Maas warb für den Einbezug deutscher Firmen in die Infrastrukturprojekte der Region. Eine Mehrheit der 3SI-Länder begrüßt das deutsche Engagement in der Initiative ausdrücklich. Deutschlands Ansinnen einer formalen Vollmitgliedschaft wird allerdings seitens der Initiative derzeit nicht diskutiert.

    Gegenüber China wächst die Skepsis

    Die geografische Lage macht die 3SI-Länder zur potenziellen Transitzone zwischen China und Westeuropa, besonders im Kontext der neuen Seidenstraße. Beim Zugverkehr zwischen China und Europa spielt zum Beispiel das Umschlagsterminal Małaszewicze an Polens Grenze zu Belarus eine wichtige Rolle. Ungarn arbeitet seinerseits aktiv daran, sich mit Chinas Unterstützung als Drehkreuz im Gütertransport per Bahn und Luftfracht nach Europa zu positionieren.

    Prinzipiell hat China ein Interesse an der Entwicklung der Transportwege in der Drei-Meere-Region. Schon seit 2012 unterhält die Volksrepublik mit dem 17+1-Gipfel ein eigenes Dialogformat mit den Ländern Mittelost- und Südosteuropas, bei dem es auch um regionale Konnektivität geht. Anders als in den Nicht-EU-Ländern auf dem Westbalkan ist Chinas tatsächliches Engagement in der Mehrheit der 3SI-Länder bei Verkehrsinfrastruktur aber nicht sonderlich ausgeprägt. Und auch die chinesischen Direktinvestitionen in den 3SI-Ländern bleiben weit hinter denen in Westeuropa zurück.

    Zu den wenigen Ausnahmen bei Baukontrakten gehört die Bahnstrecke Budapest–Belgrad. Den zweigleisigen Ausbau der ungarischen Teilstrecke realisiert ein ungarisch-chinesisches Konsortium. Das Vorhaben wird überwiegend durch Kredite der Eximbank of China finanziert. Ungarn gehört zu den 3SI-Ländern mit den intensivsten Beziehungen zu China. Dies zeigt sich auch im Telekommunikationssektor: Der ungarischen Regierung sind chinesische Firmen willkommene Partner beim 5G-Netzaufbau.

    Immer mehr mittel- und osteuropäische EU-Länder gehen aber auf Distanz zu China. Der Grund liegt nicht allein in der zunehmenden Enttäuschung, dass trotz verschiedentlicher Versprechungen chinesische Investitionen größeren Umfangs in der Region ausgeblieben sind. Bei einem Teil der 3SI-Länder wachsen auch Sicherheitsbedenken, konkret beim Einsatz chinesischer Telekommunikationstechnologie. So wollen Polen und Rumänien den Huawei-Konzern vom Ausbau der Mobilfunknetze auf 5G-Standard ausschließen. Viele 3SI-Länder unterstützen daher auch die US-amerikanische Initiative Clean Network, deren Teilnehmer sich zum Ausschluss chinesischer Zulieferer beim 5G-Ausbau verpflichten, oder das Blue Dot Network, den vage skizzierten amerikanischen Gegenentwurf zu Chinas Seidenstraßeninitiative.

    Von Fabian Möpert | Berlin

  • Kontaktadressen

    Institution

    Anmerkungen

    Three Seas Initiative

    Internetauftritt der Initiative, u.a. mit Informationen zum 3SI Business Forum

    Three Seas Initiative Investment Fund

    Investitionsfonds der Drei-Meere-Initiative

    Amber Infrastructure Group

    Investment Advisor der Drei-Meere-Initiative

    Bank Gospadarstwa Krajowego

    Polens Nationale Entwicklungsbank

    EximBank România

    Export-Import-Bank Rumäniens

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