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Rumänien baut neue Autobahnen und modernisiert das Schienennetz
In Rumänien locken Großprojekte auch europäische Baufirmen an. EU-Fördermittel stehen bereit. Es gibt viel zu tun, um den Verkehr auf Straße und Schiene zu verbessern.
30.04.2025
Von Dominik Vorhölter | Bukarest
In den kommenden fünf Jahren will die rumänische Regierung große Infrastrukturprojekte im Wert von mindestens 43,2 Milliarden Euro umsetzen. Der Bau neuer Autobahnen, Schnellstraßen und Umgehungsstraßen hat Priorität. Das Verkehrsministerium plant bis spätestens 2033 Projekte im Wert von 25,6 Milliarden Euro umzusetzen. Damit wird das Autobahn- und Schnellstraßennetz des Landes auf 1.280 Kilometer anwachsen.
Zusätzlich erneuert das Verkehrsministerium die Infrastruktur der Eisenbahn, wofür in den kommenden Jahren rund 17,6 Milliarden Euro investiert werden wollen. Die EU stellt Rumänien rund 40 Prozent dieser Mittel – etwa 7,3 Milliarden Euro – im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität bis 2027 bereit. Hinzu kommen Haushaltsmittel.
Große Infrastrukturprojekte ziehen europäische Akteure an
Deutsche Unternehmen sind besonders bei Projekten für den Schienenverkehr aktiv. Dazu zählen etwa die Gleisbausparte der Wiebe Holding, Knorr-Bremse, DB Cargo Romania und Zollner Electronic. Im Straßenbau bestehen dagegen noch Chancen, Projekte umzusetzen. Marktkenner bewerten die aktuellen Infrastrukturprojekte vor allem für europäische Unternehmen als vielversprechend.
"Rumänien ist ein wettbewerbsorientierter Markt. Der Umgang mit großen Projekten ist viel besser geworden als noch vor 20 Jahren",
stellt Mario Pröll, CEO von Porr Romania fest. Die Investitionsfreude der Regierung habe stark zugenommen, sagt er.
Tunnel, Viadukte, Brücken – Autostrada A1 nimmt Gestalt an
So schreitet aktuell der Ausbau der Autobahn A1 auf dem insgesamt 122 Kilometer langen Teilstück zwischen Sibiu und Pitești voran. Damit schließt Rumänien ein Bottleneck und bindet die östlich des Karpatenbogens gelegenen Regionen besser an den wirtschaftsstarken Westen an. Der Abschnitt Sibiu-Boița der Autostrada A1 kann bereits genutzt werden. An vier weiteren Abschnitten wird aktuell noch gebaut – voraussichtlich bis 2028. Ein sechster Abschnitt befindet sich in der Planungsphase. Er soll die Nationalstraße DN73 mit der A1 bei Tigveni verbinden. Erste Ausschreibungen für diesen dürften noch vor Ende 2025 starten.
neue Autobahn-Abschnitte plant das rumänische Verkehrsministerium bis Ende 2025 zu eröffnen.
Einen der neuen Abschnitte der A1 errichtet das österreichische Unternehmen PORR. Es baut auf der zehn Kilometer langen Strecke zwischen Tigveni und Curtea de Argeș zwölf Brücken und Viadukte. Als besondere Herausforderung gilt zudem ein Tunnel mit Doppelröhre, den PORR dort noch im Frühjahr 2025 fertigstellen will. Der gesamte Abschnitt soll voraussichtlich Ende 2026 befahrbar sein.
Im weiteren Verlauf der A1 sind Baufirmen aus der Türkei, Italien und Rumänien tätig. So errichtet ein türkisches Konsortium aus den Unternehmen Mapa Grup und Cengiz İnşaat den rund 31 Kilometer langen Abschnitt zwischen Boița und Cornetu. Der Abschnitt zwischen Cornetu und Tigveni mit einem weiteren Tunnel liegt in der Verantwortung der italienischen Webuild.
Brücke schafft neue Verbindung zur Republik Moldau
Wichtig ist außerdem die grenzüberschreitende Autostrada A8, die in Rumänien die Städte Târgu Mureș, Târgu Neamț und Iași miteinander verbindet und weiter nach Ungheni in der benachbarten Republik Moldau führen soll. Darunter fällt auch der Bau einer neuen Brücke über den Fluss Pruth an der rumänisch-moldauischen Grenze, der noch im Frühjahr 2025 starten soll. Den Auftrag vergab die Nationalen Straßenbaugesellschaft CNAIR (Compania Naţională de Administrare a Infrastructurii Rutiere) im Herbst 2024 an das rumänische Unternehmen Ness Proiekt Europe. Die Brücke über den Grenzfluss kann laut Informationen von CNAIR voraussichtlich ab etwa 2030 genutzt werden. Sie fördert die weitere Integration der Republik Moldau in den europäischen Binnenmarkt.
Hinzu kommt die verbesserte Anbindung zwischen dem Großraum der Hauptstadt Bukarest mit der ostrumänischen Region Moldau. Ausschreibungen für die Fertigstellung der zwei letzten Abschnitte liefen Ende April 2025 noch. Außerdem hat das Verkehrsministerium Tender für mehrere Streckenabschnitte der Karpatenautobahn, der Autostrada A13, angekündigt. Sie führt von Sibiu über Brașov nach Bacău und soll Siebenbürgen mit der rumänischen Region Moldau verbinden. Aktuell bauen die türkischen Auftragnehmer MAKYOL und Yapı Merkezicani das insgesamt 68 Kilometer lange Teilstück zwischen Sibiu und Făgăraș. Die ersten vier Abschnitte der A13 könnten 2027 in Dienst gestellt werden.
Eisenbahn: Ministerium will Gleise erneuern und neue Tunnel bauen
Zu den Investitionsschwerpunkten im Sektor Schienenverkehr zählt das zuständige Ministerium die Sanierung von Gleiswegen mit einer Länge von rund 1.000 Kilometern. Diese Arbeiten betreffen die Schienenstränge, Schwellen, Weichen und Kreuzungen. Ziel ist es, die bei Zugfahrten möglichen Geschwindigkeiten zu erhöhen und den Zugang der Industrie zum Gütertransport zu erleichtern. Folgende Strecken haben dabei Vorrang: 1) von Craiova über Drobeta Turnu Severin nach Caransebeș sowie 2) zwischen Predeal und Brașov. Die Eisenbahnstrecke von Craiova bis Caransebeș ist insbesondere wichtig für den Autohersteller Ford Otosan, der seinen Sitz in Craiova hat. Einzelne Teilabschnitte dieser Strecke plant das Verkehrsministerium in naher Zukunft auszuschreiben. Das Investitionsvolumen beläuft sich auf 1,7 Milliarden Euro.
Die Bahnstrecke von Predeal nach Brașov ist wie die Autostrada A1 eine strategisch wichtige Strecke im Rahmen des paneuropäischen Verkehrskorridors IV. Die geplanten Ausschreibungen des Verkehrsministeriums sehen unter anderem den Bau eines Tunnels vor. Hinzu kommt die Ausstattung der Gleisanlagen mit dem europäischen Zugbeeinflussungssystem ETCS, das erst die vorgesehene Höchstgeschwindigkeit von 160 Kilometern pro Stunde ermöglicht.
Personenzüge fahren derzeit innerhalb Rumäniens mit einer maximalen Geschwindigkeit von 45 Kilometern pro Stunde. Güterzüge sind sogar mit durchschnittlich nur 16 Kilometern pro Stunde noch langsamer unterwegs. Die einzige Strecke, auf der Züge schneller fahren können, ist die Trasse zwischen Bukarest und der Hafenstadt Constanța.