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Zollbericht EU Internationale Handelsabkommen
Das Handels- und Partnerschaftsabkommen sieht Zollfreiheit für Ursprungswaren vor. Nicht-tarifäre Handelshemmnisse kann das Abkommen nicht verhindern.
05.01.2021
Von Stefanie Eich
Großbritannien gehört ab 1. Januar 2021 nicht mehr zur EU-Zollunion und zum Binnenmarkt. Damit endet der freie Warenverkehr. Zwar konnten sich beide Seiten auf ein Abkommen verständigen, dennoch kommen auf Unternehmen zahlreiche Änderungen zu. Exporteure und Importeure müssen Zollförmlichkeiten beachten. Zollfreiheit gibt es nur für Waren, die die im Abkommen festgelegten Ursprungsregeln erfüllen. Für Nordirland gelten Sonderregeln.
Das Abkommen geht im Bereich Warenverkehr einerseits über bisherige EU-Freihandelsabkommen hinaus, indem komplette Zollfreiheit für alle Waren gewährt wird. In anderen Regelungsbereichen bleibt es aber hinter den Vorschriften aus anderen Abkommen zurück. Folglich wird es in vielen Bereichen nicht-tarifäre Handelshemmnisse geben, die durch die EU-Mitgliedschaft der Briten bisher nicht bestanden. So gibt es beispielsweise keine gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen. Auch ein Mechanismus zur Anerkennung der Gleichwertigkeit von gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen (SPS) fehlt im Abkommen.
Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem VK ist weitgehender als alle anderen Freihandelsabkommen, die die EU bisher geschlossen hat: Es sieht vollständige Zollfreiheit für alle Waren vor und schließt mengenmäßigen Beschränkungen aus (Artikel GOODS.5). Voraussetzung für die Zollfreiheit ist, dass die Ursprungsregeln eingehalten werden.
Die Einführung handelspolitischer Schutzmaßnahmen wie Antidumpingzölle, Antisubventionsmaßnahmen oder Strafzölle ist jedoch möglich.
Zollfreiheit gilt nur für Urprungserzeugnisse der Vertragspartner. Sie wird also nur dann gewährt, wenn Waren ihren Ursprung in der EU bzw. im Vereinigten Königreich haben.
Das ist der Fall, wenn Waren in der EU bzw. im VK gemäß Artikel ORIG.3
Hat eine Ware im Herstellungsprozess Ursprung erlangt, gilt die gesamte Ware als Ursprungserzeugnis, wenn sie als Vormaterial für die Herstellung eines anderen Produktes verwendet wird (Artikel ORIG.3, Absatz 2).
Die Details hierzu finden sich in Titel 1, Kapitel 2 des Abkommens sowie in Anhang ORIG-2.
Ausführliche Erläuterungen der Ursprungsregeln finden Sie hier:
Das Abkommen sieht bilaterale Kumulierung vor. Damit können Ursprungserzeugnisse des Vertragspartners, die für die Herstellung des Fertigproduktes im Zollgebiet der anderen Vertragspartei als Vormaterialien Verwendung finden, für den Ursprung des Fertigproduktes berücksichtigt werden, wenn das Fertigprodukt in das Gebiet des Vertragspartners exportiert wird.
Die Kumulierung erfolgt vollständig. Dies bedeutet, dass nicht nur Ursprungserzeugnisse des Vertragspartners, sondern jeder Produktionsschritt, auch wenn dieser och nicht den Ursprung des Vormaterials begründet, für die Ursprungsbestimmung des Fertigproduktes berücksichtigt wird. Folglich wird jede Wertschöpfung berücksichtigt, die in der EU-britischen Freihandelszone stattfindet.
Beide Regelungen gelten allerdings nur, sofern die Be- bzw. Verarbeitung über die sogenannte Minimalbehandlung gemäß Artikel ORIG.7 hinausgeht.
Präferenzursprungsnachweise werden im Rahmen eines Selbstzertifizierungssystems ausgestellt. Eine Warenverkehrsbescheinigung ist im Abkommen nicht vorgesehen. Exporteure bescheinigen den Warenursprung durch eine Erklärung zum Ursprung auf der Handelsrechnung, die dem vorgeschriebenen Wortlaut in Annex ORIG-4 entspricht. Alternativ kann die Erklärung auf einem anderen Handelspapier erstellt werden, sofern die Ware in diesem Dokument ausreichend detailliert beschrieben wird, um sie identifizieren zu können.
Die Erklärung zum Ursprung verlangt die Angabe einer Ausführer-Referenznummer. Hierbei handelt es sich um die REX-Nummer des Ausführers. Für Ausfuhren im Warenwert von weniger als 6000 Euro ist eine REX-Registrierung nicht notwendig.
Der Präferenznachweis ist für eine einzelne Lieferung oder mehrere Lieferungen in einem bestimmten Zeitraum gültig. Dieser Zeitraum ist auf zwölf Monate begrenzt.
Die Präferenzbehandlung kann gemäß Artikel ORIG-18 auch auf der Gewissheit des Importeurs basieren, dass das Produkt Präferenzursprung hat.
Zwischen Abschluss und vorläufigem Inkrafttreten des Abkommen liegen nur wenige Tage. Wirtschaftsbeteiligte haben daher nicht ausreichend Zeit, um sich auf die Anforderungen des Abkommens vorzubereiten. Unternehmen können die Möglichkeit nutzen, den Ursprung nachträglich nachzuweisen und einen Erstattungsantrag für etwaig gezahlte Zölle zu stellen.