Branchen | Finnland | Bauwirtschaft
Branchenstruktur
Finnlands Baubranche ist ein starker Wirtschaftszweig. Vor allem große Firmen dominieren das Branchenbild. Ausländische Arbeitskräfte sind nicht wegzudenken.
09.08.2023
Von Niklas Becker | Helsinki
Die Baubranche spielt in Finnland eine wichtige Rolle. Im Jahr 2022 steuerte sie nach Zahlen von Eurostat 7 Prozent zur heimischen Wertschöpfung bei. Im EU-Vergleich kamen nur Österreich (7,6 Prozent), Litauen und Slowenien (jeweils 7,1 Prozent) auf einen höheren Anteil. Rumänien verzeichnete ebenfalls einen Anteil von 7 Prozent.
Noch deutlicher wird die Bedeutung der finnischen Baubranche beim Blick auf die Beschäftigungszahlen. Im Jahr 2021 waren laut finnischem Statistikamt mit mehr als 154.000 Personen rund 11 Prozent aller Arbeitnehmer im Land in diesem Sektor beschäftigt. Die knapp 54.500 Betriebe der Branche erwirtschafteten 2021 einen Gesamtumsatz von 40,6 Milliarden Euro.
Großunternehmen prägen das Bild
Der Bausektor zählt 20 Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten, auf die 2021 mehr als ein Fünftel der Branchenumsätze entfiel. Aber auch dem Mittelstand kommt eine wichtige Bedeutung zu: Betriebe mit weniger als 250 Angestellten erwirtschafteten mehr als 70 Prozent des Gesamtumsatzes. Zudem beschäftigten sie 80 Prozent aller Branchenmitarbeiter.
Besonders sichtbar in der Bauausführung sind die Großunternehmen. Viele von ihnen sind nicht nur in Finnland, sondern auch in anderen Ländern aktiv. Mit Skanska, Peab und NCC sind auch große skandinavische Unternehmen im Land tätig.
Unternehmen | Sparte | Umsatz 2022 | Veränderung 2022/2021 | Mitarbeiter Jahresende 2022 |
---|---|---|---|---|
Hochbau und Tiefbau | 2.403 | -9,0 | 5.199 | |
Hochbau und Tiefbau | 918 | -18,0 | 2.104 | |
Hochbau und Tiefbau | 845 | -5,4 | 1.495 | |
Hochbau | 777 | -2,9 | 1.822 | |
Hochbau und Tiefbau | 770 | -17,4 | 874 | |
Tiefbau | 603 | 5,0 | 1.639 | |
Hochbau und Tiefbau | 515 | -14,2 | 1.150 | |
Tiefbau | 451 | 4,6 | 937 | |
Hochbau | 394 | 10,5 | 282 | |
Hochbau | 390 | 15,1 | 378 |
Zahl der Insolvenzen steigt deutlich
Finnlands Baubranche steht vor großen Herausforderungen. Die stark gestiegenen Materialpreise, der deutliche Zinsanstieg und der damit zusammenhängende massive Einbruch der Nachfrage haben die Bauunternehmen erheblich getroffen. Das macht sich auch in der Insolvenzstatistik bemerkbar. Laut Asiakastieto meldeten zwischen Januar und Mai 2023 etwa 350 Baufirmen Insolvenz an. Zwischen 2019 und 2022 lag die Zahl für den gleichen Zeitraum konstant bei 250 bis 260 Betrieben. Vor allem Wohnungsbauunternehmen haben Probleme.
Von der Pleitewelle sind bei weitem nicht nur Kleinstbetriebe betroffen. So enthält die Liste von Asiakastieto auch Baufirmen mit einem zweistelligen jährlichen Millionenumsatz. Stark gezeichnet von den Herausforderungen der finnischen Baubranche ist beispielsweise auch die Lehto Group. Das Unternehmen beschäftigte 2019 im Durchschnitt noch 1.500 Personen. Im Jahr 2022 waren es 860. Zum Jahresende 2022 sogar nur noch etwa 660. Aufgrund der schlechteren Aussichten in der finnischen Baubranche hat die Lehto Group in den vergangenen Jahren schrittweise immer wieder Mitarbeiter entlassen. Im Sommer 2023 führt sie laut eigener Aussage Gespräche über die eigenen Strukturen und Besitzverhältnisse.
Ohne ausländische Arbeitskräfte geht wenig
Der finnische Bausektor ist stark auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen. Sowohl für Fachkräfte als auch ungelernte Arbeitskräfte gibt es einen hohen Bedarf. Besonders groß ist der Anteil in der Hauptstadtregion. Dort kommt Schätzungen zufolge jeder dritte Angestellte des Bausektors aus dem Ausland. Im restlichen Teil des Landes fällt der Anteil deutlich geringer aus. Vor allem aus dem Nachbarland Estland kommen viele Arbeitskräfte auf finnische Baustellen. Darüber hinaus spielen auch Arbeitskräfte aus Polen, Lettland und Litauen eine große Rolle.