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Frankreichs Bahninfrastruktur unter Druck
Frankreichs Schienennetz steht vor einem Investitionsschub. Milliarden sind nötig, um veraltete Infrastruktur zu sanieren und zu modernisieren. Die Finanzierung ist aber unsicher.
28.08.2025
Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris
Frankreich will von 2026 bis 2031 jährlich 4,2 Milliarden Euro in seine Bahninfrastruktur investieren. Das sieht der Regierungsbericht Ambition France Transports – Financer l’avenir des mobilités 2025 vor. Die Sanierung und Modernisierung des Schienenfrachtverkehrs erfordert jährlich weitere 500 Millionen Euro.
Trotz dieses Investitionsstaus läuft der Personenschienenverkehr in Frankreich relativ rund. Das gut ausgebaute TGV-Schnellzugnetz bindet die großen städtischen Zentren untereinander an. Schnell- und Regionalzüge sind generell pünktlich, nicht zuletzt geschuldet einem System an Kopfbahnhöfen und einer geringeren Vernetzung der Strecken untereinander.
aller französischen Züge erreichten 2024 ihr Ziel pünktlich (Verspätung geringer als 5 Minuten).
SNCF Réseau muss sanieren und modernisieren
Das Durchschnittsalter der Schieneninfrastruktur liegt bei 25 Jahren. So gelten 21 Prozent der Oberleitungen, 39 Prozent der Tunnel und 30 Prozent der Schienenanlagen als überaltert und sanierungsbedürftig. Auch die Modernisierung von Trassen und der technischen Schieneninfrastruktur steht auf dem Arbeitsprogramm von SNCF Réseau, dem staatlichen Schienennetzbetreiber.
Die zentralisierte Stellwerk- und Netzsteuerung (CCR) muss ausgerollt werden. Bislang ist diese Technologie in Frankreich erst zu 18 Prozent umgesetzt. Zudem hinkt Frankreich ebenso wie Deutschland bei der Einführung des europäischen Zugsteuerungssystems ERTMS hinterher. Lediglich 3 Prozent des französischen Schienennetzes sind laut Eurostat mit dem dazugehörigen European Train Control System ETCS Level 2 ausgerüstet. Die Anpassung an ERTMS-Standards wird gerade auf vielbefahrenen Strecken wie der Strecke Paris-Lyon vorangetrieben.
Kategorie | Streckenlänge |
---|---|
Betriebene Strecken, davon: | 28.000 km |
Hochgeschwindigkeitsstrecken (Personenverkehr) | 2.700 km |
konventionelle Strecken (Personen- und Güterverkehr) | 15.000 km |
Feinerschließungsstrecken (Personen- und Güterverkehr) | 7.600 km |
Nebenstrecken (Güterverkehr) | 3.600 km |
Gesamtlänge der Gleise | 48.000 km |
Im Juli 2025 hat der französische Transportminister Philippe Tabarot erklärt, zur Finanzierung der Projekte Einnahmen aus der Autobahnmaut umzuschichten. Ob die Regierung diesen Ankündigungen auch Folge leisten kann, muss abgewartet werden. Frankreichs Staatshaushalt ist hoch verschuldet. Die Regierung steht unter massivem Sparzwang.
Kategorie | Anzahl |
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Ingenieurbauwerke insgesamt, davon: | 120.000 |
Eisenbahnbrücken | 28.000 |
Straßenbrücken | 10.000 |
Tunnel | 1.500 |
Bahnhöfe | 3.000 |
Bahnübergänge | 14.500 |
Stellwerke | 2.200 |
Oberleitungsmasten | 600.000 |
GSM-Antennen für Datenübertragung | 2.000 |
Mehr Züge für Frankreichs ländliche Regionen
Zudem plant SNCF Réseau einen umfassenden Ausbau des Schienennetzes. Aktuell steht die bessere Anbindung der Regionen an das Schnellzugnetz im Vordergrund. Große und mittlere Städte Frankreichs sowie touristische Zentren des Landes werden sehr regelmäßig angefahren. Ländliche Regionen aber sind nur schwach angebunden.
Zudem arbeitet der französische Schienennetzbetreiber an besseren internationalen Zugverbindungen. Der Hochgeschwindigkeitsbahnverbindung Lyon-Turin mit dem fast 60 Kilometer langen Mont-Cenis-Basistunnel wird die französisch-italienische Anbindung beschleunigen. Das Ausbauprojekt Montpellier-Perpignan soll in Zukunft eine Schnellzuganbindung Richtung Spanien sicherstellen.
Die ersten Ausbauprojekte geraten jedoch unter Druck – bedingt durch die angespannte Haushaltslage Frankreichs. So stehen Berichten der Wirtschaftszeitung Les Echos zufolge einige geplante Projekte auf der Kippe. Die Wirtschaftszeitung nennt zum Beispiel den Ausbau der Schnellzuganbindung Bordeaux-Toulouse und das Projekt Roissy-Picardie.
Projektbezeichnung | Projektumfang; Status | Projektträger | Investitionsvolumen |
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Grand Projet Ferroviaire du Sud-Ouest | Schnellzuganbindung Bordeaux-Toulouse-Dax; Baubeginn 2024; Inbetriebnahme des Abschnitts Bordeaux-Toulouse geplant 2032 | Société de Grand Projet Ferroviaire du Sud-Ouest | 10.300 |
Ligne Nouvelle Montpellier-Perpignan | Schnellzugstrecke (Personenverkehr); strategische Anbindung nach Spanien; Planungsphase; Baubeginn avisiert 2029, Inbetriebnahme 2034 | SNCF | 6.100 |
Ligne Nouvelle Provence Côte d'Azur | Ausbau und Modernisierung der Anbindung Marseille-Nizza; 1. Phase Inbetriebnahme geplant 2025; 2. Phase Baubeginn 2027-2028 | SNCF | 3.600 |
LGV+ Paris-Lyon | Modernisierung der Streckeninfrastruktur (Stellwerke, Signalisierung, ETMRS, Stromleitungen etc.); Baubeginn 2024 | SNCF | 820 |
Liaison ferroviaire Roissy-Picardie | Anbindung Picardie an den Flughafen und TGV-Bahnhof Charles-de-Gaulle (Roissy); Baubeginn 2024 | SNCF | 541 |
Elektrifizierung konventioneller Strecken schwierig und teuer
Auch die geplante Dekarbonisierung des Schienenverkehrs stellt SNCF Réseau vor Probleme. Bislang laufen etwa 15 Prozent des Personenschienenverkehrs im Dieselbetrieb auf Strecken, die noch nicht elektrifiziert sind. Eine Elektrifizierung des 13.500 Kilometer langen noch nicht elektrifizierten Schienennetzes aber ist zu teuer oder technisch nicht realisierbar.
Emissionsfreie Antriebe können eine Lösung darstellen. So arbeitet der Zugbauer Alstom sowohl in Deutschland, als auch in Frankreich daran, Wasserstoffzüge auf die Schiene zu bringen. Aber das Projekt stockt. Neben technischen Problemen auf Seiten Alstoms ist auch der benötigte Wasserstoff noch nicht zu wettbewerbsfähigen Preisen auf dem Markt verfügbar.
Erste Regionen Frankreichs fahren mehrgleisig, um die Dekarbonisierung des Schienenverkehrs voranzutreiben. So kofinanziert die Region Occitanie die Entwicklung von hybriden Zugmaschinen und experimentiert außerdem mit dem Einsatz dekarbonisierter Dieselkraftstoffe.
Deutsche Unternehmen liefern Speziallösungen und Bahntechnik
Bei Großprojekten im Schieneninfrastrukturbau ist wenig Raum für ausländische Unternehmen. Die französischen Baugrößen Vinci, Colas, ein Unternehmen der Bouygues-Gruppe, und Eiffage beherrschen den Markt. Deutsche Firmen beteiligen sich aber als Unterauftragnehmer oder liefern Spezialtechnologie. So hat Herrenknecht die Tunnelbohrmaschinen für das Eisenbahntunnelprojekt Lyon-Turin hergestellt.
Im Bereich Bahntechnik hingegen punkten deutsche Unternehmen als wichtige Technologielieferanten. So automatisiert Siemens Mobility die Zuglinien des Regionalverkehrsprojekts Grand Paris Express mit seinem CBTC-System (Communication-Bases Train Control). Vossloh hat sich 2024 mit dem Zukauf von France Aiguillages Services (FAS) im Bereich Signaltechnik verstärkt.
Unternehmen | Geschäftsfeld | Umsatz 2024 (Mio. Euro) |
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ALSTOM | Signaltechnik, Steuerungs- und Leitsysteme, Schienenfahrzeuge | 18.489 (konsolidiert) |
Thales | Signaltechnik, CBTC, urbane Systeme (z. B. Metro Paris, Lyon, Lille) | 2.576,6 (konsolidiert) |
Colas Rail | Gleise, Oberleitungen, Signaltechnik, Umspannwerke, Sicherheit, Tiefbau | 506,3 |
ETF | Gleisbau, Oberleitungen, Signaltechnik, Tiefbau | 500,5 |
Vossloh Switch Systems | Stellwerke, Schienenkomponenten | 247,4 |
Hitachi Rail | Signaltechnik und Rollmaterial | 232,8 |
Siemens Mobility France | Signaltechnik, Zugsicherung (z. B. CBTC), Metro-Projekte (z. B. Grand Paris Express) | 211,3 |
SFERIS | Gleisverlegung und -instandhaltung, Signaltechnik, Bahnsicherheit | 142,1 |
TSO / TSO Caténaires | Oberleitungen, Gleisbau, Tiefbau, Wartung, Straßenbahnsysteme | 88,5 |
Tipps zur Geschäftsanbahnung
Die wichtigste Fachmesse für Eisenbahntechnik in Frankreich ist die SIFER in Lille. Die Branchenschau findet alle zwei Jahre statt.
Zentrale Plattform für die elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge ist BOAMP (Bulletin officiel des annonces des marchés publics). Sie bietet Informationen zu staatlichen Ausschreibungen im Eisenbahnwesen.
Die französische Staatsbahn SNCF betreibt zudem eine eigenen Ausschreibungsseite für Arbeiten, Dienstleistungen und Einkauf.