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Gabun will Kraftwerke und Stromleitungen bauen
Schwimmende Kraftwerke, private Investoren und chinesische Milliarden: Gabun muss etwas gegen seine Stromausfälle tun. Es gibt aber noch viele Fragezeichen.
08.05.2025
Von Ulrich Binkert | Bonn
Das Solarprojekt Ayémé Plaine ging im letzten Oktober mit großer Fanfare an den Start: Mit dem „größten Solarkraftwerk im zentralen Afrika“ wolle Gabun seinen Stromdefizit verringern, so offizielle Stellen. Die Anlage unweit der Hauptstadt Libreville ist auf 120 Megawatt ausgelegt. Bislang sind allerdings nur 11 Megawatt in Betrieb. Die Projektentwicklung hat Solen mit Kaptalanteilen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten inne.
Gabun hat eine Versorgungskrise bei Strom
In dem zentralafrikanischen Land mit rund 2,5 Millionen Einwohnern fällt immer wieder der Strom aus. In Libreville nimmt der nationale Stromversorger Société d’énergie et d’eau du Gabon (SEEG) periodisch einzelne Bezirke vom Netz, damit andere Gebiete versorgt werden können. In den letzten 20 Jahren seien keine Investitionen in die Strominfrastruktur geflossen, so die SEEG. Dabei habe sich der Energiebedarf seit 2010 verdoppelt. Laut Stand 2019 liege der Investitionsbedarf für die Hauptstadt bei 700 Millionen Euro. Der jüngst angekündigte Strategieplan 2025-2027 der gabunischen Regierung beziffert den Investitionsbedarf für die Wasser- und Energieversorgung des gesamten Landes auf umgerechnet mehr als 4,6 Milliarden Euro.
Projekt | Investitionen/Kosten (Mio. Euro) | Teilhaber / Anmerkungen |
---|---|---|
Wasserkraftwerk Booué | 1.500 | Absichtserklärung von TBEA (China) zur Finanzierung / 400-600 MW inklusive Stromleitungen |
Wasserkraftwerk Ngoulmendjim
| 671 | Gabon Power Company (GPC)/Eranove (60%) / 83 MW; Projektentwicklung: Asokh Energy; Bau: Sinohydro; 80% Fremdfinanzierung durch vier Banken |
Gaskraftwerk Owendo | 287
| GPC/Wärtsilä (60%) / 120 MW; Projektentwicklung: Orinko; 75% Fremdfinanzierung durch drei Banken |
Wasserkraftwerk Kinguele Aval | 180 | GPC/Meridiam (60%) / 35 MW; im Bau seit Ende 2021 durch Sinohydro; Projektentwicklung: Asonha Energies; 72% Fremdfinanzierung durch vier Banken |
Wasserkraftwerk Dibwangui | 128 | GPC/Eranove (60%) / 15 MW; Projektentwicklung: Louestsi Hydro; Bau vorauss.: Sinohydro; 75%; Fremdfinanzierung noch ohne Banken |
Laufwasserkraftwerk FE2 | 65 | Coder/Gezhouba / Absichtserklärung von TBEA zur Finanzierung; seit langem geplant und Mitarbeit von Gauff Engineering; 54 MW; |
Gaskraftwerk Mayumba | 26 | GPC (100%) / 8,5 MW; Ausbau auf 50 MW geplant; Perenco liefert wohl die Gasturbine (Solar); GPC machte Erd- und Tiefbauarbeiten |
PPP-Projekte geplant
Die gabunische Regierung will den Kraftwerkspark zügig ausbauen; dies im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP; englisch: PPP). Für vier Projekte mit einer Gesamtkapazität von rund 250 Megawatt gibt es private Investoren, so das für PPP zuständige Staatsunternehmen Gabon Power Company (GPC) im November 2024.
Nicht nur vor dem Hintergrund eines jahrzehntelangen Stillstands bei den Investitionen in die Stromversorgung sind Zweifel bezüglich einer zügigen Umsetzung der Projekte erlaubt. So veranschlagt die GPC für die Vorhaben Owendo und Ngoulmendjim einen Start im Jahr 2025. Konkrete Hinweise fehlen jedoch, moniert die Presse im Februar 2025.
Unklar bleibt auch der Projektstart des Wasserkraftprojektes Impératrice Eugénie. Der Anfang 2024 veröffentlichte Plan National de Développement pour la Tansition au Gabon 2024-2026 (PNDT) räumt dem 120-Megawatt umfassende Projekt Priorität ein. Gauff Egineering hatte vor Jahren Planungen dazu erstellt; Geld sollte von der China Eximbank kommen.
Nach einer Absichtserklärung vom September 2024 soll eine, nicht weiter bekannte chinesische Firma TBEA für 2,5 Milliarden US-Dollar die Wasserkraftwerke Booué in Zentral-Gabun und FE2 finanzieren. Booué würde größtenteils für den möglichen Betrieb der Eisenerzminen Baniaka und Belinga benötigt.
Schwimmende Kraftwerke gegen Stromausfälle
Zur Abhilfe der akuten Stromausfälle in Libreville liefert die türkische Firma Karpowership laut Vertrag vom Februar 2025 Strom aus schwimmenden Kraftwerken. Die Kapazität liegt bei 70 Megawatt. Dies entspricht 10 Prozent der installierten Kraftwerkskapazität des Landes.
Zuvor hatte die britische Firma Aggreko Libreville jahrelang mit Strom aus mobilen Kraftwerken an Land versorgt. Wegen Zahlungsrückstände der SEEG drohte die Firma 2024 mit dem Abbruch der Lieferungen. Dies habe, so die SEEG, die Versorgungskrise von Libreville verschärft. Hinzu kämen ausbleibende Niederschläge und deswegen oftmals zu niedrige Wasserstände für den Betrieb von Wasserkraftanlagen.
Finanzierung für geplante Stromtrassen unklar
Der Ausbau von Stromleitungen steht ebenfalls auf der Agenda. Gemäß Stand vom Januar 2025 setzt die GPC eine Verbindung des geplanten kleinen Gaskraftwerks Mayumba mit der Stadt Tchibanga (110 Kilometer, 30 Kilovolt, 46 Millionen Euro) um. An dem Projekt ist unter anderem Perenco beteiligt. Auf Anfrage von Germany Trade & Invest gab das in London ansässige Unternehmen, das in Gabuns Öl- und Gasgeschäft involviert ist, keine Auskunft.
Der bereits erwähnte Entwicklungsplan PNDT listet weitere Projekte für Stromtrassen auf, für die es aber keine Hinweise auf eine Finanzierung gibt. Wichtigstes Projekt wäre hier die 225-Kilovolt-Verbindung von Fougamou zur Verteilstation Ntoum 2 (bei Ayémé Plaine) inklusive einer 225/30-Kilovolt-Station in Bifoun. Auf der PNDT-Liste stehen auch die Trassen Fougamou - Mouila (90 Kilovolt, 53 Millionen Euro), Cogo (Äquatorialguinea) - Ntoum (110 Kilovolt, 38 Millionen Euro) sowie Bafoula - Lastourville (225 Kilovolt, 53 Millionen Euro inklusive Verteilerstationen).
Überhöhte Kosten veranschlagt?
Auffallend sind die hohen Investitionen, die GPC für seine Wasserkraftvorhaben veranschlagt: 1 Megawatt Leistung kostet demnach rund 5 bis 8 Millionen Euro. Beim größten Gaskraftwerk Owendo sind es 2,4 Millionen Euro. International ist gemäß spanischem Investment-Consultant ESFC bei Wärmekraftwerken mit 1,2 bis 1,5 Millionen Euro pro Megawatt zu rechnen. Bei der Wasserkraft seien es 2022 weltweit im Schnitt 1,9 Millionen Euro gewesen.
Laut PNDT lagen die Stromerzeugungskapazität in Gabun 2023 bei insgesamt 704 Megawatt. Davon entfielen 380 Megawatt auf Gas- und Dieselkraftwerke (Gasoil) und 324 Megawatt auf vier Wasserkraftwerke. Aktuell nutze man Hydroenergie nur an sieben von insgesamt 60 identifizierten Stellen, die bei voller Nutzung eine Kapazität von fast 5.800 Megawatt garantieren könnten. Seit Februar 2025 importiert Gabun Strom aus dem benachbarten Äquatorialguinea. Es handelt sich dabei allerdings nur um zunächst 3 von maximal 10 Megawatt.
Relativ reiches Land
Der Ölstaat Gabun ist im innerafrikanischen Vergleich wohlhabend. Die Afreximbank verweist aber in einem aktuellen Report auf eine wachsende öffentliche Verschuldung. Positiv für die wirtschaftliche Stabilität werten Beobachter die Wahl am 12. April 2025 des bisherigen Übergangspräsidenten Brice Oligui zum Staatsoberhaupt. Mit dieser löst er die 56-Jährige, bis 2023 währende Herrschaft der Bongo-Familie endgültig ab.
Institution | Anmerkungen |
Delegation der Deutschen Wirtschaft in Côte d'Ivoire | Für Gabun zuständige Auslandshandelskammer |
Gabun Power Company | Behörde, Teilhaber von Wasser- und Stromprojekten, managt private Sektorinvestitionen |
Société d’énergie et d’eau du Gabon | Nationaler Strom- und Wasserversorger |
Ministère de l'Énergie et des Ressources Hydrauliques | Ministerium für Energie und Wasserwirtschaft |
Direction Générale de l'Energie | Für Strom/Energie zuständige Abteilung im Ministerium für Energie und Wasserwirtschaft |