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Arabische Golfstaaten investieren in Stromübertragungsnetze

Die Länder des Golfkooperationsrats planen und realisieren Stromnetzprojekte für 47 Milliarden US-Dollar. Mehr als die Hälfte davon entfällt auf Saudi-Arabien.

Von Heena Nazir, Robert Espey | Dubai

Ein kontinuierlicher Ausbau der konventionellen und alternativen Kraftwerkskapazitäten erfordert auch hohe Investitionen in die Stromnetze. Nach Angaben der Projektdatenbank MEED Projects sind im Bereich Stromübertragung und -verteilung in den sechs Ländern des Golfkooperationsrats (GCC) gegenwärtig Vorhaben für insgesamt 22 Milliarden US-Dollar (US$) im Bau. Zum Golfkooperationsrat gehören Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Kuwait, Katar, Oman und Bahrain.

In der Planungsphase befinden sich Projekte von über 25 Milliarden US$. Jedoch bestehen zwischen Planung und Umsetzung häufig große Diskrepanzen. Zahlreiche Projekte im Planungsprozess dürften modifiziert werden. Nur selten bleibt es bei der ursprünglichen Zeitplanung. Erhebliche Verzögerungen sind eher die Regel als die Ausnahme. Auch die Streichung ganzer Vorhaben ist möglich.

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Deutsches Engagement hat noch Potenzial

Aktivitäten deutscher Firmen sind gemäß MEED Projects überschaubar. An den Projekten der Stromübertragung und -verteilung in der Region, die sich in der Bauphase befinden, sind Unternehmen aus Deutschland als Planer, Berater oder Hauptauftragnehmer nur an wenigen Vorhaben beteiligt. 

Dazu gehören die Ingenieurfirmen Fichtner und Lahmeyer als Berater sowie Siemens als Hauptauftragnehmer. Die Daten von MEED Projects liefern jedoch kein umfassendes Bild über das deutsche Engagement. Insbesondere fehlen Informationen zu deutschen Unterauftragnehmern und Zulieferern.

Beim Ausbau der Stromübertragungs- und -verteilungsnetze dominieren in der GCC-Region als Hauptauftragsnehmer lokale Unternehmen. Unter den ausländischen Hauptauftragsnehmern führen Firmen aus Südkorea und Indien.

Saudi-Arabien ist mit Abstand wichtigster Markt

Saudi-Arabien ist in der GCC-Region der mit Abstand wichtigste Markt für Stromübertragungstechnik. An den in der Region im Bau befindlichen und geplanten Projekten hat das Königreich mit insgesamt 25,7 Milliarden US$ einen Anteil von 55 Prozent.

Landesweit befinden sich im Bereich Stromübertragung und -verteilung mehr als 200 Vorhaben für 12,3 Milliarden US$ in der Bauphase. Für die meisten Projekte ist die Saudi Electricity Company beziehungsweise das Tochterunternehmen National Grid zuständig. National Grid versorgt 13.000 Städte und Dörfer und betreibt ein Netz mit einer Länge von rund 93.000 Kilometern.

MEED Projects listet geplante Projekte im Wert von 13,3 Milliarden US$, die nahezu alle 2024 vergeben werden sollen. Angesichts der üblichen Projektverzögerungen dürfte das tatsächliche Auftragsvolumen 2024 aber deutlich geringer sein. Für über 50 Projekte im Wert von 6,9 Milliarden US$ liegen bereits Angebote vor. Dazu gehören drei Phasen einer 1.045 Kilometer lagen 600-Kilovolt-Überlandleitung für 1,8 Milliarden US$ in der Provinz Mekka.

VAE mit relativ geringem Planungsvolumen

Der Wert der in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) geplanten Projekte ist mit 1,2 Milliarden US$ relativ gering. Im Emirat Dubai sind Vorhaben für 0,7 Milliarden US$ in Vorbereitung, im Emirat Abu Dhabi für 0,3 Milliarden US$. Im Emirat Sharjah sind es 0,2 Milliarden US$.

Zu den geplanten Investitionen gehört ein 400/132-Kilovolt-Umspannwerk der Dubai Electricity and Water Authorithy (DEWA) in Shurooq. Die Offerten liegen seit September 2023 vor. Larsen & Toubro (Indien) hat mit 127 Millionen US$ das günstigste Angebot eingereicht, gefolgt von Siemens mit 141 Millionen US$. Andere Bewerber sind Alfanar Construction (Saudi-Arabien), Linxon Gulf (VAE), Danway Electrical (VAE) und Mitsubishi Electric (Japan).

Der Wert der Stromübertragungsprojekte in der Bauphase beläuft sich in den VAE auf 5,1 Milliarden US$. Das größte Vorhaben ist die Verlegung eines 3 Milliarden US$ teuren Hochspannungsunterwasserkabels, das Offshore-Plattformen der Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) mit dem Stromnetz der Emirates Water and Electricity Company verbindet. Der Bauauftrag ging an ein Konsortium aus Samsung und Jan De Nul (Belgien), auch Prysmian aus Italien ist beteiligt.

Nach Angaben der DEWA waren im Emirat Dubai Ende 2022 insgesamt 434 Umspannwerke in Betrieb. Davon entfielen 27 auf Anlagen mit 400 Kilovolt, 334 mit 132 Kilovolt und 73 mit 33 Kilovolt. Die Länge der Hochspannungsfreileitungen mit 33 bis 400 Kilovolt betrug 1.855 Kilometer. Zusätzlich waren 4.577 Kilometer Hochspannungserdkabel installiert. Die Kraftwerke verfügten über eine Leistung von 14,5 Gigawatt, davon 2 Gigawatt aus Solarenergie.

Oman will Investitionen steigern

Im Sultanat sind Stromübertragungsprojekte für über 6 Milliarden US$ in Vorbereitung. Allein 3,5 Milliarden US$ soll in ein Stromnetz für Solar- und Windkraftwerke in der Region Duqm investiert werden. Projektbetreiber ist eine Tochter des indischen Unternehmens Jindal Steel.

Das derzeit größte laufende Stromübertragungsprojekt ist das "National Grid Integration Project" (Rabt). Es handelt sich um eine 400 Kilovolt-Verbindung zwischen dem nördlichen Hauptstromnetz (Main Interconnected System/MIS) und der Region Duqm und der Provinz Dhofar im Süden.

Das erste Teilstück dieser Nord-Süd-Trasse, die 670 Kilometer lange Strecke bis Duqm, wurde im Herbst 2023 fertiggestellt. Die 502 Kilometer lange Verbindung nach Dhofar soll Ende 2026/2027 in Betrieb gehen. Der Auftrag zum Bau der mit 490 Millionen US$ kalkulierten Phase 2 ist noch nicht vergeben. Phase 1 kostete 474 Millionen US$.

Kuwaits Öl- und Gasindustrie baut Stromnetz aus

In Kuwait entfallen 56 Prozent beziehungsweise 1,7 Milliarden US$ der geplanten Investitionen in Stromübertragungsnetze auf Projekte der Öl- und Gasindustrie zur Versorgung eigener Anlagen. Die geplanten Vorhaben des Ministeriums für Strom, Wasser und erneuerbare Energie summieren sich auf 0,8 Milliarden US$. Die für Wohnungsbauprojekte zuständige Public Authority for Housing Welfare plant Stromübertragungsprojekte für 0,6 Milliarden US$.

Regionales Stromnetz wird ausgebaut

Bereits 2001 gründeten die sechs GCC-Staaten die Gulf Cooperation Council Interconnection Authority (GCCIA). Der regionale Stromaustausch ist aber noch relativ gering. Die GCC-Länder handelten 2021 insgesamt 1,1 Millionen Megawattstunden untereinander. Insbesondere in den heißen Sommermonaten wird Strom ex- beziehungsweise importiert. Derzeit lässt die GCCIA eine 255 Kilometer lange 400-Kilovott-Verbindung in Saudi-Arabien zwischen Wafra und Fadhili sowie eine 300 Kilometer lange 400-Kilovolt-Leitung von Kuwait (Al Zour) zur irakischen Grenze bauen. In Planung sind unter anderem Leitungen zwischen Oman und den VAE sowie zwischen Saudi-Arabien und Irak.

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