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Umfeld für die Pharmaproduktion wird attraktiver

Pharmaunternehmen wollen hohe Summen in innovative Anlagen und Produkte investieren. Allerdings hindern Pflichtrückzahlungen daran, das volle Potenzial der Branche auszuschöpfen.

Von Michaela Balis | Athen

Die griechische Pharmaindustrie will bis 2027 rund 1,2 Milliarden Euro in die Produktion sowie in Forschung und Entwicklung investieren. Geplant sind 32 neue Produktionsanlagen für innovative Medikamente, Biotechnologieerzeugnisse, Generika und Rohstoffe sowie 17 neue Forschungszentren, heißt es beim Panhellenischen Verband der Pharmaunternehmen (PEF). 

Griechische Tochter von Boehringer Ingelheim investiert in neue Produktionsanlagen

Die griechische Tochtergesellschaft des deutschen Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim will beispielsweise bis 2025 rund 100 Millionen Euro in neue Produktionsanlagen für innovative Diabetesmedikamente stecken. Dabei soll es nicht bleiben: "Wir planen bereits neue Investitionen", sagt Dimitris Anagnostakis, Präsident und geschäftsführender Vorstand der Boehringer Ingelheim Hellas in einem Interview gegenüber Germany Trade and Invest (GTAI). Das Investitionsklima und gute Beziehungen zur Regierung würden die Entscheidung weiterer Investitionen erleichtern.

"Außerdem verfügt Griechenland über gut ausgebildete und spezialisierte Arbeitnehmer. Das ist ein Plus für jedes Unternehmen, das sich hier engagieren will", so Anagnostakis. Um einem zukünftigen Fachkräftemangel vorzubeugen, müsste es allerdings eine engere Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Universitäten geben.

Griechenland hat eine strategische Bedeutung für Boehringer Ingelheim, denn am Standort produziert das Unternehmen für rund 90 Länder. Die Ausfuhren der griechischen Tochter machten mit rund 1,2 Milliarden Euro mehr als 40 Prozent der gesamten griechischen Pharmaexporte im Jahr 2021 aus.

Einheimisches Unternehmen Elpen plant Investitionen von 155 Millionen Euro

Der griechische Pharmaproduzent Elpen will rund 155 Millionen Euro bis 2025 investieren. "Es ist dringend notwendig, dass die griechische Pharmaindustrie wieder schnell aufholt", sagt Theodoros Tryfon, Präsident des PEF und Co-Geschäftsführer von Elpen gegenüber GTAI. Während der griechischen Wirtschaftskrise habe die Pharmaindustrie in Griechenland an Produktivität eingebüßt. "Wir müssen investieren, um konkurrenzfähig zu bleiben", fügt er hinzu.

Größte griechische Pharmaunternehmen (Umsatz in Millionen Euro)
Unternehmen

Umsatz 2021

Boehringer Ingelheim Hellas

914,4

Pfizer Hellas

424,9

Vianex

316,5

Novartis Hellas

282,6

Pharmathen

232,5

Demo

189,4

Famar

120,7

Elpen

109,0

Rafarm

85,9

Uni-Pharma

73,5

Quelle: ICAP CRIF 2023

Griechenland will regionaler Hub für die Pharmaproduktion werden

Aus Sicht einiger multinationaler Unternehmen und der griechischen Industrie ist Griechenland ein geeigneter Standort für Nearshoring und Reshoring. Mit insgesamt 46 von europaweit 400 Produktionsstätten der pharmazeutischen Industrie verfügt das Land laut PEF über eine starke Produktionsbasis. Mit Ausnahme von Boehringer Ingelheim handelt es sich um griechische Unternehmen, die für den Binnenmarkt, den Export und im Rahmen von Auftragskooperationen mit multinationalen Unternehmen produzieren. Andere ausländische Pharmaunternehmen sind vor Ort mit einer reinen Vertriebsgesellschaft präsent. Dazu gehören Unternehmen wie Bayer, Merck Sharp & Dohme, Sanofi Aventis, Roche Hellas, Janssen-Cilag, Astrazeneca, Amgen und Pfizer.

Griechenland ist nicht das einzige Land, das um die Ansiedlung von Pharmaproduzenten wirbt: "Es steht im harten Wettbewerb beispielsweise mit Polen, Bulgarien und Rumänien", sagt Andreas Pollner, bis August 2023 Geschäftsführer bei Bayer Hellas, gegenüber GTAI. Um attraktiver zu werden, benötigt das Land Investitionen in die digitale Infrastruktur sowie in technisch orientierte Studiengänge. Die Produktion von Pharmaerzeugnissen lag im Jahr 2021 laut Statistikamt Elstat bei 1,9 Milliarden Euro. Dies sind etwa 12 Prozent mehr als im Vorjahr. 

Pflichtrückzahlungen belasten die Branche

Für Kopfzerbrechen in der Branche sorgen die Zwangsrabatte und Rückzahlungen. Lieferanten pharmazeutischer Produkte sind verpflichtet, den Differenzbetrag aus eigener Tasche auszugleichen, wenn das staatliche Budget für Medikamente aufgrund einer höheren Nachfrage überschritten wird. Auf diese Weise müssen Unternehmen in Griechenland mehr als die Hälfte ihres Umsatzes an den Staat abgeben. "Die hohen Pflichtrückzahlungen verhindern, dass diese Summen in die Produktion investiert werden und erschweren den Zugang der Patienten zu Medikamenten", erklärt der Präsident von PEF, Tryfon. Im Jahr 2021 betrugen die Zwangsrabatte und Rückzahlungen in Griechenland rund 1,9 Milliarden Euro, so die auf Griechisch verfasste Studie des Instituts für Wirtschafts- und Industrieforschung IOBE über den Pharmamarkt vom Juni 2022. Für das Jahr 2022 werden sie sogar auf über 2,5 Milliarden Euro geschätzt.

Zum Übergang bis 2025 helfen die Finanzmittel aus dem EU-Aufbaufonds. Im Jahr 2023 fließen 150 Millionen Euro daraus in die Finanzierung der öffentlichen Pharmaausgaben. Gleichzeitig wird ein Teil der Rückzahlungen mit den im gleichen Zeitraum getätigten Investitionen in F&E verrechnet. Es handelt sich hierbei allerdings nur um eine mittelfristige Lösung und die Industrie plane langfristig, beklagen Experten.

Die öffentlichen Ausgaben für pharmazeutische Produkte und Sanitärbedarf wurden zwischen 2009 und 2020 krisenbedingt um rund die Hälfte gekürzt und seitdem kaum angehoben, so IOBE. Für 2023 liegen sie bei etwa 2,6 Milliarden Euro. Die Kürzungen basierten nicht auf dem tatsächlichen Bedarf, sondern wurden willkürlich bestimmt. Somit blieben die Bedürfnisse einer alternden Bevölkerung unberücksichtigt.

Rahmenbedingungen für klinische Studien verbesserungswürdig

Verbesserungspotenzial besteht auch bei der Durchführung klinischer Studien. Allerdings müsste der Rechtsrahmen angepasst werden, das heißt die Zusammenarbeit mit einzelnen Krankenhäusern müsste gefördert und die Genehmigungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Außerdem müssten die Unternehmen die klinischen Studien in ihrer Gesamtheit mit dem Clawback verrechnen können, um mit geringeren Pflichtrückzahlungen belastet zu werden, erklären Experten. Auch hier gibt es Länder, beispielsweise Rumänien und Bulgarien, die für Unternehmen als attraktiver gelten. Zurzeit werden rund 200 klinische Studien pro Jahr durchgeführt.

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