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Digital Health
In Indien entwickelt sich Digital Health dynamisch. Viele Teilbereiche wachsen stark. Reifere Start-ups haben es derzeit einfacher.
11.10.2024
Von Florian Wenke | Mumbai
Neue Technologie wird in Indien zumeist als Chance begriffen. Die Bevölkerung ist aber nicht nur technikaffin, sondern auch vergleichsweise jung. Das Medianalter der Bevölkerung liegt 2024 bei gerade einmal 28,4 Jahren. Hinzu kommt eine rasant wachsende Zahl an Personen mit Zugriff zur digitalen Welt. Schätzungsweise 752 Millionen Menschen nutzen das Internet im Jahr 2024 aktiv. All dies sind gute Voraussetzungen für eine steigende Nachfrage nach Angeboten im Bereich Digital Health.
Alle Teilbereiche von Digital Health sollen stark wachsen
In Analysen und Berichten wird für den Bereich Digital Health zumeist ein Wert zwischen 3 Milliarden und 5,5 Milliarden US-Dollar (US$) als Marktgröße angegeben. Für das Datenportal Statista besteht der Bereich Digital Health aus den Komponenten Digitale Fitness und Well-Being, Digitale Behandlung und Pflege sowie Onlineberatung durch Ärzte (Telemedizin). Insgesamt sollen die Erträge 2024 bei rund 5,3 Milliarden US$ liegen. Bis 2028 wird eine Marktumsatz von insgesamt 9,1 Milliarden US$ vorausgesagt. Gründe dafür sind zahlreich vorhandene Devices wie Smart-Watches (auch im mittleren und unteren Preissegment), ein gesteigertes Gesundheitsbewusstsein in der indischen Mittel- und Oberschicht, und eine Zunahme der Nachfrage abseits der großen Metropolen.
Teilbereich von Digital Healthcare | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 |
---|---|---|---|---|---|
Digital Fitness & Well-Being | 4.095 | 5.797 | 7.500 | 10.120 | 13.040 |
davon Digital Fitness & Well-Being Apps | 2.183 | 3.082 | 3.935 | 5.214 | 6.569 |
davon Digital Fitness & Well-Being Devices | 1.912 | 2.715 | 3.565 | 4.906 | 6.469 |
eHealth | 1.049 | 1.325 | 1.721 | 2.084 | 2.419 |
davon eHealth Apps | 70 | 75 | 107 | 146 | 185 |
davon eHealth Devices | 92 | 120 | 154 | 197 | 239 |
davon Online-Beratung | 39 | 66 | 93 | 133 | 174 |
davon Onlineapotheken | 847 | 1.064 | 1.367 | 1.608 | 1.820 |
Gesamt | 5.144 | 7.122 | 9.221 | 12.200 | 15.460 |
Ältere HealthTech Start-ups haben es derzeit leichter
Indien verfügt über eine dynamische Start-up-Landschaft die auch Unternehmen im Bereich HealthTech hervorbringt. Insgesamt soll es etwas mehr als 10.000 davon geben. Darunter 5 Unternehmen mit einer Marktbewertung von mehr als 1 Milliarde US$. Zu diesen Unicorns zählt auch Pristyn Care, das sich mit dem Thema der minimalinvasiven Chirurgie befasst und den Status als Unicorn als bisher letztes HealthTech-Unternehmen 2018 erreichte.
Von 2014 bis einschließlich Juni 2024 verzeichnen Branchenmedien eine Finanzierung von rund 7 Milliarden US$ für HealthTech-Start-ups, verteilt über 886 Deals. Damit steht der Bereich für rund 7 Prozent der in diesem Zeitraum insgesamt geflossen Finanzierungsmittel. Im Jahr 2023 steckten Investoren 233 Millionen US$ in indische HealthTechs, deutlich weniger als die 1,4 Milliarden US$ im Jahr davor. Grund dafür sind hauptsächlich höhere Zinsen, die risikoreiche Investitionen weniger attraktiv machen. Aktuell gehen Investitionen eher in weiterentwickelte Unternehmen (Late Stage) und weniger in gerade erst gegründete Firmen (Seed Stage). Die älteren Unternehmen verfügen zumeist bereits über ein etabliertes Geschäftsfeld und die Investitionen sind risikoarmer im Vergleich zu Unternehmen in der Seed Stage. Noch 2024 dürfte aber auch die indische Zentralbank die Zinswende einleiten. Stückweise sinkende Zinsen werden die Risikoneigung von Investoren sukzessive erhöhen und damit auch wieder für mehr Mittelfluss in Seed Stage Start-ups sorgen. Der Blick auf die Finanzdaten zeigt außerdem, dass Bengaluru das Zentrum für HealthTech-Start-ups ist. Ebenfalls wichtig sind Mumbai und die Hauptstadtregion um New-Delhi. Mit einigem Abstand folgen Pune, Hyderabad und Chennai.
Bereich | Wert |
---|---|
Online-Apotheken | 726 |
Gesundheitsanalyse | 454 |
Fitness und Wellness | 422 |
MedTech | 256 |
Individuelles Gesundheitsmanagement | 172 |
Telemedizin | 133 |
Sonstige | 38 |
Die Regierung hat die Digitalisierungen des Gesundheitswesens im Blick
Indiens Regierung bemüht sich darum, Angebote rund um Digital Health auszubauen. Ein Instrument dafür ist die 2021 gestartete Einführung von Ayushman Bharat Health Accounts (ABHA) sowie die Erstellung von ABHA IDs. Ziel des Vorhabens ist es, Akteure im Gesundheitsbereich besser zu vernetzen und Prozesse digital zu gestalten. Die Mittel dazu sind bisher die Einführung einer digitalen Gesundheitsakte, eines digitalen Ärzte- und Versorgungseinrichtungsregisters sowie die App ABHA, auf der Gesundheitsdaten mobil verwaltet werden können. Nach offiziellen Angaben sind mittlerweile mehr als 562 Millionen digitale Accounts erstellt und 356 Millionen digital vernetzte Gesundheitsakten vorhanden. Das Beratungsunternehmen Arthuf D. Little wies im März 2024 darauf hin, dass bisher überwiegend staatliche Gesundheitseinrichtungen bei der Vernetzung von Daten mitmachen. Sie sind für rund 98 Prozent der vernetzten Gesundheitsakten verantwortlich. Private Einrichtungen setzen zumeist auf eigene Softwarelösungen, über die die Gesundheitsdaten gesammelt, verwaltet und auch dem Patienten zugänglich gemacht werden.
Ein weiterer Baustein ist eSanjeevani. Dabei handelt es sich um eine nationale Plattform für Telemedizin. Gerade im Hinblick auf die gesundheitliche Unterversorgung im ländlichen Raum bietet die Plattform die Möglichkeit, dass Patienten mit Ärztinnen sprechen können. Derzeit wird getestet, inwiefern künstliche Intelligenz und Maschine Learning genutzt werden können, damit Echtzeitübersetzungen über die Plattform erfolgen können. Indien ist ein Land der vielen Sprachen moderne Technik kann dabei helfen, Sprachbarrieren zwischen Ärztin und Patient zu überwinden.