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Industrie investiert in grünen Wasserstoff

Die Projektpipeline in der indischen Wasserstoffwirtschaft füllt sich. Die Unternehmen hoffen auf Unterstützung durch die Regierung. Diese plant weitere Anreize für Investoren.

Von Boris Alex | New Delhi

Indien will sich als Standort für die Herstellung von grünem Wasserstoff etablieren. Nicht nur in der heimischen Industrie ist das Interesse groß. Auch internationale Unternehmen wie der französische Energiekonzern TotalEnergies sehen Potenzial für die Produktion des heiß begehrten Elements aus Solar- und Windstrom. Auf dem Papier sind die Wachstumschancen beeindruckend: Die regierungsnahe Denkfabrik NITI Aayog hat prognostiziert, dass sich der jährliche Wasserstoffbedarf in Indien bis 2050 auf fast 30 Millionen Tonnen verfünffachen dürfte. Dieses Element könnte nahezu vollständig klimaneutral aus erneuerbaren Energien erzeugt werden.

Indien will zum Export-Hub für grünen Wasserstoff werden

Doch nicht nur die Nachfrage der heimischen Industrie soll künftig aus eigener Produktion gedeckt werden. Die Regierung will Indien zu einem globalen Hub für grünen Wasserstoff ausbauen und beim Export eine Führungsrolle einnehmen. Das Marktvolumen für die Herstellung, Speicherung und Transport des weitgehend Kohlenstoffdioxid-neutralen Wasserstoffs könnte in Indien bis 2030 auf 8 Milliarden US-Dollar (US$) zulegen, so die Zahlen von NITI Aayog. Bis 2050 beziffert die Denkfabrik das Marktvolumen sogar auf insgesamt 340 Milliarden US$.

Wachstumstreiber sind dabei die Stahlindustrie und der Transportsektor – denn künftig könnte ein Teil des Güterverkehrs mit Brennstoffzellen-Lkw erfolgen. Etwa die Hälfte des für 2050 prognostizierten Wasserstoffverbrauchs von 30 Millionen Tonnen jährlich soll auf diese beiden Segmente entfallen. Aktuell werden insgesamt rund 6 Millionen Tonnen verbraucht. Davon gehen jeweils etwas weniger als 50 Prozent in die Düngemittelproduktion und in die Petrochemie. Die restlichen rund 10 Prozent werden von der Stahlindustrie abgenommen.

Regierung verbessert Bedingungen für Investoren

Damit die Wasserstoffwirtschaft auf Touren kommt, hat Indiens Regierung im Februar 2022 ihre "Green Hydrogen Policy" vorgestellt, die eine Reihe von Anreizen für Investoren bereithält. Beispielsweise dürfen Produzenten von grünem Wasserstoff und Ammoniak für den zur Herstellung benötigten Strom aus erneuerbaren Energien 25 Jahre lang geringere Durchleitungsgebühren zahlen, wenn die Anlage vor dem 30. Juni 2025 in Betrieb geht.

Im August 2022 hat die Regierung das Energieeinspargesetz mit einem Zusatz ("The Energy Conservation (Amendment) Bill 2022") versehen. Dieser schafft die rechtliche Grundlage dafür, dass Unternehmen verpflichtet sind, nicht-fossile Energiequellen wie grünen Wasserstoff einzusetzen. Im Fokus stehen unter anderem die chemische und petrochemische Industrie, der Bergbau, die Zementindustrie, die Textilbranche und die Stahlindustrie sowie der Transportsektor, einschließlich des Schienenverkehrs. 

Die "National Green Hydrogen Mission" soll bis Ende 2022 ausgearbeitet sein. Dann werden konkrete Vorgaben für die Unternehmen erwartet. Die Industrie hofft zudem, dass die Herstellung von Elektrolyseuren in das Förderprogramm Production-Linked Incentives (PLI) aufgenommen wird. Dabei erhalten Unternehmen einen finanziellen Bonus sowie Subventionen für den Aufbau von Fertigungskapazitäten, wenn sie ihre Produkte in Indien herstellen.

Industrie hofft auf stärkere Unterstützung bei Wasserstoffprojekten

Auch auf Seiten der Privatwirtschaft nehmen die Aktivitäten zu. Die India Hydrogen Alliance (IH2A) – ein Zusammenschluss von indischen und internationalen Unternehmen und Forschungsinstituten – hat im Juni 2022 ihren "25/25 National Green Hydrogen Hub Development Plan" vorgestellt. Darin empfiehlt sie der Regierung, bis 2025 landesweit 25 Vorhaben zur Herstellung, Speicherung und zum Transport von grünem Wasserstoff mit öffentlichen Geldern zu unterstützen. Zudem sollen fünf nationale Green-Hydrogen Hubs eingerichtet werden. Unter anderem ist geplant, in den nächsten drei Jahren Elektrolyseure mit einer Kapazität von 150 Megawatt zu installieren. Den Förderbedarf beziffert IH2A auf 360 Millionen US$.

Darüber hinaus gibt es auch immer mehr konkrete Investitionsvorhaben zu grünem Wasserstoff. Den Anfang macht das indische Industriekonglomerat Reliance Industries mit seinem 8 Milliarden US$ schweren Industriepark im Bundesstaat Gujarat. Der Konzern will am Standort Jamnagar künftig grünen Wasserstoff aus Solarstrom erzeugen. Zudem ist der Bau eines Werks zur Fertigung von Elektrolyseuren für den indischen Markt sowie den Export mit einer Jahreskapazität von 2.500 Megawatt geplant – Kostenpunkt: 500 Millionen US$.

Unternehmen stehen in den Startlöchern 

Mit der Adani Group bereitet ein weiterer indischer Mischkonzern seinen Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft vor. Adani will eigenen Angaben zufolge in den kommenden zehn Jahren insgesamt 50 Milliarden US$ in Projekte im Bereich des grünen Wasserstoffs investieren. Im Juni 2022 hat sich der französische Energieriese TotalEnergies mit 25 Prozent bei der Tochter Adani New Industries Limited (ANIL) eingekauft. ANIL hat sich bis 2030 eine jährliche Produktion von grünem Wasserstoff von 1 Million Tonnen zum Ziel gesetzt.

Die ACME Group hat im Sommer 2022 mit den Bundesstaaten Tamil Nadu und Karnataka Absichtserklärungen über zwei Investitionsvorhaben in Höhe von jeweils 6,5 Milliarden US$ geschlossen. In Tamil Nadu will das Unternehmen ein Werk zur Herstellung von mehr als 1 Million Tonnen grünem Wasserstoff und Ammoniak pro Jahr bauen. Zudem ist eine Fabrik für Elektrolyseure mit einer jährlichen Kapazität von 1,5 Gigawatt geplant. In Karnataka sollen künftig auch über 1 Million Tonnen grüner Wasserstoff und Ammoniak erzeugt werden. Gemeinsam mit dem norwegischen Projektentwickler Scatec baut ACME ein Werk zur Produktion von bis zu 1,2 Millionen Tonnen grünem Ammoniak pro Jahr sowie eine Elektrolyseur-Fabrik mit einer Kapazität von 3,5 Gigawatt in Oman.

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