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Special | Indien | LkSG | Umsetzungshilfe Risikoanalyse

Verstoß gegen das Verbot von Zwangsarbeit und aller Formen der Sklaverei

Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Indien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

(Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 u. 4 LkSG)

Indikatoren für Zwangsarbeit sind das Einbehalten von Löhnen, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Beschäftigten, das Einbehalten von Ausweisdokumenten, die Schaffung unzumutbarer Arbeits- und Lebensverhältnisse durch Arbeit unter gefährlichen Bedingungen, unzumutbare Unterkünfte, exzessives Maß an Überstunden sowie die Anwendung von Drohungen und/oder Gewalt. Beispiele für Zwangsarbeit sind insbesondere Menschenhandel und Schuldknechtschaft. Das Verbot von Sklaverei umfasst sämtliche Formen von Herrschaftsausübung oder Unterdrückung im Umfeld der Arbeitsstätte, wie die extreme wirtschaftliche Ausbeutung und Erniedrigung.

Gesetzliche Grundlagen

Indien ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat sechs von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehören die hier relevanten Übereinkommen über Zwangs- oder Pflichtarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 29) und über die Abschaffung von Zwangsarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 105). Das ILO-Protokoll von 2014 zum Übereinkommen Nr. 29 über Zwangsarbeit hat Indien noch nicht ratifiziert (Stand: Juli 2023). Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

Das Verbot von Zwangs- oder Pflichtarbeit ist in zahlreichen nationalen Gesetzen verankert. Dazu gehört unter anderen der Bonded Labour System (Abolition) Act (1976). Die indische Regierung veröffentliche 2021 zudem einen Gesetzentwurf zum besseren Schutz gegen Menschenhandel. Allerdings ist die Trafficking in Persons (Prevention, Care and Rehabilitation) Billbislang nicht verabschiedet worden (Stand: Juni 2023). Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich des Verbots von Zwangsarbeit und Sklaverei bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

Risiken

Indien erreicht nach dem Global Slavery Index von 2023, der unter anderem die Verbreitung von Zwangsarbeit und Menschenhandel weltweit bewertet, in der Kategorie "Vulnerability to Modern Slavery"  56/100 Punkten. Je höher der Wert, desto höher fällt das Risiko in Bezug auf Anfälligkeit für Zwangsarbeit aus. Das Land wird ähnlich eingeschätzt wie die regionalen Vergleichsländer China (46/100), Indonesien (49/100), Bangladesch (58/100) oder auch Sri Lanka (56/100). Hauptsächlich negative Effekte von Konflikten und eine vergleichsweise hohe Anzahl von Gruppen mit verringerten Rechten wirken sich negativ auf das Ranking aus. Angehörige marginalisierter Gruppen wie Dalits und Adivasi sind besonders gefährdet. In Indien sind nach dem Index je 1.000 Personen 8 von Zwangsarbeit betroffen; 11 Millionen insgesamt. Im Index aus dem Jahr 2016 waren es noch 18,3 Millionen. 

Zwangsarbeit ist zwar in einigen Wirtschaftsbereichen zu finden, aber in den folgenden Branchen weist Indien ein besonders hohes Risiko auf: Landwirtschaft, Textilherstellung (insbesondere Weben und Sticken), in Steinbrüchen und beim Kohleabbau. Die Ziegelherstellung sowie die Produktion von Glasarmreifen und Teppichen weisen ebenfalls ein erhöhtes Risiko auf.

Bis zum Jahr 2025 möchte Indien die nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDG) erreichen, darunter auch das Ziel 8.7. Selbiges sieht die Abschaffung von Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Menschenhandel vor. Allerdings ist Indien weder Pathfinder Country, noch offizieller Partner der Alliance 8.7. Indiens Regierung bekämpft Zwangsarbeit mit einer Reihe eigener Maßnahmen. Ein seit 2016 bestehendes Programm zur Rehabilitation von Zwangsarbeitern wurde erst 2022 aktualisiert. Das Central Sector Scheme for Rehabilitation of Bonded Labourers hilft dabei, Zwangsarbeiter wieder in ein normales Arbeitsleben zu integrieren.  Weiterhin unterzeichnete Indien im Dezember 2022 das Decent Work Country Programme (DWCP) for India 2023-27 der ILO. 

Nicht alle Wirtschaftsbereiche sind gleichermaßen von Zwangsarbeit betroffen. Immer wieder werden jedoch Fälle von Schuldknechtschaft (Bonded Labour) öffentlich. Dabei verschulden sich Arbeitnehmer bei ihrem Arbeitgeber. Aufgrund fehlender finanzieller Mittel tragen sie die Schuld anschließend durch Arbeit ab. Diese Verhältnisse sind deutlich zum Nachteil der Arbeitnehmer. Besonders häufig ist diese Form der Zwangsarbeit in Ziegelbrennereien in Indien zu finden. Weitere Branchen, in denen diese Praxis zum Einsatz kommt, sind Steinbrüche und der Kohlebergbau. In der Landwirtschaft kann es ebenfalls vermehrt zu Fällen von Schuldknechtschaft kommen. Vor allem die Zuckerindustrie gilt hier als Schwerpunkt. Allgemein steigt das Risiko von Zwangsarbeit mit dem Grad, in dem eine Branche weniger formell ist. Zwischen 80 und 90 Prozent der Arbeitnehmer sind im informellen Sektor beschäftigt und mehr als die Hälfte der Wertschöpfung findet dort statt. 

Um mögliche Zwangsarbeitsrisiken in anderen Branchen in Indien zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

Präventions- und Abhilfemaßnahmen

Die Deutsch-Indische Handelskammer (AHK Indien) befasst sich mit ihrem Geschäftsbereich SustainMarkets auch mit dem Thema Lieferketten. Darüber hinaus besteht beispielsweise die Möglichkeit, gezielt Schulungen für Zulieferer in Auftrag zu geben.

Die Handelsorganisation amfori ist ein weiterer möglicher Ansprechpartner vor Ort und berät Unternehmen. Außerdem ist der TÜV mit einer lokalen Niederlassung in Indien vertreten und bietet die Möglichkeit, dass Unternehmen sich nach dem Sozialstandard SA 8000 zertifizieren. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) kann ebenfalls kontaktiert werden. Die National Human Rights Commission (NHRC) ist gleichfalls eine geeignete Anlaufstelle. Unter Umständen können auch Nichtregierungsorganisationen weiterhelfen. 

Für die Identifizierung von Zwangsarbeit vor Ort steht die Eliminating and Preventing Forced Labour: Checkpoints app der ILO zur Verfügung. Für den Austausch von Unternehmen in Lieferketten zur Eliminierung von Zwangsarbeit bietet sich das Global Business Network on Forced Labour an. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Beschäftigung von Personen in Zwangsarbeit und Sklaverei können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Zwangsarbeit im Sorgfaltsprozess adressieren und Arbeitszeiten im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

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