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Wirtschaftsumfeld | Indien | Inflation

Inflation macht weitere Leitzinserhöhungen wahrscheinlich

Indien ringt mit einer zähen Teuerung. Experten gehen dennoch von einem Rückgang in den kommenden Monaten aus. Der Leitzins hat derweil ein Vierjahreshoch erreicht. 

Von Florian Wenke | Mumbai

Der indischen Wirtschaft geht es vergleichsweise gut. Für das laufende Finanzjahr 2022/2023 (1. April bis 31. März) geht der Internationale Währungsfonds von einer realen Zunahme des Bruttoinlandsproduktes um 6,8 Prozent aus. Für das kommende Finanzjahr prognostizieren die meisten Volkswirte einen Wert um 6 Prozent. Inflation und steigende Zinsen sind jedoch zwei Herausforderungen, denen sich Indien stellen muss.

Leitzinsen sind deutlich gestiegen

Wie viele andere Länder und Währungsräume hatte Indien im Frühjahr 2022 damit begonnen, seine Geldpolitik zu straffen. Von einem Tiefstand bei 4 Prozent ausgehend, erhöhte die Reserve Bank of India (RBI) die Leitzinsen von Mai 2022 an sukzessive um insgesamt 2,5 Prozentpunkte. Anfang Februar 2023 wurde ein Zinssatz von 6,5 Prozent erreicht – ein Wert deutlich über dem Zinssatz vor Ausbruch der Coronapandemie und der höchste Stand seit vier Jahren.

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Einige Marktbeobachter gehen davon aus, dass die RBI jetzt eine Pause bei den Zinserhöhungen einlegt. Sie begründen diese Vermutung unter anderem damit, dass die Erhöhungen ihre Wirkung mit Verzögerung entfalten. Daher gelte es also abzuwarten, bis die gestiegenen Zinsen das Wirtschaftswachstum abkühlen und so den Preisauftrieb verringern.

Volkswirte gehen in Teilen davon aus, dass die erreichten 6,5 Prozent den Höhepunkt im aktuellen Zinszyklus markieren. Andere Stimmen prognostizieren hingegen einen weiteren Anstieg der Leitzinsen um mindestens 0,25 Prozentpunkte. Dieses Szenario ist umso wahrscheinlicher, je aggressiver die amerikanische Zentralbank an der Zinsschraube dreht. Sollten die Zinsen in den USA deutlich über das von den Märkten derzeit erwartete Level steigen, dann müsste Indiens Zentralbank reagieren und die Zinsen ebenfalls weiter anheben, um die indische Rupie vor einer übermäßigen Abwertung zu bewahren. 

Verbraucherpreise steigen

Ob der Leitzins erst einmal auf seinem aktuellen Niveau bleibt oder weiter erhöht wird, hängt zu einem großen Teil von der Inflation ab. Für Januar 2023 verkündeten die Statistiker der indischen Regierung einen Anstieg der Verbraucherpreise (Consumer Price Index; CPI) von 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Damit lag der Wert deutlich über den für Dezember 2022 gemeldeten 5,7 Prozent. Insbesondere die Preise für Gewürze und Getreide, aber auch für Kleidung sowie Treibstoffe verteuerten die Einkäufe der Verbraucher deutlich. 

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Für das noch laufende Finanzjahr geht die RBI von einer Inflationsrate der Verbraucherpreise in Höhe von 6,5 Prozent aus. Für 2023/2024 soll dieser Wert auf 5,3 Prozent zurückgehen. Das wäre wieder innerhalb des Zielbands der Zentralbank, welches einen Inflationskorridor von 2 bis 6 Prozent vorsieht.

Die Volkswirte der Deutschen Bank gehen davon aus, dass die Inflation ab März 2023 sinken wird. Die Kerninflation (Preissteigerung ohne Berücksichtigung von Lebensmitteln und Treibstoff) zeigt sich bisher jedoch hartnäckig. Im Januar 2023 lag sie bei 6,2 Prozent und hält sich damit beharrlich auf einem erhöhten Niveau. In Fachkreisen wird daher auch von einer "sticky core inflation" gesprochen. Je länger die Kerninflation hoch bleibt, desto wahrscheinlicher werden weitere Zinserhöhungen durch die RBI.

Die weiterhin hohe Kerninflation gilt auch als einer der Gründe, weshalb die RBI ihre Ausrichtung nicht auf "neutral" geändert hat, sondern weiterhin die "Rücknahme der akkommodierenden Geldpolitik" (withdrawal of accommodation) verfolgt. Anlass zur Hoffnung auf sinkende Preise bietet indes der Blick auf die Großhandelspreise. Im Januar 2023 sind diese um 4,7 Prozent gestiegen, die geringste Zunahme seit zwei Jahren. So verteuerten sich Waren des verarbeitenden Gewerbes beispielsweise nur noch um rund 3 Prozent.   

Finanzierungskosten steigen für Unternehmen und Verbraucher

Ein steigender Leitzins bedeutet höhere Kreditzinsen bei den Geschäftsbanken. Das bekommen sowohl Konsumenten als auch Unternehmen zu spüren. Der Blick auf Vergleichsportale zeigt, dass die Kreditzinsen fast ausnahmslos zweistellig sind und sich überwiegend zwischen 10 und 20 Prozent pro Jahr bewegen. Dadurch werden kreditfinanzierte Investitionen und Anschaffungen deutlich teurer. Auch das ist ein Grund, warum das Wirtschaftswachstum im kommenden Finanzjahr geringer ausfallen dürfte.

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