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Italien: Rechtsverfolgung

Wer seine Forderungen vor Gericht durchsetzen möchte, muss sich zunächst klar darüber werden, welches Gericht zuständig ist.

Von Nadine Bauer, Dr. Achim Kampf | Bonn

Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in Italien

Die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) regelt die Modalitäten der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen im Verhältnis Deutschland-Italien. Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung ist seit Inkrafttreten der Verordnung nicht mehr erforderlich.

Gerichtsbarkeit

Die im Falle der internationalen Zuständigkeit italienischer Gerichte relevante italienische Zivilgerichtsbarkeit setzt sich wie folgt zusammen:

  • Friedensrichter (giudice di pace)
  • Gericht erster Instanz (Tribunale)
  • Appellationsgerichtshof (corte d‘appello)
  • Oberster Kassationsgerichtshof (corte di cassazione).

Die sachliche Zuständigkeit der italienischen Gerichte bei Zivilstreitigkeiten ergibt sich aus den Art. 7 ff. des italienischen Zivilverfahrensgesetzbuches (Codice di procedura civile). Der Friedensrichter ist bei Streitigkeiten um bewegliche Sachen grundsätzlich bis zu einem Streitwert von 5.000 Euro sachlich zuständig, wenn nicht die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gesetzlich angeordnet ist. Bei Schadenersatzansprüchen im Falle von durch Kraftfahrzeuge oder Schiffe verursachten Schäden kann der Friedensrichter über Streitwerte bis zu 20.000 Euro urteilen.

Das Gericht erster Instanz ist für alle zivilrechtlichen Verfahren sachlich zuständig, die nicht ausdrücklich anderen Gerichten zugewiesen sind (Art. 9 Codice di procedura civile).

Die örtliche Zuständigkeit ist in den Art. 18 ff. des Codice di procedura civile geregelt. Grundsätzlich ist das Gericht am Wohnsitz oder Sitz der beklagten natürlichen Person oder juristischen Person örtlich zuständig. Hiervon gibt es jedoch einige Ausnahmen, beispielsweise bei Streitigkeiten um dingliche Rechte (etwa das Eigentum) an unbeweglichen Sachen. Hier ist das Gericht an deren Standort nach Art. 21 Codice di procedura civile ausschließlich zuständig. In manchen Fällen hat der Kläger auch ein Wahlrecht zwischen verschiedenen Gerichtsorten: So kann er beispielsweise wählen, ob er am Sitz des Beklagten oder am Entstehungs- oder Erfüllungsort einer Verpflichtung klagen möchte (Art. 20 Codice di procedura civile).

Der Appellationsgerichtshof ist Rechtsmittelgericht bezüglich der Urteile des Gerichts erster Instanz. Darüber hinaus ist er für bestimmte ihm gesetzlich zugewiesene Fälle in erster und einziger Instanz zuständig.

Der oberste Kassationshof schließlich ist das höchste Rechtsprechungsorgan. Er ist Revisionsinstanz für die untergeordneten Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Der Kassationshof ist keine Tatsacheninstanz, sondern entscheidet ausschließlich über die Rechtmäßigkeit eines Urteils.

Eine Übersicht zu den ordentlichen Gerichten stellt das italienische Justizministerium online zur Verfügung.

Anwaltszwang

Vor italienischen Gerichten besteht grundsätzlich Anwaltszwang (obbligo di difesa tecnica). Lediglich vor Arbeits- und Mietgerichten sowie vor dem Friedensrichter können bis zu bestimmten Streitwerten die Parteien auch ohne Anwalt auftreten.

Das Anwaltshonorar bemisst sich nach dem Streitwert der Angelegenheit. Allerdings können abweichende Vereinbarungen zwischen Anwalt und Mandant festgelegt werden, wobei Erfolgshonorare nicht gestattet sind. Grundsätzlich trägt die unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens. Allerdings gibt es von diesem Grundsatz Ausnahmen (im Falle der Ablehnung eines Vergleichsvorschlags, der Novität der Rechtssache oder einer Änderung der Rechtsprechung).

Mahnverfahren

Auch in Italien existiert die Möglichkeit, einen Mahnbescheid zu erwirken. Erforderlich hierfür ist, dass der Antragsteller den Bestand seiner Forderung schriftlich nachweist. Umfangreiche Informationen zum Mahnverfahren sind über die Webseite des Europäischen Justizatlas abrufbar.

Schiedsgerichtsbarkeit

Grundlage des Schiedsgerichtswesens ist das Gesetz Nr. 25/1994 (Legge 5 gennaio 1994, n. 25) sowie die Art. 806-840 des Zivilverfahrensgesetzbuches.

Im italienischen Recht ist zwischen dem Schiedsvertrag (compromesso) bezüglich einer bereits entstandenen Streitigkeit und der Schiedsklausel (clausola compromissoria) bezüglich einer künftigen Streitigkeit zu unterscheiden. Sowohl für den Schiedsvertrag als auch für die Schiedsklausel wird die Einhaltung der Schriftform gefordert. Ein in elektronischer Form erstelltes Dokument erfüllt das Merkmal der gesetzlichen Schriftform.

Italien ist Vertragspartei des

  • New Yorker Abkommens über Anerkennung und Durchführung von Schiedssprüchen von 10.6.1958 und
  • Europäischen Abkommens über internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961.

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