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Italien: Vertragsrecht
Neben Informationen zu dem auf internationale Verträge anwendbaren Recht gibt dieser Rechtsbericht Auskünfte zu den verschiedenen Vertragsarten des italienischen Rechts.
16.08.2022
Von Nadine Bauer, Dr. Achim Kampf | Bonn
Anwendbares Recht
Für grenzüberschreitende Verträge stellt sich zunächst die Frage nach dem anwendbaren Recht. Bezogen auf Verträge zwischen deutschen und italienischen Geschäftspartnern heißt das also: Ist auf den Vertrag deutsches oder italienisches Recht anwendbar?
In vielen Fällen wird bei gewerblichen Warenkaufverträgen allerdings UN-Kaufrecht (United Nations Convention on Contracts for The International Sale of Goods - CISG) Anwendung finden, da sowohl Italien als auch Deutschland der entsprechenden Konvention beigetreten sind. Weitergehende Informationen hält der Rechtsbericht „UN-Kaufrecht in Italien“ bereit.
Rechtswahl- und Gerichtsstandklausel
Sowohl das anwendbare Recht als auch die internationale Zuständigkeit der Gerichte eines bestimmten Landes können vertraglich vereinbart werden. Soll nicht das UN-Kaufrecht anwendbar sein, muss dies bei Wahl des Rechts eines Vertragsstaates auf jeden Fall ausdrücklich erwähnt werden (etwa: „Es gilt deutsches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts.“). Denn durch die Ratifizierung des UN-Kaufrechts in einem Vertragsstaat sind zumindest dessen Vorschriften über die Anwendungsvoraussetzungen anwendbar.
Nationale Rechtslage
Rechtliche Grundlage ist das italienische Zivilgesetzbuch (Codice civile).
Auch in Italien sind Verträge grundsätzlich formfrei abschließbar, wenn das Gesetz nicht etwas anderes anordnet (so z.B. in Grundstückssachen). Eine Sonderregelung trifft Art. 1341 Abs. 2 Codice civile für Allgemeine Vertragsbedingungen (AGB): Hiernach sind von einem Vertragspartner zu seinen Gunsten vorformulierte allgemeine Vertragsbedingungen unwirksam, wenn sie von dem anderen Vertragspartner nicht ausdrücklich schriftlich angenommen wurden und einen der folgenden Bereiche betreffen:
- Haftungsbeschränkungen,
- Rücktrittsrecht oder Recht zur Vertragsaussetzung zugunsten des Vertragsverfassers,
- Verwirkungsklauseln,
- Beschränkung von Einwendungen der anderen Seite,
- Einschränkung der Vertragsfreiheit des Vertragspartners gegenüber Dritten,
- stillschweigende Vertragsverlängerung/-erneuerung,
- Schiedsgerichtsklauseln oder Änderungen der gerichtlichen Zuständigkeit.
Eine Besonderheit des italienischen Vertragsrechts liegt darin, dass die einseitige Kündigung eines Vertrags im Regelfall nicht möglich ist. Von dieser Regel gibt es allerdings einige Ausnahmen, zum Beispiel, wenn die einseitige Kündigungsmöglichkeit vertraglich vereinbart wurde oder wenn eine konkrete gesetzliche Vorschrift diese ausdrücklich anordnet.
Für die Übertragung des Eigentums ist kein zusätzlicher tatsächlicher Akt erforderlich. Die Einigung über die Eigentumsübertragung geht mit dem Kaufvertrag einher, sodass faktisch bereits mit Abschluss des Kaufvertrages auch das Eigentum übergeht, Art. 1376 Codice civile. Das gilt allerdings dann nicht, wenn der Kaufgegenstand noch nicht existiert oder nur der Gattung nach bestimmt ist oder aber ein Eigentumsvorbehalt vereinbart wurde. Bei Gattungssachen geht das Eigentum erst mit der Individualisierung der Sache oder in der von den Parteien festgesetzten Art und Weise über (Art. 1378 Codice civile). Beim Ratenkauf mit Eigentumsvorbehalt erwirbt der Käufer das Eigentum an der Sache erst mit der Zahlung der letzten Kaufpreisrate (Art. 1523 Codice civile).
Vertragsarten
Kaufverträge sind in den Artikeln 1470 ff. Codice civile geregelt. Der Verkäufer hat folgende drei Hauptpflichten:
- Übergabe der Kaufsache an den Käufer,
- Verschaffung des Eigentums an der Sache,
- Verpflichtung zur Gewährleistung wegen Ansprüchen Dritter und wegen Mängeln.
Dienstleistungs- und Werkverträge werden in Italien grundsätzlich unter dem Vertragstyp des Werkvertrages (appalto) zusammengefasst. Hierunter versteht man in Italien laut Art. 1655 Codice civile einen Vertrag, durch den die eine Partei gegen Bezahlung in Geld unter Bereitstellung der nötigen Mittel auf eigenes Risiko eine Werkausführung oder Dienstleistung übernimmt. Nach Art. 1659 Codice civile darf der Werkunternehmer Änderungen an einem geplanten Werk nur vornehmen, wenn der Kunde diese schriftlich genehmigt hat. Verweigert der Auftraggeber allerdings eine für die regelgerechte Werksausführung notwendige Änderung, hat der Werkunternehmer die Möglichkeit, die Änderungen gerichtlich einzuklagen.
Die Vergütung wird von den Vertragsparteien vereinbart, wenn eine Vereinbarung fehlt, wird sie mit Bezug auf die bestehenden Tarife oder Gebräuche berechnet. In Ermangelung einer Vereinbarung oder einschlägiger Tarife oder Gebräuche entscheidet das Gericht über die Vergütung (Art. 1657 Codice civile).
Der Auftraggeber kann auf eigene Kosten den Fortschritt der Arbeiten kontrollieren. Stellt er dabei fest, dass diese nicht regelgerecht ausgeführt werden, kann er eine Frist setzen, binnen derer der Werkunternehmer die vertragsgemäßen Bedingungen herzustellen hat, damit der Vertrag nicht aufgelöst wird (Art. 1662 Codice civile). Gemäß Art. 1665 des Codice civile haben Auftraggeber das Recht, die geleistete Arbeit zu überprüfen. Erfolgt die Überprüfung nicht oder verspätet, kann dies dazu führen, dass die Leistung als genehmigt gilt und der Anspruch auf die Zahlung der Gegenleistung fällig wird.
Besondere Bestimmungen bestehen zum Beispiel für Beförderungsverträge (Art. 1678 ff. Codice civile) und Maklerverträge (Art. 1754 ff. Codice civile).