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Kanada: Vertragsrecht

Das kanadische Vertragsrecht basiert mit Ausnahme der Provinz Québec – auf den Prinzipien des Common Law. (Stand: 11.06.2025)

Von Jan Sebisch | Bonn

UN-Kaufrecht

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 ist für Kanada am 1. Mai 1992 in Kraft getreten. Das UN-Kaufrecht (United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods – CISG) ist automatisch anwendbar, sobald der Anwendungsbereich eröffnet ist (Art. 1 ff.); dies ist bei grenzüberschreitenden Kaufverträgen und Werklieferungsverträgen der Fall. Allerdings können die Parteien die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts ausdrücklich ausschließen (Art. 6). Wann ein solcher Ausschluss sinnvoll ist, hängt von dem jeweiligen Einzelfall ab.

Hinweis: Vertiefende Informationen zum UN-Kaufrecht enthält die GTAI-Publikation UN-Kaufrecht in Deutschland, 25 Jahre Relevanz für den Warenexport, 2017.

Vertragsschluss

Der folgende Text bezieht sich ausschließlich auf den Vertragsschluss im kanadischen Common Law-System, wie es in den meisten Provinzen und Territorien Kanadas gilt. Es ist wichtig zu beachten, dass die Provinz Québec ein abweichendes Zivilrechtssystem hat, das auf dem französischen Recht basiert. In Québec ist das Vertragsrecht im Civil Code of Québec geregelt und unterscheidet sich in der Struktur und Terminologie deutlich vom Common Law. Traditionell sind im Common Law zwei übereinstimmende Willenserklärungen in Gestalt von Angebot und Annahme Voraussetzung für einen Vertragsschluss.

Angebot

Mit dem Angebot (offer) gibt der Erklärende seinen Willen zu erkennen, dass er einer anderen Partei bestimmte Vertragsbedingungen unterbreitet und dabei die Absicht erkennen lässt, rechtlich gebunden zu sein, falls die andere Partei zustimmt. Ein Angebot muss hinreichend bestimmt sein und die wesentlichen Punkte regeln. Der erforderliche Inhalt richtet sich nach der Art des Vertrages.

Annahme

Die Annahme (acceptance) ist die vorbehaltlose Zustimmung des Angebotsempfängers zu den Bedingungen des Angebots. Sie muss in der Regel dem Anbieter mitgeteilt werden, wobei hier je nach Fallkonstellation unterschiedliche Regeln zur Mitteilung oder zum Zeitpunkt der Wirksamkeit Anwendung finden können. Eine Besonderheit des kanadischen Vertragsrecht ist die sogenannte „postal acceptance“: Wird die Annahme des Angebots auf dem Postweg erklärt, ist sie ab dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie in die Post gegeben wird.

Consideration

Im Rahmen des kanadischen Vertragsrechts ist zudem das Rechtsinstitut der consideration zu beachten. Neben Angebot und Annahme ist die consideration eine grundlegende Voraussetzung für das Zustandekommen eines rechtsverbindlichen Vertrages. Consideration lässt sich am besten als eine gegenseitige Gegenleistung beschreiben. Sie bedeutet, dass jede Vertragspartei der anderen einen Vorteil verschafft oder auf einen rechtlichen Anspruch verzichtet.

Formerfordernisse

Im kanadischen Common Law-System können Verträge grundsätzlich formfrei geschlossen werden. Das bedeutet, dass ein Vertrag sowohl schriftlich als auch mündlich wirksam zustande kommen kann, sofern die allgemeinen Voraussetzungen – insbesondere Angebot, Annahme und consideration – erfüllt sind. Allerdings existieren Ausnahmen, die durch gesetzliche Vorschriften begründet sind. In einigen kanadischen Provinzen gelten noch Teile des englischen statue of frauds, das bestimmte Vertragsarten nur dann als durchsetzbar anerkennt, wenn sie schriftlich abgeschlossen wurden. Ob und in welchem Umfang das statue of frauds anwendbar ist, hängt vom jeweiligen provinziellen Recht ab.

Gewährleistungsrecht

Das Gewährleistungsrecht, das in der Regelungskompetenz der einzelnen Provinzen liegt, ist durch den jeweiligen Sale of Goods Act (SGA) beziehungsweise in der Provinz Québec durch den Civil Code weitgehend vereinheitlicht. Einige Provinzen verfügen zusätzlich über spezielle Regelungen zum Beispiel in Form eines Consumer Protection Act. Das Recht kann daher von Provinz zu Provinz variieren. Im Folgenden wird exemplarisch auf das allgemein geltende Gewährleistungsrecht im Rahmen des SGA der Provinz Ontario eingegangen.

Gewährleistungsrecht in der Common Law-Provinz Ontario

Im Bereich des Kaufrechts unterscheidet der SGA der Provinz Ontario bei beweglichen Sachen zwischen der vertraglichen und gesetzlichen Gewährleistung. Im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung wird ferner zwischen implied conditions und implied warranties unterschieden. Eine implied condition bedeutet, dass der Verkäufer im Falle eines Warenverkaufs das Recht hat, die betroffene Ware zu verkaufen. Eine implied warranty setzt voraus, dass die vom Verkäufer verkaufte Ware frei von Rechten und Ansprüchen Dritter ist und der Käufer den ungestörten Besitz an der Kaufsache ausüben kann (Section 13 SGA Ontario). Eine Gewähr dafür, dass die Kaufsache auch für einen bestimmten Zweck geeignet ist und bestimmten Qualitätsanforderungen entspricht, trägt der Verkäufer nach dem Gesetz nicht (Section 15 SGA Ontario). Das ist nur in den Konstellationen der Fall, in denen der Käufer dem Verkäufer ausdrücklich oder stillschweigend den besonderen Zweck mitteilt, für den die Ware benötigt wird oder der Käufer die Ware im Rahmen einer Beschreibung des Verkäufers kauft.

Gewährleistungsansprüche in Ontario

Die Rechtsfolgen der gesetzlichen Gewährleistung sind:

  • Erfüllungspflicht des Verkäufers im Ausnahmefall (specific performance, Section 50 SGA Ontario);
  • Rücktritt des Käufers (repudiation) nur bei der Verletzung einer implied condition, Section 12 Abs. 2 SGA Ontario;
  • Schadensersatzanspruch des Käufers im Falle der Verletzung einer implied warranty in Höhe des unmittelbaren Schadens, Section 51 Abs. 2 SGA Ontario.

Verjährung

Die Verjährungsfristen in Bezug auf etwaige Gewährleistungsansprüche unterscheiden sich von Provinz zu Provinz. In Ontario gilt (mit einigen Ausnahmen) eine allgemeine Verjährungsfrist von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt, in dem der Schaden erstmalig für den Geschädigten ersichtlich gewesen ist.

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