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Italien: Vertriebsrecht

Das Handelsvertreterrecht basiert auf europäischen Vorgaben und findet seine rechtliche Grundlage im Codice civile. Das Vertragshändlerrecht hingegen ist gesetzlich nicht geregelt.

Von Nadine Bauer, Dr. Achim Kampf | Bonn

Handelsvertreter

Das italienische Handelsvertreterrecht beruht primär auf den Bestimmungen über den Agenturvertrag (Art. 1742 ff. Codice civile).

Gemäß Art. 1742 Abs. 2 Codice civile ist der Abschluss eines Handelsvertretervertrages schriftlich nachzuweisen. Dies bedeutet aber lediglich, dass der Beweis für das Bestehen eines Handelsvertretervertrages nur durch die Vorlage eines schriftlichen Vertrages erfolgen kann. Für die Wirksamkeit eines solchen Vertrages hingegen ist die Schriftform nicht erforderlich.

Rechte und Pflichten

Pflicht des Handelsvertreters (agente) ist es, sich um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften zu bemühen und bei der Ausübung seiner Tätigkeit die Interessen des Unternehmers zu wahren und dessen Weisungen zu befolgen, Art. 1746 Codice civile. Der Handelsvertreter hat gemäß Art. 1748 Abs. 1 Codice civile für alle während der Vertragsdauer abgeschlossenen Geschäfte Anspruch auf Provision, wenn das Geschäft aufgrund seiner Bemühungen abgeschlossen worden ist.

Der Unternehmer (preponente) ist gemäß Art. 1749 Codice civile verpflichtet, dem Handelsvertreter die vereinbarte Vergütung zu zahlen, die aus einer Pauschale, einer Provision (provvigione) oder einer Kombination dieser beiden bestehen kann. Ein Vergütungsanspruch besteht zum einen für während des Vertragsverhältnisses abgeschlossene Geschäfte (Art. 1748 Abs. 1 Codice civile). Zum anderen besteht ein solcher Anspruch auch für Geschäfte, die erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zustande gekommen sind, sofern das Geschäft hauptsächlich auf die Handelsvertretertätigkeit zurückzuführen ist und es innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Auflösung des Vertrags abgeschlossen wurde (Art. 1748 Abs. 3 Codice civile).

Beendigung des Vertrages

Ein auf bestimmte Dauer abgeschlossener Handelsvertretervertrag endet grundsätzlich mit Zeitablauf, wenn er nicht von den Parteien fortgesetzt wird; in einem solchen Fall erfolgt die automatische Umwandlung in ein unbefristetes Vertragsverhältnis (Art. 1750 Codice civile). Ein solches wiederum ist unter Einhaltung bestimmter Fristen von jeder Partei kündbar.

Es gelten folgende Kündigungsfristen:

  • für das erste Vertragsjahr einen Monat,
  • für das angefangene zweite Vertragsjahr zwei Monate und
  • für jedes weitere angefangene Jahr einen zusätzlichen Monat bis hin zu sechs Monaten für das angefangene sechste Vertragsjahr und die folgenden Vertragsjahre.

Die Parteien können längere Kündigungsfristen vereinbaren, wobei die Kündigungsfrist des Handelsvertreters in jedem Fall kürzer sein muss als die für den Unternehmer einzuhaltende.

Neben der ordentlichen Kündigung existiert auch im italienischen Recht die Möglichkeit einer außerordentlichen – fristlosen – Kündigung. Rechtsgrundlage ist eine analoge Anwendung von Art. 2119 Codice civile auf den Handelsvertretervertrag. Voraussetzung für eine solche Kündigung ist ein berechtigter Grund (recesso per giusta causa). Ein solcher liegt in einem Ereignis oder Verhalten, dass es der zur Kündigung berechtigten Partei nach den konkreten Umständen unzumutbar macht, die vertragliche Beziehung bis zum regulären Ende des Vertrages fortzusetzen.

Wettbewerbsklausel

Abhängig von der Dauer des Handelsvertretervertrages ist auch die Vereinbarung einer Wettbewerbsklausel (patto di non concorrenza) möglich, Art. 1751-bis Codice civile. Sie ist grundsätzlich bis zwei Jahre nach Vertragsbeendigung wirksam und ist zwingend schriftlich abzufassen.

Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters

Gemäß Artikel 1751 Codice civile hat der Unternehmer dem Handelsvertreter einen Ausgleich (indennità) zu zahlen, wenn

  • der Handelsvertreter neue Kunden geworben oder die Geschäftsverbindungen mit vorhandenen Kunden wesentlich erweitert hat und der Unternehmer aus den Geschäften mit diesen Kunden noch erhebliche Vorteile zieht, oder
  • die Zahlung eines solchen Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.

Register

Bei jeder italienischen Industrie- und Handelskammer wird ein Register für Handelsvertreter geführt. Eintragungspflichtig sind diejenigen Handelsvertreter, die ihre Tätigkeit in Italien ausüben: Jede Person, die als Handelsvertreter tätig werden will, muss dies vor dem Beginn der Tätigkeit gegenüber der Handelskammer in telematischer Form mittels der sogenannten Zertifizierten Meldung über den Tätigkeitsbeginn (Segnalazione certificata di inizio attività – SCIA) als Handelsagent, Handelsvertreter anzeigen.

Vertragshändler

Vom Handelsvertreter unterscheidet sich der Vertragshändler insbesondere darin, dass letzterer Geschäfte im eigenen Namen und für eigene Rechnung abschließt.

Die Rechtsbeziehungen zwischen einem Vertragshändler beziehungsweise Eigenhändler und dem Hersteller sind nicht gesetzlich geregelt. Die Einordnung des Vertragshändlervertrags unter einen gesetzlich geregelten Vertragstypus (Kaufvertrag, Handelsvertretervertrag, Dauerlieferungsvertrag, gemischter Vertrag) ist auch im italienischen Recht nicht möglich; es gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit.

Der Vertragshändlervertrag kann auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geschlossen werden. Ein Wettbewerbsverbot kann nach Ablauf des Vertrages gemäß Art. 2596 Codice civile nicht länger als fünf Jahre wirksam sein. Dies gilt auch dann, wenn eine unbestimmte oder längere Frist vereinbart wurde. Diese Gesetzesvorschrift ist zwingend.

Während ein Vertrag auf unbestimmte Dauer sowohl durch ordentliche als auch durch außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund aufgelöst werden kann, ist der Vertrag auf bestimmte Dauer vor Ablauf der vereinbarten Zeit nur aus wichtigem Grund zu kündigen. Die bei der ordentlichen Kündigung einzuhaltende Kündigungsfrist richtet sich - soweit vertragliche Vereinbarungen hierzu fehlen - nach italienischem Handelsvertreterrecht in analoger Anwendung. Um Unsicherheiten zu vermeiden, empfiehlt es sich, diese Frage im Vertrag ausdrücklich zu regeln.

Wird die Kündigungsfrist nicht eingehalten, hat die Partei, die gekündigt wurde, grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch.

Die Frage, ob und unter welchen Umständen dem Vertragshändler nach Beendigung des Vertrages mangels schriftlicher Vereinbarung ein Ausgleichsanspruch zusteht, ist streitig. Unsicherheiten können bei entsprechender Vertragsgestaltung vermieden werden.

Im Rahmen von Alleinvertriebsverträgen kommt dem Kartellverbot des Art. 101 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) besondere Bedeutung zu, wonach alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bewirken, mit dem gemeinsam Markt unvereinbar und verboten sind. Erfüllt eine Vertriebsvereinbarung diese Kriterien, so kann sie dennoch zulässig sein, wenn sich die Zulässigkeit aus der Gruppenfreistellungsverordnung Nr. 330/2010 der Europäischen Union ergibt.

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