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Personalsuche und Personalmanagement
Flexible Arbeitsbedingungen, das Arbeitsklima und die ethischen Werte des Unternehmens haben vor allem für jüngere, gut ausgebildete Fachkräfte stark an Bedeutung gewonnen.
05.08.2025
Von Torsten Pauly | Mailand
Bei der Jobsuche zeigen Bewerber in Italien Eigeninitiative. So wandten sich im 4. Quartal 2024 etwa 74 Prozent der Jobsuchenden an Freunde oder Familienangehörige, meldet das nationale Statistikamt Istat. Auf Initiativbewerbungen setzten 71 Prozent und auf Stellenausschreibungen bewarben sich 55 Prozent. Geringer war die Nutzung der öffentlichen Arbeitsagenturen mit 33 Prozent. Bezieher von Arbeitslosenleistungen müssen sich auf einem Vermittlungsportal registrieren.
Um Hochschulabsolventen zu rekrutieren, nutzen viele Unternehmen Veranstaltungen direkt in den Lehreinrichtungen. An vielen Universitäten gibt es zudem spezialisierte Stellenvermittlungen und Arbeitsberater, Consulenti del Lavoro genannt. Deren Praxisstandards kontrolliert die Fachkammer Consiglio Nazionale dell’Ordine dei Consulenti del Lavoro. Viele Arbeitsverhältnisse kommen auch über Social-Media-Plattformen wie LinkedIn und XING zustande.
Internationale Vermittlungsagenturen sind am Markt aktiv
Für Stellenausschreibende bieten sich die führenden Onlineportale an, etwa der überregionalen Tageszeitungen Corriere della Sera und La Repubblica. Am Markt sind auch internationale Anbieter wie Monster und Indeed. Bedeutende italienische Jobportale sind Adzuna und Cercolavoro.
Von Zeitarbeit - auf Italienisch Lavoro temporaneo genannt - und anderen privaten Arbeitsvermittlern machten im 4. Quartal 2024 etwa 16 Prozent aller Arbeitssuchenden Gebrauch. Die italienische Branche hat sich im Verband Assolavoro zusammengeschlossen. In Italien sind internationale Anbieter wie Adecco, Manpower und Randstad tätig. Führende italienische Vermittler sind Atempo und die GI Group.
Für Führungspositionen und Stellen mit sehr hoher Qualifizierung schalten suchende Unternehmen oft Headhunter ein. Die Kommission kann dabei ein Fünftel eines Bruttojahresgehalts einschließlich Prämien und Zusatzleistungen ausmachen. Gängig sind auch abgestufte Headhunterprämien, etwa für ein Zustandekommen von Vorstellungsgesprächen oder für Arbeitsantritte.
Anforderungen an Arbeitgeber ändern sich
Für 87 Prozent aller italienischen Arbeitnehmer ist die Work-Life-Balance wichtig bei der Entscheidung für einen Job. Damit ist dieses Kriterium noch wichtiger als das Gehalt mit 85 Prozent. Für 76 Prozent der Beschäftigten spielen vom Arbeitgeber angebotene Weiterbildungen eine wichtige Rolle. Auf die sozialen und ökologischen Werte des Unternehmens achten 73 Prozent, auf flexible Arbeitszeiten 72 Prozent der Befragten. Dies ist das Ergebnis einer Studie von Randstad, welche die Vermittlungsagentur 2025 zu insgesamt 35 Ländern erstellt hat.
In Italien waren 2024 etwa 11,8 Prozent aller Arbeitsverhältnisse befristet. Das war laut Eurostat mehr als in Deutschland mit 10,5 Prozent und im EU-Durchschnitt mit 11 Prozent. In Teilzeit haben 2024 etwa 16,8 Prozent aller italienischen Beschäftigten gearbeitet. Diese Rate war geringer als im EU-Mittel von 17,7 Prozent und als in Deutschland mit 29,1 Prozent.
Gewerkschaften haben eine große Bedeutung
Der gewerkschaftliche Organisationsgrad ist in Italien hoch. Im Jahr 2019 gehörten 32,5 Prozent aller Arbeitnehmer einer solchen Interessensvertretung an. Damit lag Italien laut neuesten Zahlen der International Labour Organisation (ILO) unter 139 Ländern auf Rang 18. Die drei größten Gewerkschaftsverbände sind Confederazione Generale Italiana del Lavoro (CGIL), Confederazione Italiana Sindacati Lavoratori (CISL) und Unione Italiana del Lavoro (UIL).
Im Jahr 2024 fanden 1.080 Streiks statt, das waren 4,3 Prozent weniger als 2023. Lange Arbeitsniederlegungen wie in der Vergangenheit gab es in den letzten Jahren nicht mehr.