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Handelshäuser sind tragende Säulen für Japans Wirtschaft

Japans Handelshäuser sind ein Garant für funktionierende Lieferketten auf dem Archipel. Ihre Netzwerke helfen bei Auslandsprojekten und Drittmarktgeschäften. (Stand: 17.11.2023)

Von Jürgen Maurer | Bonn

Die sieben Generalhandelshäuser - Mitsubishi Shoji, Mitsui Bussan, Itochu Shoji, Sumitomo Shoji, Marubeni, Toyota Tsusho und Sojitz - spielen in Japan eine zentrale Rolle, wenn es um den Absatz sowie die Beschaffung von Rohstoffen und Waren geht. Sie unterstützen auf dem Archipel und im Ausland die strategischen Ziele ihrer Mutterkonzerne und anderer Kunden, um etwa bei der Infrastrukturentwicklung zu helfen und die Digitalisierung und Dekarbonisierung voranzutreiben.

Investitionen in Zukunftsenergien

Um einen möglichst kostengünstigen Zugang zu emissionsarmen oder emissionsfreien Energiequellen zu sichern, haben die Handelshäuser angefangen, ein Netzwerk verschiedener Zulieferländer für Wasserstoff und Ammoniak aufzubauen. Damit wollen sie den erwarteten, stark steigenden Bedarf an klimaneutralen Brennstoffen decken. Japans Regierung und Industrieunternehmen setzen auf diese Energieträger, um bis 2050 oder früher ihre Dekarbonisierungsziele erfüllen zu können.

Mit dieser Zielrichtung haben die Handelshäuser Mitsubishi und Mitsui im Juli 2023 mit dem saudi-arabischen Ölkonzern Saudi Aramco vereinbart, gemeinsam eine Ammoniakanlage in Saudi-Arabien zu errichten. Ab dem Jahr 2030 soll so gefördertes Erdgas jährlich zu etwa 11 Millionen Tonnen Ammoniak weiterverarbeitet werden. Die Investitionskosten beziffern die beiden Konzerne auf 7,2 Milliarden US-Dollar (US$). 

Gute Kapitalausstattung unterstützt Portfolioausbau

Der japanische Staat unterstützt die Firmen bei der Finanzierung. Zudem können die Handelshäuser tief in die eigenen Taschen greifen, denn sie haben im Geschäftsjahr 2022 hohe Umsätze und Profite eingefahren. Dazu haben stark gestiegene Rohstoff-, Brennstoff- und Materialpreise beigetragen. Allerdings wird sich dies 2023 nicht in gleicher Weise wiederholen, da der Preisdruck etwas nachgelassen hat.

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Das sehr diverse Portfolio von Kupfergeschäften in Südamerika oder die Beteiligung an erneuerbaren Energieparks in Europa und anderswo sind für die Handelshäuser wichtige Einnahmequellen, um zukünftige Wachstumssegmente zu finanzieren. Sie kaufen weltweit Beteiligungen an Solar- und Windparks und investieren in andere Energiequellen, darunter kleine Atomkraftwerke.

Itochu setzt beispielsweise auf Nordamerika. Dazu hat das Handelshaus mit der Sumitomo Mitsui Trust Bank im Juli 2023 einen Fonds von 500 Millionen US$ aufgelegt, der in erneuerbare Energieprojekte in den USA und Kanada investieren soll. Das größte Handelshaus, Mitsubishi, will seine Produktion aus erneuerbaren Energien von 30 Prozent im Fiskaljahr 2021 auf 60 Prozent im Fiskaljahr 2030 verdoppeln.

Handelshäuser stärken Lieferketten 

Sumitomo hat Anfang 2023 mit MP Materials aus Kalifornien eine exklusive Liefervereinbarung für NdPr (Neodymium-Praseodymium) unterschrieben. Dieser Vertrag soll die Versorgung japanischer Unternehmen mit dem Seltenen-Erden-Rohstoff diversifizieren. Bislang ist China Japans größter Lieferant für dieses Element, das für die Herstellung von Hochleistungsmagneten benötigt wird. 

Ebenfalls Anfang 2023 hat Sojitz zusammen mit der japanischen staatlichen Rohstoffgesellschaft JOGMEC einen Anteil an dem australischen Minenunternehmen Lynas Rare Earths übernommen. Deren Mount Weld Mine soll Japan in Zukunft bis zu 65 Prozent des Bedarfs an Dysprosium und Terbium liefern. Beide sind für die Teileherstellung für Elektrofahrzeuge und Windräder sehr wichtig.

Infrastrukturprojekte im Ausland nehmen zu

Die Handelshäuser sind auch selbst in der Produktion oder im Bau, im Betrieb und der Kontrolle von Infrastrukturvorhaben tätig. Sie suchen lukrative Auslandsaufträge, bei denen sie selbst federführend sind oder im Konsortium mit anderen Unternehmen Projekte durchführen. Dabei arbeiten sie eng mit Geschäftsbanken oder nationalen und internationalen Entwicklungsbanken zusammen und sichern so in vielen Fällen mit ihnen auch die Finanzierung ab.

Sojitz hat in Indien zusammen mit lokalen Ingenieursunternehmen ein großes Projekt an Land gezogen: In Ahmedabad soll ein Wartungszentrum für die im Bau befindliche Hochgeschwindigkeitsbahn entstehen. Das 460 Millionen US$ schwere Projekt umfasst die Planung, den Bau und die Ausrüstung des Zugdepots. Es ist der Ausgangspunkt der mehr als 500 Kilometer langen Shinkansen-Strecke bis Mumbai. Der Bau des Wartungszentrums soll bis 2028 dauern. 

In Saudi-Arabien wird Itochu in der völlig neu entstehenden Zukunftsstadt Neom mit der lokalen Enowa und dem französischen Umweltunternehmen Veolia eine Entsalzungsanlage bauen. Die Anlage soll nach ihrer Fertigstellung im Jahr 2025 etwa 500.000 Kubikmeter Meerwasser pro Tag entsalzen können und dabei ganz auf erneuerbare Energien setzen. 

Geschäftsnetzwerke sind ein enormer Fundus

Abgesehen von eigenen Überseerepräsentanzen verfügen die Handelshäuser über ein umfangreiches Netz an Unternehmen, die mit ihnen verbunden sind. Das Sogo Shosha Handbook, veröffentlicht im Mai 2023 vom Japan Foreign Trade Council, gibt die Zahl der den sieben Generalhandelshäusern angegliederten Unternehmen weltweit mit circa 5.900 Firmen an. 

Handelshäuser haben damit eine enorm weite Reichweite. Deutsche Unternehmen können von den Kontakten und Projektkenntnissen der Handelshäuser profitieren und bei Drittmarktgeschäften als Partner agieren. Die jüngsten Umfragen der AHK Japan zeigen, dass deutsche Unternehmen vor allem bei der Beschaffung immer häufiger mit japanischen Handelshäusern kooperieren.

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