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Kanadas Markt für Rechenzentren boomt

Von Rohstoffen bis Rechenzentren: Kanadas KI-Strategie eröffnet deutschen Unternehmen neue Perspektiven – besonders in spezialisierten Nischen.

Von Heiko Steinacher | Toronto

GeologicAI hat im Juli 2025 eine Series-B-Finanzierung über 44 Millionen US-Dollar (US$) erhalten. Das in Calgary ansässige Mining-Tech-Start-up entwickelt KI-gestützte Sensorik zur Analyse von Bohrkernen und unterstützt damit die effiziente Erschließung kritischer Rohstoffe wie Lithium, Kupfer und seltener Erden – essenziell für Server, Chips und Batteriespeicher.

KI und Mining-Tech verschmelzen immer mehr

Die Liste der Investoren in das Start-up liest sich wie ein "Who is who" der Rohstoffbranche: Neben BHP Ventures und Rio Tinto beteiligen sich auch Orica und Blue Earth Capital. Die Botschaft ist klar: Der Bedarf an kritischen Rohstoffen steigt und treibt den globalen Ausbau von Rechenzentren und KI-Infrastruktur an. GeologicAI will international expandieren, behält aber die Entwicklung in Kanada.

Der Ausbau von Rechenzentren in Kanada ist nicht nur für Cloud-Giganten wie Microsoft und Amazon Web Services (AWS) relevant, die damit ihre technologische Führungsrolle sichern wollen. Immer wichtiger wird KI-Infrastruktur auch für industrielle Anwendungen: Neben GeologicAI setzen Unternehmen wie Xaba, GHGSat oder Volt Lithium Corp auf KI-gestützte Lösungen, die auf hohe Rechenleistungen angewiesen sind – etwa zur Satellitendatenanalyse, Prozessoptimierung und für das Umweltmonitoring.

Server zur Miete gefragt – Unternehmen meiden eigene Infrastruktur

Kanadas Markt für Rechenzentren wächst rasant. Besonders dynamisch sind Québec, Ontario und British Columbia. Dort investieren Cloud-Giganten, Anbieter von Rechenzentrumsflächen und IT-Dienstleister in neue Kapazitäten.

Gefragt sind Lösungen, bei denen Unternehmen ihre Server in hochsicheren, professionell betriebenen Anlagen unterbringen – ohne eigene Infrastruktur. Auch ausgelagerte IT-Services boomen: Immer mehr Firmen setzen auf externe Partner, die Technik, Betrieb und Sicherheit aus einer Hand liefern.

Der Wettbewerb ist intensiv. Dennoch eröffnen sich deutschen Unternehmen Chancen, etwa in Nischen wie Green IT, Sicherheitslösungen oder Engineering-Services.

Arbeiten vor Ort: CETA hilft, ersetzt aber keine Genehmigungen

Wer in Kanada vor Ort tätig werden will – etwa bei Installation, Beratung oder Bauleitung – braucht in der Regel eine Arbeitserlaubnis.

Das CETA-Abkommen zwischen der EU und Kanada erleichtert zwar die Verfahren für temporäre Entsendungen und projektbezogene Dienstleistungen. Es ermöglicht schnellere Genehmigungen und vereinfacht die Gründung von Niederlassungen.

Doch ganz ohne Bürokratie geht es nicht: Visa und Arbeitsgenehmigungen müssen weiterhin individuell beantragt werden, oft mit Unterstützung eines kanadischen Kunden oder Partners.

Politische Rückendeckung für KI-Infrastruktur

Die kanadische Bundesregierung stellt im Rahmen ihrer "Canadian Sovereign AI Compute Strategy" knapp 1,5 Milliarden US$ für den Ausbau entsprechender Infrastruktur bereit. Die Initiative will den Zugang zu Rechenleistung für kanadische Unternehmen und Forscher verbessern. Ein 220-Millionen-US$-Fonds unterstützt kleine Unternehmen.

Mit milliardenschweren Investitionen in eigene KI-Rechenzentren positionieren sich die großen Telekommunikationsanbieter Bell und Telus dabei als Hauptakteure. Während Telus mit den geplanten "Sovereign AI Factories" auf eine vollständig kanadische Infrastruktur für das Training und die Anwendung großer KI-Modelle setzt, baut Bell mit der "AI Fabric" eine skalierbare Plattform für datenintensive Anwendungen auf.

Neben Datensouveränität liegt der Schwerpunkt auf Umweltfreundlichkeit: Wasserkühlung, Integration erneuerbarer Energien und energieeffiziente Hardware. Kanadas kühles Klima und ein sauberer Energiemix (insbesondere Wasserkraft in Québec) bieten natürliche Vorteile für einen nachhaltigen Betrieb. Sowohl Bell als auch Telus investieren in energieeffiziente Rechenzentren, die auf Erneuerbare und spezialisierte KI-Prozessoren setzen – und damit die Grundlage für eine unabhängige, leistungsfähige KI-Wertschöpfungskette in Kanada schaffen.

Alberta will sich als Rückgrat der nationalen KI-Infrastruktur etablieren

Parallel zum nationalen Ausbau verfolgt Alberta eine eigene Strategie: Die Provinz plant dafür in den nächsten fünf Jahren Investitionen von gut 73 Milliarden US$. Sie nutzt ihr kühles Klima, ihr großes Angebot an Erdgas für die Stromerzeugung und die niedrigen Unternehmenssteuern, um globale Tech-Unternehmen anzuziehen. 

Einige Betreiber haben dort ehrgeizige Pläne: Beacon AI Centers will sechs Komplexe außerhalb von Edmonton und Calgary errichten, die ab 2027 starten sollen. Dafür will das auf großskalige KI-Rechenzentren spezialisierte Unternehmen bis zu 7,5 Milliarden US$ investieren. 

Jedoch könnten die vorgeschlagenen Projekte das Stromnetz der Provinz belasten und die CO2-Emissionen erheblich steigern. Nach Angaben der kanadischen Energieregulierungsbehörde CER gibt es in Kanada rund 240 Rechenzentren. Während herkömmliche Anlagen eine elektrische Anschlussleistung von 5 bis 10 Megawatt (MW) haben, sollen die von Beacon AI Centers geplanten zusammen im Endausbau – nach firmeneigenen Angaben – um die 4.500 MW erreichen.

Kanadische Telekommunikationsriesen, die KI-Infrastrukturen aufbauen, haben Alberta daher bislang gemieden. Statt auf emissionsintensives Erdgas zu setzen, werden die geplanten Rechenzentren von Bell später beispielsweise mit Wasserkraft in British Columbia betrieben. Sie sollen auf Manitoba und Québec ausgeweitet werden. Auch Telus konzentriert sich auf Provinzen mit viel erneuerbarer Energie, insbesondere Québec und British Columbia.

Europäischer KI-Fußabdruck in der Provinz Ontario

Das französische Unternehmen OVHcloud investiert 107 Millionen US$ in ein Rechenzentrum in Cambridge, Ontario, und stärkt damit den Technologiekorridor Toronto-Waterloo. Die Investitionssumme ist im Vergleich zu Ausgaben von Cloud-Riesen wie Microsoft, Google oder Amazon deutlich niedriger, aber gezielt im kanadischen Innovationscluster platziert. Damit stärkt sie die digitale Souveränität durch einen europäischen Anbieter.

Kanadas Boom bei Rechenzentren bietet daher mehr als nur Exportchancen: Er eröffnet Zugang zu einem innovationsgetriebenen Markt mit stabilen Bedingungen, wachsender Nachfrage nach nachhaltiger IT-Infrastruktur und gezielter politischer Förderung – ideale Voraussetzungen also für Anbieter mit technologischem Profil, die international wachsen wollen.

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