Branchenbericht | Kenia | Wasser und Abwasser
Kenias Wasserversorgung leidet unter dem Klimawandel
Zahlreiche Dämme werden gebaut, um die Versorgung zu sichern. In den Städten fließt viel Geld in den Aufbau einer Abwasserentsorgung.
01.04.2022
Von Carsten Ehlers | Nairobi
In den kommenden Jahren dürften die Investitionen in die kenianische Wasserversorgung und Abwasserentsorgung steigen. Der rapide Bevölkerungszuwachs von etwa 1,2 Millionen Menschen jährlich, Verstädterung, Zersiedelung, zunehmende Umweltprobleme sowie in den letzten Jahren unberechenbar gewordene Regenzeiten machen Maßnahmen immer dringender. In der Wasserversorgung hat das Land in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte erzielt, sodass nun etwa 50 bis 60 Prozent der Bevölkerung Zugang zu Trinkwasser haben. Dagegen beginnt Kenia bei der Abwasserentsorgung praktisch von vorne.
Langfristig bestehen keine Zweifel am Wachstum des Umweltsektors in Kenia und auch kurzfristig ist die Wirtschaftslage positiv. Detaillierte Informationen über die aktuellen Konjunkturaussichten bietet der GTAI Wirtschaftsausblick.
Wachsender Umweltsektor weckt Interesse ausländischer Unternehmen
Besonders gefragt sind technische Komponenten aus dem Ausland, die fast vollständig importiert werden müssen, sowie Know-how bei der Beratung. Diverse Unternehmen betreiben in der kenianischen Hauptstadt Nairobi bereits ein Büro oder sind dort über einen lokalen Vertriebspartner präsent. Vom ostafrikanischen Hub Nairobi aus können neben dem lokalen Markt weitere Länder wie Uganda, Tansania und Ruanda bedient werden.
Rund um die kenianischen Großstädte, vor allem im Umland Nairobis, sind derzeit diverse Frischwasserdämme mit Großpipelines und Aufbereitungsanlagen im Bau. Die Dämme werden auch deshalb notwendig, weil die Regenfälle aufgrund des Klimawandels erratischer ausfallen. Mombasa, wo der Wassermangel am auffälligsten ist, denkt zudem über Meerwasserentsalzung nach. Die staatlichen Water Works Development Agencies (WWDA) sind für die Infrastrukturmaßnahmen zuständig und in insgesamt neun Regionen aktiv.
Fokus bei der Wasserversorgung liegt auf der "letzten Meile"
Auch der Ausbau der Haushaltsanschlüsse soll vorangetrieben werden. Diese sind teuer und sollten eigentlich von den kommunalen Betreibern der Wassernetze verlegt werden. Da ihnen aber das Geld fehlt, übernehmen die WWDA die Investitionen. Der in Kenia extrem niedrige Wasserpreis von im Schnitt etwa 93 Kenia-Schilling (rund 74 Eurocent) pro Kubikmeter macht es den Wasserversorgern schwer, profitabel zu arbeiten und zu investieren. Mit der Genehmigung einer Preiserhöhung tut sich indes die Regierung aus politischen Gründen schwer.
In den schnell wachsenden sogenannten Informal Settlements und Slums an den Rändern der Städte werden eigene Lösungen für die Wasserversorgung benötigt. Denn hier mangelt es oft an Platz für die Verlegung eines Wassernetzes und auch auf die Kosten muss geachtet werden. Als praktikabel haben sich dort vor allem privat betriebene Wasserkioske erwiesen. Hier können Anwohner sich Trinkwasser gegen Bezahlung in Kanister abfüllen lassen.
Städtische Abwassernetze werden umfangreich ausgebaut
Die Abwasserentsorgung gewinnt ebenfalls an Bedeutung. Mit einer Abdeckungsrate von etwa 15 Prozent existiert sie bislang nur rudimentär. Die bislang sehr kleinen Abwassernetze in den Städten stammen oft noch aus der Kolonialzeit und werden nun umfangreich ausgebaut, auch weil die Umweltprobleme deutlich zunehmen.
So sind zum Beispiel die nahe den Großstädten Kisumu und Nakuru gelegenen Seen inzwischen massiv verschmutzt. Der Grund: Städtische Abwässer gelangen weitgehend ungeklärt in die Seen. Für Informal Settlements und Slums kommt auch hier aus Platz- und Finanzgründen kein Netz infrage. Einfache Gemeinschaftssanitäranlagen, die regelmäßig entleert werden, könnten hier die Lösung sein. Von zentralen Sammelstellen könnten die Fäkalien dann von Lkw abgeholt werden.
Industrie und Landwirtschaft dürften zunehmend investieren
Aufgrund der zunehmenden Umweltschäden zeichnet sich eine Verschärfung der Umweltauflagen für Großverbraucher von Wasser ab. Industrie und Agrarbetriebe dürften daher zunehmend in die Reinigung ihrer Abwässer investieren. Dies geschieht bereits bei den zahlreichen Blumenfarmen am Lake Naivasha, wo die Verschmutzung des Sees deutlich zugenommen hat.
Ausgewählte Wasserprojekte in Kenia
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand | Anmerkung/Ansprechpartner |
Northern Collector Tunnel | 240 Mio. Euro | Seit 2015 in der Durchführung. Bau steht kurz vor dem Abschluss. | Wasserversorgung für Nairobi. Investor: Athi Water Works Development Agency. Baudurchführung: China Gezhouba Group Company (CGGC). Tunnelbau in den Aberdares. Zu dem Projekt gehört auch der Bau einer Wasseraufbereitungsanlage sowie von Pipelines vom Ndakaini-Damm nach Nairobi. Steigerung der Wasserversorgung um 140.000 cbm/Tag. |
Ruiru II Damm | 67 Mio. US$ | Im Bau seit 2021. | Wasserversorgung für Nairobi. PPP zwischen Sogea-Satom, Egis (beide Frankreich) und Athi Water Works Development Agency. Bau eines Damms bei Nairobi mit 7,5 Mio. cbm Kapazität. Auch soll eine Trinkwasseraufbereitungsanlage mit 40.000 cbm/Tag nahe der Stadt Kiambu gebaut werden. Finanzierung: U.a. Deutsche Bank. |
Karimenu II Damm | 192 Mio. Euro | Im Bau seit 2019. Fertigstellung geplant für 2022. | Wasserversorgung für Nairobi und Umland (Ruiru und Juja). Baudurchführung: Chinesische EPC-Kontraktoren. Investor: Athi Water Works Development Agency. Der Damm hat eine Kapazität von 23.500 cbm und liegt ca. 50 km westlich der Stadt Thika. |
Thwake Multipurpose-Damm | 647 Mio. Euro | Im Bau. Fertigstellung geplant für 2022. | Wasserversorgung für die Distrikte Makueni und Kitui, östlich von Nairobi. Investor: Tanathi Water Works Development Agency. Baudurchführung: CGGC. Finanzierung: Kenianische Regierung, AfDB. Zu dem Projekt gehört auch die teilweise Umleitung des Athi-Flusses in zwei 700-Meter-lange Tunnel. |
Mwache Damm | 160 Mio. Euro | Baubeginn sollte im Februar 2022 sein. | Wasserversorgung für die Küstenregionen Kwale, Mombasa und Kilifi, vor allem für die Bewässerung von Agrarflächen. Die Kapazität des Dammes liegt bei 118 Mio. cbm. Investor: Ministry of Water, Sanitation & Irrigation. Finanzierung: Weltbank. |
Mzima Springs II | 280 bis 336 Mio. Euro | Geplant. | Wasserversorgung der Küste. Investor: Coast Water Works Development Agency. Finanzierung: China Exim Bank. Bau eines Damms sowie einer 220-km-langen Pipeline von den Mzima-Springs im Tsavo-West Nationalpark über Taita und Voi bis an die Küste. |
Shimo La Tewa Mombasa Desalination Plant | 128 Mio. Euro | Geplant. Verzögert sich. | Bau einer Meerwasserentsalzungsanlage für die Trinkwasserversorgung von Mombasa. |
Water & Sanitation Development Project (Weltbank) | 300 Mio. US$ | Seit 2018 in der Durchführung. Läuft noch bis 2022. | Hierunter fallen mehrere Projekte, u.a. der Ausbau und die Modernisierung der Infrastruktur in Küstenprovinzen sowie im Norden (Wajir, Garissa) |
Lake Victoria Water & Sanitation Project(LVWATSAN; EIB und AFD) | 79 Mio. US$ | Seit 2018. Läuft bis 2023. | Ausbau der Wasser und Abwasserkapazitäten. Bau einer Aufbereitungsanlage, Erhöhung der Managementkapazitäten bei den Wasserversorgern der Region, Ausweitung der Anschlüsse in sog. Informal Settlements. |
Nakuru Sewerage System Expansion | 60 Mio. US$ | Seit 2020. | KfW finanziert. Die Studien sind fertig. Ausschreibungen für den Bau werden für 2023 erwartet. |
Ausschreibende Stellen sind im Bereich der Wasserversorgung meistens die WWDA. Insbesondere von Athi WWDA (Region Nairobi), der Central Rift Valley WWDA (Naivasha und Nakuru) sowie der Coast WWDA (Küste, Mombasa) werden derzeit zahlreiche Projekte durchgeführt. Vereinzelt veröffentlicht auch das Ministry of Water, Sanitation and Irrigation Ausschreibungen.
Geber spielen wichtige Rolle bei Auftragsvergabe
Da dem kenianischen Staat häufig Geld für Großprojekte fehlt, werden viele Maßnahmen im Wasser- und Abwasserbereich von Gebern finanziert. Dazu gehören: Weltbank, Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB), EU, KfW und Agence Française de Développement (AFD). Für Unternehmen, die sich an Wasserprojekten beteiligen möchten, ist es daher von Vorteil, Kontakte auch zu den Gebern zu knüpfen, um über deren Pläne informiert zu sein und Chancen auszuloten. Eine Reihe von Projekten werden von der chinesischen Regierung finanziert. In diesem Fall sind für deutsche Unternehmen die Chancen gering, beteiligt zu werden.
Problematisch bei Geschäften mit dem kenianischen Staat sind häufig dessen späte Rückzahlungen, insbesondere wenn keine Geberorganisation involviert ist. Ausländische Zulieferer bevorzugen daher beim Vertrieb mitunter die Nutzung eines lokalen Partners mit guten Beziehungen zu den Behörden.
Kontaktadressen
Bezeichnung | Anmerkungen |
Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen mit Kompetenzzentrum „Energie und Umwelt“ | |
Zuständiges Ministerium für den Wassersektor | |
Regulierer der Wasserversorgung | |
Zuständig für das Management der Wasserressourcen | |
Regulierer für die Wasserressourcen | |
Geplant als hybride Konferenz für den 29. 11.-2.12.2022 in Nairobi | |
Verband für die Zulieferer des Wassersektors |