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Kenia: Vertragsrecht
Einige Regelungen zum kenianischen Vertragsrecht sind gesetzlich geregelt. Aber auch das Common Law spielt eine Rolle. Das UN-Kaufrecht kommt nur begrenzt zur Anwendung. (Stand: 28.10.2025)
Von Katrin Grünewald | Bonn
Regelungen zum kenianischen Kaufrecht über bewegliche Sachen findet man im Sale of Goods Act. Gemäß Section 3 ff. benötigt man für den Abschluss eines Vertrages gegenseitiges Einvernehmen (mutual consent) und die Fähigkeit, Verträge abschließen zu können (capacity to contract). Der Vertragsgegenstand muss rechtmäßig (legality of purpose) und es muss eine Gegenleistung (consideration) vereinbart worden sein. Darüber hinaus müssen die Formvorschriften eingehalten werden.
UN-Kaufrecht
Zu beachten sind beim Vertragsschluss außerdem die Regeln des UN-Kaufrechts. Da die Republik Kenia nicht Vertragsstaat des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods - CISG) ist, ist das Abkommen für das Land nicht in Kraft getreten. Eine CISG-Statustabelle ist auf der Webseite der United Nations Commission on International Trade Law abrufbar.
Nichtsdestotrotz ist es möglich, dass auf einen Vertrag mit einem kenianischen Geschäftspartner das UN-Kaufrecht anwendbar ist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Prüfung des anwendbaren Rechts ergibt, dass deutsches Recht gilt und das UN-Kaufrecht nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde. Weitere Informationen finden Sie auch in dem GTAI-Rechtsbericht Rechtliche Aspekte bei Verträgen mit Geschäftspartnern im Ausland sowie in der GTAI-Publikation Anwendbares Recht und UN-Kaufrecht.
Gewährleistungsrecht
Wird ein Vertrag nicht erfüllt wie vereinbart, ist das Gewährleistungsrecht gemäß Section 13 ff. Sale of Goods Act anzuwenden. Danach muss zunächst auf die vereinbarte Qualität der Ware (condition) geschaut werden, über die grundsätzlich beim Warenkauf keine stillschweigende Vereinbarung getroffen wird. Ausnahmen sind unter anderem, dass der Käufer dem Verkäufer den Grund für den Warenkauf mitteilt oder ausdrücklich eine bestimmte Qualität vereinbart wird. Außerdem muss eine Ware einer Beschreibung entsprechen, wenn sie aufgrund dieser Beschreibung gekauft wird.
Sofern im Kaufvertrag eine bestimmte Qualität vereinbart wurde, kann der Käufer auf diese verzichten und vom Vertrag zurücktreten oder eine Garantieverletzung (breach of warranty) geltend machen und damit Schadensersatz verlangen. Ob ein Rücktrittsrecht oder Schadensersatz geltend gemacht werden kann, hängt nicht von der Wahl des Käufers ab, sondern richtet sich nach der Auslegung des Kaufvertrages. Als Schadensersatz gilt die Differenz zwischen der gelieferten Ware und der der Garantievereinbarung entsprechenden Ware.
Unabhängig von der Vereinbarung der Qualität kann der Käufer bei der Lieferung von zu viel oder zu wenig Ware die Annahme der Ware verweigern. Akzeptiert er sie, muss er den Kaufpreis auf die erhaltene Ware zahlen. Für den Fall, dass der Käufer keine Ware erhält, kann er vom Verkäufer Schadensersatz verlangen. Ein Gericht kann außerdem die Erfüllung des Vertrages (specific performance) anordnen. In diesem Fall hat der Käufer keinen Anspruch auf Schadensersatz.
Vorschriften zur Verjährung von Ansprüchen befinden sich im Limitation of Actions Act. Vertragliche Ansprüche verjähren danach innerhalb von sechs Jahren.
Höhere Gewalt
Falls ein Vertrag aufgrund von unvorhergesehenen Ereignissen nicht erfüllt werden kann, sind möglicherweise die Regeln zur höheren Gewalt anwendbar. Im besten Fall enthält der Vertrag eine höhere Gewalt-Klausel, auch force majeure-Klausel genannt. Bei der Formulierung einer solchen Klausel kann man sich an der Musterklausel der Internationalen Handelskammer orientieren und diese in den Vertrag einbeziehen. Alternativ kann auch eine eigene Formulierung gewählt werden. Dabei sollte beachtet werden, dass die Klausel präzise, aber weder zu allgemein noch zu eng, formuliert wird. Auch die Umstände der Vertragsschließung, insbesondere die Branche, die Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, die Sitten und Bräuche und die verhandelnden Parteien sollten berücksichtigt werden.
Bei der Geltendmachung einer höhere Gewalt-Klausel muss nachgewiesen werden, dass eine Kausalität zwischen dem Ereignis höherer Gewalt und der Nichterfüllung besteht. Die Beeinträchtigungen durch das unvorhergesehene Ereignis müssen also unmittelbar zur Nichterfüllung des Vertrags führen. Außerdem muss die andere Partei, laut ICC-Musterklausel, von der Geltendmachung in Kenntnis gesetzt werden. Der Vertrag kann hierfür auch eine konkrete Frist vorsehen.
Die Rechtsfolge sieht vor, dass beide Vertragsparteien von ihren vertraglichen Pflichten befreit sind. Die sich auf höhere Gewalt berufende Partei haftet nicht für Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder Verzug. Ist die Beeinträchtigung nur vorübergehend, sind beide Parteien nach Wegfall des beeinträchtigenden Ereignisses wieder zur Leistung verpflichtet. Macht die Vertragserfüllung nach Wegfall der Beeinträchtigung keinen Sinn mehr, können beide Parteien innerhalb einer angemessenen Frist kündigen.
Enthält ein Vertrag keine höhere Gewalt-Klausel, ist nach kenianischem Recht die aus dem Richterrecht entwickelte Doktrin der frustration of contract anwendbar. Um sich darauf berufen zu können, muss nach Vertragsschluss ein Ereignis eintreten, das nicht von den Vertragsparteien verursacht wurde und die Erfüllung des Vertrags unmöglich macht oder den Charakter des Vertrags grundlegend ändert. Das Ereignis darf bei Vertragsschluss weder bekannt noch vorhersehbar gewesen sein. Da die Doktrin von Gerichten sehr eng ausgelegt wird, genügt eine bloße Erschwerung der Erfüllung, zum Beispiel durch eine Verzögerung oder Verteuerung, in der Regel nicht.
Rechtsfolge ist, dass beide Parteien von ihren vertraglichen Verpflichtungen befreit werden und der Vertrag aufgelöst wird. Bereits erfolgte Leistungen können zurückgefordert werden. Nicht vorgesehen ist es, dass der Vertrag nach Wegfall der Beeinträchtigung weiterbesteht und die Parteien wieder zur Leistung verpflichtet sind.