Kroatien erhält bis Ende 2026 über 10 Milliarden Euro aus dem EU-Wiederaufbaufonds. Beim Mittelabruf liegt das Land weit vorn. Doch jetzt gilt es, das Tempo zu halten.
Kroatien zählt zu den Spitzenreitern beim Abruf von EU-Mitteln aus dem Wiederaufbaufonds. Mit der sechsten Tranche Ende September 2025 wurden bereits 5,3 Milliarden Euro an Wiederaufbauhilfen an das Land ausgezahlt. Auch in der Planung war Kroatien vorbildlich: Schon im April 2021 verabschiedete Zagreb den nationalen Aufbau- und Resilienzplan. Im Juli desselben Jahres gab die EU-Kommission dafür grünes Licht und im Februar 2022 konnte das Durchführungsübereinkommen unterzeichnet werden.
Trotz Kürzungen: Kroatien sichert Rekordbudget
Der Wiederaufbaufonds stellt Finanzhilfen in Form von Zuschüssen und Krediten bereit. Ursprünglich waren für Kroatien rund 6,3 Milliarden Euro an Zuschüssen vorgesehen. Aufgrund einer schnelleren wirtschaftlichen Erholung reduzierte die Kommission die Zuweisung Mitte 2022 auf 5,5 Milliarden Euro.
Kürzungen betrafen vor allem Investitionen in die energetische Gebäudesanierung und den Verkehrssektor. Um die Projekte dennoch umzusetzen, sicherte sich die kroatische Regierung eine Kreditlinie von über 4,3 Milliarden Euro. Ergänzt werden die Gelder durch 276 Millionen Euro aus dem REPowerEU-Plan. Mit einem Gesamtbudget von 10,04 Milliarden Euro ist Kroatien nach Griechenland der zweitgrößte Empfänger von Wiederaufbauhilfen im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt.
Bis Ende September 2025 wurden in sechs Tranchen mehr als 50 Prozent der Mittel abgerufen und 42 Prozent der im nationalen Aufbau- und Resilienzplan gesetzten Zwischenziele erreicht. Aktuell liegt der EU-Kommission der Antrag für die siebte Rate in Höhe von 1,07 Milliarden Euro zur Prüfung vor. Damit gehört Kroatien mit Italien und Portugal zu den effizientesten Nutzern von Wiederaufbaumitteln.
Investitionen für Wachstum und Modernisierung
Die Gelder verteilen sich auf sechs Schwerpunkte. Den größten Posten bildet mit 4,8 Milliarden Euro die Förderung der Wirtschaft. Jeweils 2 Milliarden Euro sind für die energetische Sanierung von Gebäuden und für den Bildungsbereich vorgesehen. In Verwaltung und Justiz, in die Modernisierung des Gesundheitswesens sowie in Sozial- und Arbeitsmarktreformen fließen weitere 1,2 Milliarden Euro. Sämtliche Investitionen müssen bis Ende August 2026 erfolgt sein.
Gut die Hälfte des Gesamtbudgets fließt in Vorhaben, die Kroatiens Wirtschaft stärken. Konkret sind das in erster Linie öffentliche Infrastrukturprojekte im Energie- und Umweltbereich. Auch die Gelder aus dem REPowerEU-Plan kommen primär dem Energiesektor zugute.
Aufbauhilfen für den Wasser- und Abfallsektor
Kernprojekt ist der Ausbau des Flüssigerdgasterminals auf der Insel Krk samt zugehörigem Pipelinenetz. Die Arbeiten sind bereits weit fortgeschritten. Andere Vorhaben stecken noch in der Ausschreibungsphase. Dazu zählt die Vergabe von über 200 Millionen Euro für Investitionen in Infrastruktur für alternative Kraftstoffe und den Einsatz von Wasserstoff im Verkehr.
Auch der Wasser- und Abfallsektor spielt eine zentrale Rolle: 1,2 Milliarden Euro sind veranschlagt, um die jeweilige Infrastruktur auszubauen und zu modernisieren. Die Einzelausschreibungen sind allerdings komplex und kommen nur schleppend voran.
Unternehmenszuschüsse vor allem für KMU
Rund 1 Milliarde Euro könnten laut nationalem Aufbau- und Resilienzplan direkt an Unternehmen für Investitionen in Forschung und Entwicklung fließen. Kroatiens Arbeitgeberverband (HUP) sieht darin eine reale Chance für die dringend benötigte Modernisierung der heimischen Wirtschaft.
Ein Großteil der Fördermaßnahmen zielt auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Besonders stark nachgefragt war eine Ausschreibung mit einem Volumen von 50 Millionen Euro, die innovativen Produkten den Weg zur Marktreife bereiten soll. Aber auch größere Unternehmen kommen zum Zug: Sie konnten sich etwa um Mittel aus einem Fördertopf im Umfang von 252 Millionen Euro für Investitionen in energie- und ressourcenschonende Technologien bewerben. Die Ausschüttung erfolgte in zwei Tranchen.
Von der ersten Tranche profitierte etwa die kroatische Tochter der deutschen König Metall GmbH & Co. KG. KM Kovnica erhielt für Investitionen in eine nachhaltigere Produktion knapp 2,4 Millionen Euro an nichtrückzahlbaren Zuschüssen. Deutsche Maschinen- und Anlagenbauer profitieren zudem indirekt von Ausschreibungen, etwa wenn sie sich als Ausrüster geförderter Projekte positionieren. Der Ausbau des Flüssigerdgasterminals auf Krk schafft beispielsweise Nachfrage nach Pumpen, Turbinen, Kompressoren und Steuerungstechnik. Unter anderem Siemens kommt dort zum Zug.
Arbeitgeberverband warnt vor Mittelverfall
Die zuständigen Behörden treiben die Umsetzung der Wiederaufbaumaßnahmen bislang zügig voran: Ende 2024 waren bereits 90 Prozent der Fördermittel ausgeschrieben, im Vergabeprozess oder in Vorbereitung. Dennoch kommt es bei zentralen Investitionsvorhaben zu Verzögerungen. HUP warnte sogar, dass Teile der Mittel verfallen könnten. Auch die EU-Kommission zeigt sich besorgt. In ihrem Länderbericht von Juni 2025 kritisiert sie begrenzte Verwaltungskapazitäten, langwierige Vergabe- und Genehmigungsverfahren sowie die unzureichende Abstimmung zwischen den Behörden.
Inzwischen reagierte die kroatische Regierung und verteilte Mittel aus 30 Maßnahmen auf kurzfristig realisierbare Projekte um. Dadurch stehen nun mehr Gelder für Vorhaben in der Wasserwirtschaft, im Katastrophenschutz und für die energetische Gebäudesanierung bereit. Komplexere Projekte wie der Bau der Bahnstrecke Kutina-Novska werden jetzt über die Kohäsionsförderung finanziert.
Bürokratische Hürden bremsen Projektumsetzung
Auch bei der Umsetzung der Fördermaßnahmen in der Privatwirtschaft zeigen sich die strukturellen Schwächen der kroatischen Verwaltung. Berater zu EU-Projekten verweisen auf Probleme, die schon aus der vorherigen Förderperiode bekannt sind: verspätete Ausschreibungen, Fristüberschreitungen und eine überbordende Bürokratie. Die Prüfung von Förderanträgen kann bis zu einem Jahr dauern. Das ist für Mittelempfänger besonders kritisch.
Von Snjezana Buhin Peharec,
Kirsten Grieß
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Zagreb