Während Marokko und Tunesien hohe Summen durch die internationale Zusammenarbeit erhalten, sind die Geber in Libyen, Algerien und Mauretanien sehr viel zurückhaltender.
Charakteristika der Maghrebländer
Eindeutig definiert ist der Maghreb nicht. Im engeren Sinne versteht man darunter Marokko, Algerien und Tunesien, im weiteren Sinne zählen auch Mauretanien und Libyen dazu. Die Union des Arabischen Maghreb (UMA), ein 1989 gegründeter wirtschaftlicher und politischer Zusammenschluss von Mauretanien, Marokko, Algerien, Tunesien und Libyen, stärkt die zweite Definition.
Die Staaten teilen viele Gemeinsamkeiten. Sie liegen bis auf Mauretanien allesamt am Mittelmeer, nah an Europa und ihre Amtssprache ist Arabisch. In den ehemaligen französischen Kolonien Mauretanien, Marokko, Algerien und Tunesien ist zudem Französisch als Handels-, Bildungs- und Wissenschaftssprache präsent, in Libyen gewinnt seit einigen Jahren Englisch an Bedeutung.
Was das Einkommen angeht, sind sich die Länder ebenfalls recht ähnlich. Im Schema der Weltbank, die alle Staaten nach ihrem Bruttonationaleinkommen pro Kopf in eine von vier Kategorien einordnet, liegen die meisten maghrebinischen Länder in der zweit niedrigsten Kategorie der Länder mit mittlerem Einkommen im unteren Bereich (lower-middle income economies). Neben Marokko, Tunesien und Mauretanien zählt seit 2020 auch Algerien dazu. Einzig Libyen steht als Land mit mittlerem Einkommen im oberen Bereich (upper-middle income economies) eine Stufe höher.
Internationale und regionale Geberorganisationen bedenken die Staaten jedoch in sehr unterschiedlichem Maße mit Krediten und Zuschüssen. Entsprechend sind die Geschäftschancen für deutsche Firmen in der Entwicklungszusammenarbeit im Maghreb sehr uneinheitlich.
Summen der großen Geber für den Maghreb
Die großen multilateralen Geber engagieren sich unterschiedlich stark im Maghreb. In 2019 sagte die Weltbank etwa 2,06 Milliarden Euro an Official Development Assistance (ODA) und anderen Mitteln zu und die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) machte Zusagen über etwa 1,39 Milliarden Euro. Von EU-Institutionen, das heißt von Europäischer Kommission und Europäischer Investitionsbank (EIB), floss 2018 ODA in Höhe von etwa 987 Millionen Euro in den Maghreb. Die Islamische Entwicklungsbank (IsDB) hingegen legt ihren geographischen Fokus auf andere Regionen und machte 2019 für den Maghreb nur Zusagen in Höhe von etwa 486 Millionen Euro.
Von Deutschland kam 2018 ODA von etwa 624 Millionen Euro. Dabei zeigt sich wie auch bei den anderen Gebern ein klarer Fokus auf Marokko, gefolgt von Tunesien und mit größerem Abstand Libyen, Mauretanien und Algerien. Dies spiegelt sich auch in der Länder-Kategorisierung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wider, welches Marokko und Tunesien als Reformpartner einstuft. Beide erhalten als besonders reformorientierte Länder an Erfolge geknüpfte höhere Zusagen als andere Länder, die nicht in diese Kategorie fallen. Die KfW Entwicklungsbank setzt dabei die Finanzielle Zusammenarbeit (FZ) Deutschlands im Auftrag der Bundesregierung um, die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) führt die Projekte der Technischen Zusammenarbeit (TZ) durch. Beide legen ihren Fokus im Maghreb ebenfalls auf Marokko und Tunesien.
Förderstrategien der großen multilateralen Geber im Maghreb
Weltbank verfolgt MENA-Strategie
Die Weltbank schließt den Maghreb in ihre Strategie für die Region Nahost und Nordafrika (MENA) mit ein, welche durch wirtschaftliche und soziale Integration Frieden und Stabilität fördern soll. Kurzfristige Ziele sind sozialer Ausgleich, die Ausweitung der regionalen Zusammenarbeit, die Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Klima- und Flüchtlingsschocks sowie der Wiederaufbau in von Konflikten betroffenen Ländern. Die Weltbank betont das große Potenzial der Region, insbesondere ihrer jungen Menschen und Frauen. Auf Grund mangelnder Bildung, unzureichender digitaler Infrastruktur und eines wenig unternehmerfreundlichen Geschäftsklimas könnten diese ihr Potenzial jedoch nicht voll ausschöpfen. Seit 2019 adressiert die Weltbank in ihrer Strategie daher zudem die Themen Humankapital, digitale Technologien und Öffnung des Geschäftsumfelds für den Privatsektor.
EU kooperiert im Rahmen der "Südlichen Partnerschaft"
Die EU engagiert sich im Rahmen ihrer Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) im Maghreb. Durch das Programm sollen benachbarte Länder ohne Beitrittsperspektive stärker an die EU angebunden werden. Mit Hilfe des Europäischen Nachbarschaftsinstruments (ENI) werden vor allem Wirtschaftsreformen und Strukturanpassungen in den Partnerländern finanziert. Die ENP unterteilt sich in die zwei Regionen: "Östliche Partnerschaft" und "Südliche Nachbarschaft". Letztere umschließt die südlichen und östlichen Mittelmeeranrainer von Marokko bis Syrien (inklusive Jordanien). Im Rahmen der "Südlichen Partnerschaft" wurden mit allen Staaten außer Syrien und Libyen Aktionspläne verabschiedet. Diese zielen je nach Land in unterschiedlicher Weise darauf ab, demokratische, sozial gerechte und inklusive Gesellschaften zu entwickeln sowie Bildung und wirtschaftliche Integration zu fördern. Darüber hinaus sollen kleine und mittlere Unternehmen und die Landwirtschaft vorangebracht sowie die grenzüberschreitende Mobilität von Menschen erleichtert werden.
AfDB setzt in Nordafrika auf Energie, Transport und Wasserversorgung
Die AfDB nennt das frühe Engagement Nordafrikas in der Bank, gepaart mit seiner wirtschaftlichen Stärke, als Gründe dafür, dass die Region über die Jahre gesehen der führende "Kunde" und größte Empfänger der Bank wurde. Laut AfDB benötige Nordafrika - und damit der Maghreb - aber trotz seiner Wirtschaftskraft "nach wie vor erhebliche Investitionen in die Infrastruktur und die Entwicklung des Privatsektors, um ein breit angelegtes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum voranzutreiben". Energie, Transport und Wasserversorgung sind die wichtigsten Interventionsfelder der Bank in Nordafrika.
Von Laura Sundermann
|
Bonn