Wirtschaftsumfeld | Malaysia | Handelsabkommen
Malaysia öffnet seinen Markt für die USA
Malaysia und die USA haben ein umfassendes Handels- und Investitionsabkommen unterzeichnet. Die Beschlüsse bedrohen indirekt auch Geschäftschancen deutscher Unternehmen.
21.11.2025
Von Boris Alex | Kuala Lumpur
Die Regierungschefs von Malaysia und den USA haben am 26. Oktober 2025 in Kuala Lumpur im Rahmen des Gipfeltreffens des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) eine Absichtserklärung über ein bilaterales Handelsabkommen unterzeichnet. In dem Agreement on Reciprocal Trade verpflichtet sich Malaysia zum Abbau von tarifären und nichttarifären Handelsbeschränkungen gegenüber den USA und gewährt US-Produkten künftig bevorzugten Zugang zum malaysischen Markt. Mit den Zugeständnissen und Verpflichtungen gegenüber den USA dürften sich die Wettbewerbsposition und Absatzchancen deutscher Unternehmen in Malaysia sehr wahrscheinlich verschlechtern.
USA verhängen Zusatzzoll von 19 Prozent auf malaysische Importe
Die USA waren 2024 mit einem Volumen von 54 Milliarden US-Dollar (US$) Malaysias wichtigster Absatzmarkt. Zwar ist der Handelsüberschuss mit den USA in den letzten Jahren geschrumpft, lag 2024 aber immer noch bei 26 Milliarden US$.
Entsprechend groß war der Druck, malaysischen Unternehmen weiterhin Zugang zum wichtigen US-Markt zu verschaffen. In monatelangen Verhandlungen gelang es schließlich, den von US-Präsident Trump am Liberation Day im April 2025 verkündeten reziproken Zusatzzollsatz auf malaysische Importe von 24 auf 19 Prozent nach unten zu korrigieren. Zudem konnten nach Aussagen des malaysischen Handelsministeriums für 1.711 Produkte mit einem Exportwert von zuletzt 5,2 Milliarden US$ geringere Zollsätze erwirkt werden, darunter für wichtige Ausfuhrgüter wie Halbleiter, Palmöl und Gummierzeugnisse.
Im Gegenzug verpflichtet sich Malaysia mit Inkrafttreten des Abkommens, die Importzölle auf US-Waren je nach Produkt auf Sätze zwischen 0 und 15 Prozent zu reduzieren oder über einen Zeitraum von fünf bis neun Jahren schrittweise abzuschaffen. Zudem wurden Quoten für die zollfreie Einfuhr von Schweinefleisch, Molkereierzeugnissen und von Eiern aus den USA beschlossen. Dies könnte auch die deutschen Lieferungen von Milchprodukten und Eiern beeinträchtigen – 2024 immerhin für rund 52 Millionen US$ –; für sie gelten Zollsätze von bis zu 50 Prozent. Künftig dürften in malaysischen Kühlregalen neben Erzeugnissen aus Australien und Neuseeland, mit denen bereits Freihandelsabkommen bestehen, also immer häufiger US-Produkte zu finden sein.
Malaysia muss US-Standards akzeptieren
Auch bei den nichttarifären Handelshemmnissen kommt Malaysia den USA entgegen. So müssen bei der Einfuhr von landwirtschaftlichen Produkten, Nahrungsmitteln und Medikamenten künftig die sanitären und phytosanitären Maßnahmen sowie Zertifikate der US-Behörden akzeptiert werden. Die für Lebensmittel benötigte Halal-Zertifizierung soll für Importe aus den USA ebenfalls harmonisiert werden. Erfolgt diese durch einen vom Department of Islamic Development Malaysia anerkannten Zertifizierer in den USA, dürfen keine darüber hinaus gehenden Erfordernisse beim Import gestellt werden.
Bei Industriegütern – dazu zählen gemäß Handelsabkommen auch Kosmetikartikel, Arzneimittel und Medizintechnik – sollen für US-Importe die Halal-Zertifizierung entfallen. US-Hersteller hätten damit gegenüber deutschen Anbietern einen Vorteil, da deren Produkte weiter den zeit- und kostenintensiven Zertifizierungsprozess durchlaufen müssen. Malaysia importierte 2024 aus Deutschland Medizintechnik im Wert von 181 Millionen US$, ein Plus von 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Deutsche Hersteller lagen damit unter den Lieferländern auf dem Platz 4 hinter Singapur, USA und China. Die Bezüge aus den USA beliefen sich 2024 auf 338 Millionen US$.
Bei Kfz und Motorrädern muss Malaysia künftig ebenfalls die Sicherheits- und Emissionsstandards der US-Behörden akzeptieren. Zudem fällt beim Import von US-Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren in Zukunft der gleiche Verbrauchssteuersatz (Excise Duty Rate) wie für ein Fahrzeug der gleichen Kategorie aus dem Land mit dem niedrigsten Verbrauchssteuersatz an. Darüber hinaus darf Malaysia die Stückzahl von importierten US-Fahrzeugen nicht begrenzen.
Importverpflichtungen erschweren Chancen für Lieferanten aus anderen Ländern
Ein bedeutender Bestandteil des Abkommens ist die Verpflichtung Malaysias, im großen Umfang US-Produkte zu beschaffen. Dies betrifft zwei Wachstumssegmente, in denen sich auch deutsche Unternehmen Exportchancen erhoffen. So muss Malaysia bis 2030 in den USA Maschinen und Ausrüstungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Halbleiterproduktion im Wert von 103 Milliarden US$ kaufen. Malaysia ist der weltweit sechstgrößte Exporteur von Halbleitern und will seinen Anteil an den globalen Exporten bis 2030 auf 15 Prozent verdoppeln. Zudem will die Branche in den Front-End-Bereich der Wertschöpfungskette, also Chip-Design und Wafer-Produktion, vordringen. Die notwendigen Ausrüstungen müssten dann sehr wahrscheinlich in den USA beschafft werden, um die Importverpflichtungen zu erfüllen.
Gleiches gilt für den Bereich Rechenzentren. Hier hat sich Malaysia verpflichtet, bis 2030 Ausrüstungen wie Server, Switches oder Messtechnik im Wert von 43,5 Milliarden US$ in den USA einzukaufen. Die bis 2030 geplanten Data-Center-Projekte belaufen sich zusammen aber nur auf ein Investitionsvolumen von 25 Milliarden bis 30 Milliarden US$ – einschließlich der Baukosten. Für Anbieter aus anderen Ländern dürfte es sehr schwierig werden, mit ihren Lösungen und Produkten bei den US-amerikanischen Vorhaben von Amazon, Oracle, Microsoft oder Google zum Zuge zu kommen.
Malaysia hat sich auch bei der geplanten Förderung und Weiterverarbeitung seiner bisher kaum erschlossenen Vorkommen an seltenen Erden verpflichtet, mit den USA zu kooperieren und die aus seltenen Erden produzierten Magneten, bevorzugt an die USA zu liefern.