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Marokko: Investitionsrecht
Marokko ist ausländischen Investoren gegenüber aufgeschlossen. (Stand: 30.09.2025)
Von Sherif Rohayem | Bonn
Marokko ist ein Standort, der im regionalen Vergleich als freundlich gegenüber ausländischen Investoren bezeichnet werden kann. So sind ausländische Investoren marokkanischen weitestgehend gleichgestellt - insbesondere gibt es im Gegensatz zu anderen arabischen Ländern bis auf einige strategische Branchen keine Beteiligungsgrenzen für Kapitalgesellschaften. Ausnahmsweise existieren Restriktionen für ausländische Investoren in Bereichen wie zum Beispiel der Fischerei, Medien, Banken, Versicherungen sowie in der Landwirtschaft.
Ausübung eines Gewerbes steht in Marokko unter Erlaubnisvorbehalt
Eine grundsätzliche Anzeigepflicht wie das in Deutschland der Fall ist, gilt nach marokkanischem Gewerberecht nicht. Stets müssen Gründer:innen in Marokko eine Gewerbeerlaubnis - eine sogenannte autorisation d'exploitation commerciale - einholen. Deren Voraussetzungen unterscheiden sich sich je nach beabsichtigter Wirtschaftsaktivität.
Marokko hat wie andere Entwicklungs- und Schwellenländer ein spezielles Investitionsgesetz zur Förderung von Direktinvestitionen verabschiedet - namentlich das Rahmengesetz Nr. 03-22 betreffend Investitionen (InvestG). Das InvestG wurde im Dezember 2022 verabschiedet und hat sein Vorgängergesetz aus dem Jahr 1995 ersetzt. Artikel 1 InvestG formuliert die mit dem Gesetz verfolgten industriepolitischen Ziele: unter anderem die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Steigerung ausländischer Direktinvestitionen, die Verminderung von Importen sowie die Erhöhung des Anteils der Privatwirtschaft an den Gesamtinvestitionen. Die Mittel zur Erreichung dieser Ziele zählt Art. 2 InvestG auf. Das sind unter anderem die unternehmerische Freiheit, ein freier Wettbewerb, Rechtsstaatlichkeit und die Gleichbehandlung inländischer und ausländischer Investoren.
Neben diesen normativen Mitteln bietet das InvestG Investorinnen auch finanzielle Mittel in Form von Zuschüssen. Die Höhe der Zuschüsse variieren je nach dem, ob Projekte ein bestimmtes Investitionsvolumen erreichen, eine bestimmte Anzahl an Arbeitsplätzen schaffen, in einer bestimmten Region entstehen oder in einem strategischen Sektor stattfinden.
Begriff | Definition |
---|---|
Dauerhafter Arbeitsplatz (emploi stable) | Sozialversicherungspflichtiger Arbeitsvertrag mit einem marokkanischem Staatsangehörigem und einer Dauer von mindestens 18 Monaten |
Gesamtkosten der Investition (montant d'investissement total) | Gesamtkosten für die Gründung oder Erweiterung eines Projektes vor Steuern, unter anderem einschließlich der Kosten für Marktforschung, Technologietransfer, Immobilien, Ausrüstung, Infrastruktur und Materialien |
Zuschussfähige Investitionskosten (montant d'investissement primable) | Gesamtkosten der Investition abzüglich der Kosten für Immobilien im öffentlichen Eigentum; Kosten für Immobilien im Privateigentum werden bis zu 20% der Gesamtkosten der Investition berücksichtigt. |
Nachhaltiges Projekt (projet d'investissement durable) | Projekte gemäß Artikel 4 Erlass Nr. 3-12-23 |
Projekt mit local content (projet d'intégration locale) | Projekte, die eine durch Artikel 1 Erlass Nr. 3-12-23 bestimmte Quote an local content erreichen. |
Investitionszuschuss (prime à l'investissement) | Der Zuschuss, den der marokkanische Staat auf Grundlage eines Investitionsvertrages einem Investor gewährt. |
Investitionsprojekt (projet d'investissement) | Jedes inländische Projekt, das die Produktion von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand hat und dauerhafte Arbeitsplätze schafft. |
Allgemeine Förderung für die Schaffung von Arbeitsplätzen
Die Artt. 11 ff InvestG regeln die als allgemeine Förderung (Soutien Principal) bezeichneten Subventionen, welche sich in drei Arten von Zuschüssen zergliedern:
- den gemeinsamen Zuschuss (prime commune - Art. 12 InvestG),
- den regionalen Zuschuss (prime territoriale - Art. 13 InvestG) sowie
- den sektoralen Zuschuss (prime sectorielle - Art. 14 InvestG).
Alle drei genannten Zuschussarten setzen voraus, dass die investierte Summe mindestens 50 Millionen marokkanische Dirham (MAD; rund 4,7 Millionen Euro) beträgt und mindestens 50 dauerhafte Arbeitsplätze entstehen oder (unabhängig von der Investitionssumme) mindestens 150 dauerhafte Arbeitsplätze entstehen (jeweils Art. 11 InvestG in Verbindung mit Art. 6 InvestGVO und Art. 1 Erlass Nr. 3-13-23 zur InvestGVO und Art. 11 InvestG in Verbindung mit Art. 6 InvestGVO).
Je nach dem, ob es sich um den gemeinsamen, regionalen oder sektoralen Zuschuss handelt, muss ein Investitionsprojekt noch zusätzliche Anforderungen erfüllen. Die Höhe der Zuschüsse werden als Prozentsätze angegeben mit den gesamten Investitionskosten als Berechnungsgrundlage.
Gemeinsamer Zuschuss
Was die Anforderungen des gemeinsamen Zuschusses angeht, der genau genommen mehrere Zuschusstatbestände vereinigt, gilt gemäß Art. 7 InvestGVO das Folgende:
Kriterium | Zuschusshöhe in Prozent (%) |
---|---|
1 bis 1,5 dauerhafte Arbeitsplätz je 1 Millionen MAD von den gesamten Investitionskosten | 5 |
1,5 bis 3 dauerhafte Arbeitsplätze je 1 Millionen MAD von den gesamten Investitionskosten | 7 |
mehr als 3 dauerhafte Arbeitsplätze je 1 Millionen MAD von den gesamten Investitionskosten | 10 |
*Anteil von 30% des Gesamtgehaltes für Frauen | 3 |
**Berufsfelder der Zukunft oder Aktivitäten mit Skalierungspotential | 3 |
Nachhaltige Projekte 2) | 3 |
Projekte mit lokaler Integration 3) | 3 |
Soweit ein Investitionsprojekt mehrere der in Art. 7 InvestGVO gelisteten Tatbestände erfüllt, werden die Zuschüsse addiert.
Regionaler Zuschuss
Zusätzlich zu den gemeinsamen Zuschüssen erhalten Investitionsprojekte einen weiteren Zuschuss, wenn sie in einer strukturschwachen Region realisiert werden (Art. 13 InvestG). Dieser regionale Zuschuss beläuft sich gemäß Art. 8 InvestGVO auf 10 Prozent, wenn es in einer Region der A-Kategorie liegt sowie auf 15 Prozent, wenn sich das Projekt in einer Region der B-Kategorie befindet. Welche Regionen in welche Kategorie gelistet sind ergibt sich aus Art. 1 Erlass Nr. 3-14-31 vom 1.3.2023.
Sektoraler Zuschuss
Zusätzlich zu den gemeinsamen und den regionalen Zuschüssen sieht Art. 14 InvestG noch den sektoralen Zuschuss vor. Dieser beträgt 5 Prozent der zuschussfähigen Investitionskosten und wird für Projekte aus folgenden Sektoren gewährt:
- Industrie
- Tourismus
- Kultur
- Digitalwirtschaft
- Erneuerbare Energien
- Recycling und Upcycling
- Logistik und Transport
- Outsourcing
- Aquafarming
Gemäß Art. 10 InvestGVO können sämtliche Zuschüsse der allgemeinen Förderung bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung addiert werden, jedoch sind sie in ihrer Höhe auf 30 Prozent der gesamten Investitionskosten gedeckelt.
Besondere Förderung für Großprojekte mit strategischem Charakter
Desweiteren gibt es die besondere Förderung (soutien spécifique) gemäß Art. 17 InvestG für Projekte mit strategischem Charakter. Im Gegensatz zur allgemeinen Förderung sind die Fördermaßnahmen gesetzlich nicht geregelt, sondern werden zwischen der Regierung und den Investoren ausgehandelt. Voraussetzung für die Qualifizierung eines Projektes als strategisch ist zunächst eine Investitionssumme in Höhe von 2 Milliarden MAD (umgerechnet circa 187 Millionen Euro). Allein die Investitionssume macht ein Projekt jedoch nicht gleich zum strategischen Projekt. Zusätzlich muss es eine der folgenden Kriterien erfüllen:
- spürbarer Beitrag zur Wassersicherheit, zur Energiesicherheit, zur Nahrungssicherheit oder zur nationalen Gesundheit;
- relevante Anzahl geschaffener direkter oder indirekter Arbeitsplätze;
- beachtliche Auswirkung auf die regionale und internationale Positionierung Marokkos als Wirtschaftsstandort;
- sektorweite Auswirkungen oder
- signifikanter Beitrag zur Entwicklung und Erwerb neuester Technologien.
Gemäß Art. 18 InvestG stehen allgemeine und besondere Förderung im Exklusivitätsverhältnis sprich: Investoren erhalten entweder Förderung nach dem allgemeinen oder dem besonderen Regime.