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Mexiko: Vertriebsrecht
In Mexiko gibt es keine eigenen Gesetze über Handelsvertreter. (Stand: 15.08.2025)
Von Dr. Julio Pereira | Berlin
Im mexikanischen Recht gibt es keine spezifischen Gesetze, die ausschließlich das Handelsvertreterverhältnis regeln. Dieses Rechtsverhältnis findet jedoch seine Rechtsgrundlage in allgemeinen Bestimmungen des Handelsgesetzbuches (Código de Comercio – CCo) und des Zivilgesetzbuches (Código Civil Federal – CCF) sowie in der Rechtsprechung. Insbesondere gelten die Artikel über den Provisionsvertrag (Contrato de Comisión, Art. 273 bis 308 CCo), den Auftrag (Mandato, Art. 2546 bis 2585 CCF) und die vertraglichen Verpflichtungen im Allgemeinen (Art. 1792 bis 1859 CCF).
Handelsvertreter
Der Handelsvertreter (agente commercial) gilt als selbständiger Unternehmer, der im Namen eines Dritten, des Auftraggebers (mandante), handelt. Seine Tätigkeit ist durch ihre Beständigkeit und Kontinuität gekennzeichnet und hat zum Ziel, Handelsgeschäfte für einen anderen zu fördern oder abzuschließen. Aufgrund dieses Verhältnisses hat der Handelsvertreter Anspruch auf eine Vergütung oder Provision für jedes abgeschlossene Geschäft (Art. 285 CCo).
Das Verhältnis zwischen Handelsvertreter und Auftraggeber stellt kein Arbeitsverhältnis oder Unterordnungsverhältnis im Sinne des Arbeitsgesetzes (Ley Federal del Trabajo – LFT) dar, sondern ein Handelsverhältnis, das von natürlichen oder juristischen Personen mexikanischer oder ausländischer Staatsangehörigkeit ohne Wohnsitz in Mexiko geschlossen werden kann. Eine Registrierung der Handelsvertreterverträge bei einer Behörde ist nicht erforderlich.
Anwendbares Handelsrecht
Der Handelsvertreter kann aufgrund der regelmäßigen Ausübung von Handelsgeschäften gemäß Art. 3 des CCo als Kaufmann angesehen werden, sodass ihm Verpflichtungen wie die ordnungsgemäße Buchführung (Art. 33 bis 46 CCo) und die Aufbewahrung von Unterlagen für einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren (Art. 46 CCo) obliegen. Es besteht jedoch keine Verpflichtung zur Eintragung in das öffentliche Handelsregister (Registro Público de Comercio – RPC) allein aufgrund der Ausübung der Tätigkeit als Handelsvertreter.
Form und Inhalt des Vertrags
Der Handelsvertretervertrag unterliegt keiner besonderen Formvorschrift und kann daher mündlich geschlossen werden (Art. 1832 CCF). Aus Beweisgründen ist jedoch eine schriftliche Form üblich.
Der Vertrag muss klare Bestimmungen über seinen Gegenstand, die Rechte und Pflichten der Parteien, die Laufzeit, die Provision, die Kündigungsgründe und gegebenenfalls eine Gerichtsstands- oder Schiedsklausel enthalten. Es ist rechtlich zulässig, territoriale oder persönliche Exklusivität sowie Wettbewerbsverbotsklauseln zu vereinbaren, sofern diese nicht gegen die öffentliche Ordnung verstoßen oder die Handelsfreiheit unangemessen einschränken (Art. 6 und 7 CCo, Art. 5 CPEUM).
Vertragsdauer und -beendigung
Verträge können für einen bestimmten oder unbestimmten Zeitraum abgeschlossen werden. Sofern nicht ausdrücklich anders vereinbart, wird die für die Erfüllung des Vertragsgegenstands erforderliche Dauer vorausgesetzt (Art. 2394 CCF). Bei unbefristeten Verträgen kann jede Partei den Vertrag mit einer angemessenen Frist kündigen. Obwohl es keine gesetzliche Frist gibt, hat die Rechtsprechung eine Mindestkündigungsfrist von 15 Tagen als angemessen angesehen. Die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist kann zu einer zivilrechtlichen Haftung für Schäden und Verluste führen (Art. 1910 und 1915 CCF).
Bei befristeten Verträgen endet das Vertragsverhältnis mit Ablauf der Laufzeit, sofern keine ausdrückliche Verlängerung erfolgt. Eine vorzeitige Kündigung ist nur aus wichtigen Gründen (außerordentliche Kündigung) zulässig, wie zum Beispiel bei schwerwiegender Vertragsverletzung, Insolvenz oder Verkauf des Geschäfts des Auftraggebers, was zu einer Haftung führen kann, wenn ein unmittelbarer Schaden nachgewiesen wird (Art. 1796 und 1830 CCF).
Die Kündigung wird ex nunc (ab dem Zeitpunkt ihrer Mitteilung) wirksam, was bedeutet, dass der Vertreter Anspruch auf die bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen Provisionen behält. Die Kündigung muss Dritten zur Wahrung der Wirksamkeit gemäß dem Grundsatz von Treu und Glauben mitgeteilt werden.
Entschädigungen und Schadensersatz
Ein Anspruch auf Entschädigung wegen Vertragsbeendigung ist gesetzlich nicht vorgesehen und muss daher ausdrücklich zwischen den Parteien vereinbart werden. Der Vertreter kann jedoch eine Entschädigung verlangen, wenn eine Vertragsverletzung, eine Verletzung von Ausschließlichkeitsklauseln oder eine Kündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist vorliegt. In solchen Fällen gelten die Grundsätze der vertraglichen Haftung (Art. 2104, 2106 und 2110 CCF).
Vertriebshändler, Kommissionär und Vermittler
Der autorisierte Vertriebshändler (distribuidor) handelt in eigenem Namen und auf eigene Rechnung und erwirbt Waren zum Zwecke des Weiterverkaufs. Seine Beziehung zum Lieferanten unterliegt den Bestimmungen des Kaufvertrags (Art. 2248 ff. CCF), ohne dass ein Vertretungsverhältnis besteht.
Der Kommissionär (comisionista) schließt Rechtsgeschäfte für einen anderen (Kommittenten) in eigenem Namen und nur für bestimmte Geschäfte ab (Art. 273 CCo). Das Verhältnis ist zeitlich begrenzt und gilt nicht als langfristig, sofern nichts anderes vereinbart ist.
Der Vermittler (intermediario) handelt, indem er den Abschluss von Geschäften für fremde Rechnung fördert, ohne sich jedoch direkt zu verpflichten, es sei denn, er ist dazu befugt. Liegt ein ausdrückliches Mandat vor, gelten die Vorschriften des Handelsmandats (Art. 2554 CCF und 75 Abs. XIII CCom).
In allen drei Fällen gelten die Vertragsfreiheit (Art. 78 CCo) und die allgemeinen Grundsätze des Privatrechts, einschließlich der Willensfreiheit und des Grundsatzes pacta sunt servanda, die nur durch das Gesetz, die Moral und die öffentliche Ordnung eingeschränkt sind (Art. 1796 CCF).