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Special | Mexiko | LkSG | Umsetzungshilfe Risikoanalyse

Missachtung der Koalitionsfreiheit, Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen

Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Mexiko unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

(Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 6 LkSG)

Kurzbeschreibung: Koalitionsfreiheit umfasst das Recht von Arbeitnehmern, sich frei zu Gewerkschaften zusammenschließen zu dürfen. Die Koalitionsfreiheit umfasst zudem in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht des Beschäftigtenortes das Recht von Gewerkschaften sich zu betätigen, was ein Streikrecht und ein Recht auf Kollektivverhandlungen beinhaltet.

Gesetzliche Grundlagen 

Mexiko ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat neun von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehören die hier relevanten Übereinkommen über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes (ILO-Übereinkommen Nr. 87) sowie über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen (ILO-Übereinkommen Nr. 98). Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

Seit der Arbeitsmarktreform von 2019 haben Arbeitnehmer in Mexiko das Recht, Gewerkschaftsvertreter in einer Abstimmung zu wählen und für oder gegen einen Kollektivvertrag zu stimmen. Zuvor wurden Tarifverträge zum Teil von nicht repräsentativen Gewerkschaften ausgehandelt und ohne Wissen der Beschäftigten unterzeichnet. Auch heute noch wird ein Teil der Tarifverträge in Mexiko von Schutzgewerkschaften unterzeichnet, die Arbeitgeber und korrupte Organisationen gegründet haben, um faire Tarifverhandlungen zu unterbinden. Allerdings hat sich die Situation seit der Reform von 2019 verbessert und auch das Handelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada, kurz USMCA, stärkt die Position der Arbeitnehmer.

Der USMCA-Vertrag unterstreicht in Kapitel 23 (Arbeit) die Verpflichtung der Parteien zur Einhaltung der Deklarationen  der ILO von 1998 (Declaration on Fundamental Principles and Rights at Work and its Follow-Up) und 2008 (Declaration on Social Justice for a Fair Globalization). Artikel 23.3 1.(a) des Vertrages hält dementsprechend das Recht auf Vereinigung (Streikrecht) und Kollektivverhandlungen fest. Kapitel 31  regelt das Streitbeilegungsverfahren bei Verstößen gegen das Abkommen und beinhaltet den sogenannten Rapid Response Labor Mechanism (RRM) bei Verstößen gegen die Koalitionsfreiheit von Arbeitern und gegen das Recht auf Kollektivverhandlungen. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Vereinigungsfreiheit bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

Risiken

Mexiko belegt im Global Rights Index 2023 des Internationalen Globalen Gewerkschaftsbundes (IGB), der jährlich die relevanten Rahmenbedingungen zur Respektierung kollektiver Arbeitnehmerrechte durch das jeweilige Land bewertet, das Rating 3. Dies bedeutet, dass es in Mexiko zu "regelmäßigen Verletzungen" der kollektiven Arbeitnehmerrechte kommt. In der Region werden die meisten Länder schlechter eingestuft als Mexiko, darunter Brasilien (5), Kolumbien (5) und selbst die USA (4). Chile wird mit dem Rating 3 gleich bewertet wie Mexiko.

Auf Basis des Streitbeilegungsverfahrens des USMCA-Vertrages bei Verstößen gegen die Koalitionsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen haben die USA seit 2021 bereits in sieben Fällen den entsprechenden Mechanismus (Rapid Response Labor Mechanism, RRM) aktiviert. Dieser sieht eine Überprüfung des Falls durch die Behörden innerhalb von 45 Tagen vor und Sanktionen, falls keine entsprechenden Maßnahmen in den Unternehmen getroffen werden, um die Missstände zu beheben. In folgenden Betrieben, die alle aus der Automobilindustrie stammen, wurde der RRM-Mechanismus aktiviert:

  • General Motors-Werk in Silao (Bundesstaat Guanajuato)
  • Tridonex-Werk in Matamoros (Tamaulipas)
  • Panasonic Automotive Systems-Werk in Reynosa (Tamaulipas)
  • Teksid Hierro de Mexico-Werk in Frontera (Coahuila)
  • Manufacturas VU-Werk in Piedras Negras (Coahuila)
  • Saint-Gobain-Werk in Cuautla (Morelos)
  • Unique Fabricating-Werk in Santiago de Querétaro (Querétaro)

In fast allen genannten Fällen wurden Verbesserungen der arbeitsrechtlichen Situation in den Betrieben erzielt. In dem General-Motors-Werk in Silao etwa wurde in einer fairen Wahl aus vier Gewerkschaften im Februar 2022 die Gewerkschaft SINTTIA (Sindicato Independiente Nacional De Trabajadores Y Trabajadoras De La Industria Automotriz) als Arbeitnehmervertreterin gewählt. Im Mai 2022 stimmten die Arbeiter für einen neuen Tarifvertrag, den SINTTIA ausgehandelt hatte und der erhebliche Lohnsteigerungen vorsah.

Bei dem Unternehmen Manufacturas VU wurde jedoch nach erneuter Untersuchung ein Rückschritt festgestellt, konkret die Einschüchterung von Gewerkschaftsvertretern sowie die Weigerung des Unternehmens, einen Kollektivvertrag mit der gewählten Gewerkschaft La Liga Sindical Obrera Mexicana (LSOM) auszuhandeln. Im März 2023 wurden daher Sanktionen gegen das Unternehmen erlassen (strafrechtliche Verfolgung von verantwortlichen Personen, Restrukturierung der Personalabteilung inklusive möglicher Entlassungen etc.). Manufacturas VU ist ein Hersteller von Armlehnen und Türpolsterungen für Kfz und beliefert Pressemeldungen zufolge unter anderem Toyota, Honda und Chrysler. Nähere Informationen zu den einzelnen Fällen bietet das Büro des Handelsbeauftragten der Vereinigten Staaten (Office of the United States Trade Representative, USTR).

Im März 2023 akzeptierte die kanadische Regierung eine Petition der mexikanischen Gewerkschaft der Arbeiter des Automobilsektors SINTTIA und der kanadischen Gewerkschaft Unifor zur Überprüfung der arbeitsrechtlichen Situation in einem Werk in Silao (Guanajuato) von einem deutschen Automobilzulieferers. Dem Unternehmen wird unter anderem die Einschüchterung und gezielte Entlassung von gewerkschaftlich aktiven Mitarbeitern vorgeworfen. Die kanadische Regierung wird zunächst die Vorwürfe verifizieren und gegebenenfalls ein Verfahren zur Überprüfung durch die mexikanische Regierung einleiten (Rapid Response Labor Mechanism, RRM). Nachdem die USA bereits in sieben Fällen das RRM gestartet haben, wäre dies der erste Fall auf kanadischer Seite.

Das Verbot der Missachtung der Koalitionsfreiheit ist in vielen Wirtschaftsbereichen zu finden. Unternehmen können auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

Präventions- und Abhilfemaßnahmen

Die Deutsch-Mexikanische Industrie- und Handelskammer (AHK Mexiko) führt regelmäßig Informationsveranstaltungen zu den Anforderungen des LkSG durch. Zudem bietet die AHK Mexiko den spanischsprachigen Kurs "Nachhaltigkeitsmanager" (Gestor de Sostenibilidad) an. Dort werden Teilnehmende befähigt, in ihrem Unternehmen die Einhaltung des LkSG und darüber hinausgehender Nachhaltigkeitsstandards zu überwachen.

Das Freedom of Association Committee (Ausschuss für Vereinigungsfreiheit) überprüft gesondert Verstöße gegen das Recht auf Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen. Informationen über ILO-Verfahren der Normenkontrolle sind frei verfügbar. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Missachtung der Koalitionsfreiheit können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Vereinigungsfreiheit im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

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