Wirtschaftsumfeld | Moldau | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Die Arbeitslosigkeit in Moldau sinkt und Löhne steigen
In Moldau steigen die Löhne. Ein wesentlicher Treiber ist der Fachkräftemangel. Der Arbeitsmarkt steht vor strukturellen Herausforderungen, es gibt aber Lösungsansätze.
26.08.2025
Von Dominik Vorhölter | Chisinau
Die Arbeitslosigkeit in der Republik Moldau geht zurück. Die Arbeitslosenquote fiel im Juli 2025 um 0,5 Prozentpunkte auf 4,4 Prozent. Das ist der niedrigste Wert seit der Coronapandemie, die im Jahr 2020 ausbrach, stellt das Nationale Büro für Statistik (NBS) fest. Ein wesentlicher Grund dafür ist schlicht eine gesunkene Anzahl an Erwerbspersonen. "Die Abwanderung verzerrt den Arbeitsmarkt", erklärt Wirtschaftsexperte Iurie Gotisan von der Expert-Grup. Die NGO berät die Regierung bei der Reform des Arbeitsmarkts. Die sinkende Arbeitslosenquote ist somit kein Zeichen für eine positive Entwicklung und offenbart strukturelle Schwächen des moldauischen Arbeitsmarktes: Brain-Drain und demografischer Wandel der Bevölkerung, Jugendarbeitslosigkeit und geringe Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt.
Fachkräftemangel führt zu Lohnsteigerungen
Vor allem in den Wirtschaftsbereichen Informationstechnik, Bau und Energie sowie in der verarbeitenden Industrie, im Einzelhandel und in der öffentlichen Verwaltung ist der Personalbedarf groß. In diesen Bereichen bieten Unternehmen Jobs mit überdurchschnittlicher Vergütung an, um Fachkräfte zu binden, zeigt eine Auswertung der nationalen Beschäftigungsagentur ANFOM vom 15. Juli 2025. Für 2025 und 2026 prognostiziert das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche ein reales Lohnwachstum in Moldau zwischen 4 und 5 Prozent.
Im regionalen Vergleich zählt Moldau zu den Ländern mit sehr niedrigen Lohnkosten. In Moldau betragen die Arbeitskosten durchschnittlich pro Stunde 75 moldauische Lei (ca. 4 Euro), berichtet das NBS. Die Arbeitskosten in Rumänien liegen pro Stunde bei 12,50 Euro, laut Eurostat.
Rentenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 24 |
Krankenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 4,5 |
Abgabe für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschaftsschutz (Arbeitgeberanteil) | 4,5 |
Arbeitslosenversicherung (Arbeitgeberanteil) | nicht verpflichtend |
Branche | Monatslohn |
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Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei | 615 |
Verarbeitendes Gewerbe | 863 |
Strom-, Gas-, Wärme- und Kälteversorgung | 1.422 |
Wasserversorgung, Abfallwirtschaft | 826 |
Baugewerbe | 819 |
Groß- und Einzelhandel, Reparatur von Kfz | 850 |
Transport und Lagerhaltung | 793 |
Gastgewerbe, Beherbergung und Gastronomie | 618 |
Informations- und Kommunikationsleistungen | 2.282 |
Finanz- und Versicherungswesen | 1.770 |
Der Mindestlohn beträgt seit Januar diesen Jahres 5.500 moldauische Lei (ca. 285 Euro). Die Regierung erhöhte ihn um umgerechnet 26 Euro. Der durchschnittliche Verdienst der Menschen unterscheidet sich sehr stark; insbesondere je nach Wohnort. So beträgt der monatliche Bruttoverdienst in den ländlichen Regionen der Republik Moldau zwischen 8.000 und 9.000 moldauische Lei (ca. 416 Euro und ca. 468 Euro). Auch sind die ländlichen Regionen weniger stark entwickelt: Es fehlt zum Teil an Infrastruktur und Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, wie zum Beispiel Gesundheitsversorgung.
Dort sind die Menschen überwiegend in der Landwirtschaft tätig. Die Landwirte erzeugen insbesondere Wein, Früchte und Ölsaaten; überwiegend für den Export. Agrarprodukte stehen für rund die Hälfte der gesamten Exportwirtschaft. In der Hauptstadt Chisinau, dem Wirtschafszentrum des Landes, erwirtschaften Arbeitnehmer indes deutlich höhere Einkommen von rund 14.150 moldauische Lei (ca. 735 Euro) brutto.
Position | Monatslohn |
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Durchschnittslohn | 937 |
Führungskraft | 1.000-2.500 |
Personal mit akademischer Ausbildung | 650-780 |
Techniker:in | 680-800 |
Unterstützende Bürokraft | 485-550 |
Dienstleistungs- und Verkaufskraft | 670-860 |
Fachkraft in der Land-, Forst- und Fischwirtschaft | 520-560 |
Handwerker:in | 560-610 |
Anlagen- und Maschinenbediener:in, Montagekraft | 550-700 |
Hilfskraft | 650-690 |
Dem moldauischen Arbeitsmarkt werden weiterhin Fachkräfte fehlen, wegen Abwanderung und aufgrund mangelnder Qualifikation des Personals und struktureller Schwächen wie fehlende Kinderbetreuungsangebote. Rund 30 Prozent der Unternehmen spüren den Fachkräftemangel, stellt die EU-Kommission in einem Arbeitsbericht von Oktober 2024 zur EU-Erweiterung der Republik Moldau fest.
Der Arbeitsmarkt leidet an strukturellen Schwächen
In Moldau ist etwa jeder vierte junge Mensch im Alter zwischen 15 und 34 Jahren weder erwerbstätig noch in einer Aus- oder Weiterbildung. Besonders betroffen ist die Bevölkerung auf dem Land. Hier fällt es besonders Frauen schwer, Job und Familie unter einen Hut zu bringen. Wegen der häuslichen Arbeit bleiben Frauen dem Arbeitsmarkt häufiger fern als Männer.
Im EU-Ausland können die meisten Menschen mehr Geld verdienen als in der Republik Moldau, weil im EU-Ausland das Lohnniveau höher ist. Dies fördert den Brain-Drain, insbesondere von Hochschulabsolventen.
Bereits jetzt besitzen schon rund 1 Million Moldauer die rumänische Staatsbürgerschaft und sind damit bereits EU-Bürger. Die EU garantiert Personen der Mitgliedstaaten freie Wahl des Arbeits- und Lebensmittelpunktes. Die Republik Moldau hatte 2,4 Millionen Einwohner im Jahr 2024 ohne den abtrünnigen Landesteil Transnistrien, berichtet das NBS. Die Rücküberweisungen von im Ausland lebenden Moldauern betrug 432 Millionen Euro, das entspricht 10,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Beschäftigungsprogramm fördert das duale System
Einen Lösungsansatz für das unzureichende Arbeitsangebot bietet das aktuelle nationale Beschäftigungsprogramm, das noch bis Ende 2027 läuft. Es hat das Ziel, Schwarzarbeit einzudämmen sowie das Angebot an Kinderkrippen auszubauen und Subventionen für Unternehmen bereitzustellen, die neue Jobs schaffen sowie Ausbildung zu fördern.
Deutsche Unternehmen bilden beispielsweise Fachkräfte nach dem dualen System aus. So hat der Kabelproduzent Dräxelmaier bereits vor elf Jahren gemeinsam mit der Moldauischen Industrie- und Handelskammer und dem Gymnasium Nr. 5 in Balti ein Ausbildungsprogramm etabliert. Seit 2022 hat der Staat mit einem Gesetz zum dualen System, die Zusammenarbeit von Unternehmen, der Industrie und Handelskammer und Schulen in der Republik Moldau rechtlich abgesichert. Das duale System ist nun ein fester Bestandteil der landesweiten beruflichen Bildung.
Moldau führt Digital Nomad Visa ein
Ein weiteres Angebot gegen den Fachkräftemangel ist das "Digital Nomad Visa". Hierbei handelt sich um eine Änderung des Fernarbeitsgesetzes. Der Gesetzgeber will ausländischen IT-Fachkräften erlauben, eine vorübergehende Aufenthaltserlaubnis von maximal 2 Jahren für die Republik Moldau zu beantragen, wenn sie remote für ausländische Unternehmen arbeiten. Ziel des Digital Nomad Visas ist es, ausländischen Investoren in der IT-Branche zu ermöglichen, eigenes Fachpersonal mitzubringen oder einfacher Fachpersonal aus dem Ausland anzuwerben. Bisher benötigen ausländische Fachkräfte, die sich länger als 90 Tage in Moldau leben wollen, einen lokalen Arbeitgeber. Die Republik will sich als Standort für internationale und digitale Unternehmen positionieren. Das Parlament hatte das Gesetz (Nr.144) am 16. Juni 2025 verabschiedet. Es wird voraussichtlich Mitte September 2025 in Kraft treten.
Bezeichnung | Anmerkungen |
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AHK Rumänien, Kompetenzzentrum für die Republik Moldau | Anlaufstelle für deutsche Unternehmen |
Nationale Beschäftigungsagentur | Agentur für Arbeit |
Industrie- und Handelskammer der Republik Moldau | Zuständig für duale Ausbildung |
Invest Moldova | Investitionsförderagentur der Republik Moldau |
Moldovas Deutschsprachiger Wirtschaftsverband | Lokale Interessensvertretung deutscher Unternehmen in der Republik Moldau |
Botschaft der Republik Moldau in Berlin | Zuständigkeit für Visa |