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Special | Nigeria | Wasser - Die knappe Ressource

Nigeria: Geschäfte mit Trinkwasser sind lukrativ

Der Zustand der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung ist größtenteils unzureichend. Hochwasserschutz wird aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels immer wichtiger.

Von Corinna Päffgen | Accra

Nigeria verfügt mit 87 Milliarden Kubikmetern Grundwasser und 279,2 Milliarden Kubikmetern Oberflächenwasser über große Wasserressourcen. Die durchschnittliche Niederschlagsmenge beträgt 1.295 Millimeter pro Jahr, wobei der Niederschlag von der Küste nach Norden abnimmt. Im Süden beträgt der jährliche Niederschlag 1.500 bis 4.000 Millimeter, im Norden hingegen nur etwa ein Drittel davon mit 500 bis 1.500 Millimeter. 

Trotzdem ist Wasser seit Langem ein knappes Gut. Vor allem das nördliche Nigeria leidet unter immer länger andauernden Dürreperioden und zunehmender Wüstenbildung. Gleichzeitig nehmen starke Regenfälle und Überschwemmungen zu. Durch die Abholzung von Wäldern sind die Böden oft so erodiert, dass sie das Regenwasser nicht mehr aufnehmen können. Seit einigen Jahren sinkt deshalb der Grundwasserspiegel kontinuierlich.

Die nigerianische Regierung verfolgt das Ziel, die Infrastruktur auszubauen, um den universellen Zugang zu sauberem Trinkwasser zu gewährleisten und die Bewässerungssysteme in der Landwirtschaft zu verbessern. Trotz erzielter Fortschritte in den letzten Jahren bleibt der Nachholbedarf gewaltig. Den Investitionsbedarf schätzt Nigeria im "National Action Plan for the Revitalization of the WASH Sector" (2018) bis 2030 auf 40 Milliarden US-Dollar (US$).

Politikgrundlagen der nigerianischen Regierung im Wassersektor

National Development Plan (2021-2025)

National Irrigation and Drainage Policy and Strategy

National Water Resources Policy (2016)

Water Resources Master Plan (2013) 

Trinkwasserversorgung ist prekär 

Mehr als 70 Millionen Nigerianer haben nach Angaben des Ministry for Water Resources keinen Zugang zu Trinkwasser, fast ein Drittel der Gesamtbevölkerung (Stand 2021). Zudem gibt es ein Stadt-Land-Gefälle: In den urbanen Zentren haben 87 Prozent Zugang zu Trinkwasser, auf dem Land sind es 57 Prozent. 

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Verantwortlich für die öffentliche Wasserversorgung sind die jeweiligen Wasserbehörden (water corporations, water boards) der Bundesstaaten sowie die lokalen Behörden in ruralen Gegenden und die River Basin Development Authorities. Die öffentliche Wasserversorgung ist wenig effizient, in nur 16 Bundesstaaten funktioniert die städtische Wasserversorgung uneingeschränkt. Das Wasser stammt in der Regel aus Staudämmen, aus Flüssen (vor allem Niger und Benue und deren Nebenflüsse) und Wiederaufbereitungsanlagen. Meerwasserentsalzungsanlagen gibt es bislang kaum, ein größeres Projekt soll sich in Lekki (Lagos State) im Bau befinden. 

Trinkwasser kommt nur selten aus der Leitung

Gerade einmal 11 Prozent der Nigerianer sind an ein öffentliches Wasserleitungssystem angeschlossen (piped water), so heißt es im Report der Global Water Security & Sanitation Partnership aus dem Jahr 2022. Nigerianer ohne Trinkwasseranschluss beziehen ihr Wasser von den rund 2,3 Millionen Wasserstellen (water points) im Land, die sich meist aus Grundwasser speisen. Die Menschen, die weder einen Wasseranschluss noch Zugang zu Wasserstellen haben, beziehen ihr Trinkwasser aus ungeschützten Brunnen und Quellen sowie aus Flüssen, Seen und Teichen. 

Öffentliche Versorger können ihre Kosten nicht decken

Die Gebühren für Wasser werden von den jeweiligen Wasserversorgungsunternehmen erhoben. Bei weniger als 10 Prozent der Kunden wird der tatsächliche Wasserverbrauch durch einen installierten Zähler gemessen, bei den restlichen werden die Kosten per Schätzung ermittelt. Bei der Gebühreneintreibung besteht ebenfalls großer Nachholbedarf, viele Verbraucher zahlen ihre Rechnungen nicht. In dem Artikel "Assessing the Performance of State Water Utilities in Nigeria" im Journal Sustainability von Dezember 2023 schätzen die Autoren die Erfolgsrate der Lagos Water Corporation (LWC) bei der Gebühreneintreibung (Bill Collection Efficiency) auf 26 Prozent (Stand 2020). Die gesamten Wasserverluste (non-revenue water) belaufen sich bei der LWC auf 63 Prozent (Stand 2020). Die Wasserversorger müssen mangels kostendeckenden Arbeitens querfinanziert werden.

Geregelte Abwasserentsorgung findet kaum statt

Nach dem Environmental Performance Index zur Abwasserbehandlung der Universität Yale belegt Nigeria Platz 126 von 134. Nach Schätzung des Ministry for Water Resources sind aufgrund der häufigen Einleitung ungefilterter Abwässer in die Gewässer fast 70 Prozent des Trinkwassers (einschließlich das der öffentlichen Wasserversorger) mit E-Coli-Bakterien verunreinigt. 

Ein zentrales unterirdisches Abwassernetz, das das Abwasser zu einer Wiederaufbereitungsanlage leitet, gibt es nur in Abuja für rund 700.000 Haushalte und in einigen Stadtteilen in Lagos. Ansonsten existieren vor allem in städtischen Gebieten dezentrale Abwassersysteme teilweise mit Sammelnetzen und Kläranlagen. Hinzu kommen offene Abwasserkanäle an den Straßenrändern. Die meisten Haushalte entsorgen ihr Abwasser jedoch in Latrinen und septischen Tanks, die regelmäßig von privaten Unternehmen mit Vakuum-Abwasserwagen geleert werden. In der Regel entsorgen diese den Fäkalschlamm auf informellen Deponien am Stadtrand oder in Gewässern, nur ein Teil wird aufbereitet.

Auch im Agrarsektor findet eine geordnete Entsorgung flüssiger Abfälle wie Schlachtabfälle und Exkremente selten statt. In der Regel werden diese unachtsam weggekippt oder direkt in Gewässer geleitet. Biogasanlagen sind noch wenig verbreitet, sollen aber nach Wunsch der Politik vermehrt zum Einsatz kommen. 

Industrie setzt auf eigene Lösungen

Unternehmen müssen sich in der Regel um ihre Wasserversorgung und Abwasserentsorgung selber kümmern. Entsprechend groß ist das Interesse an effizienten und wassersparenden Lösungen. Zudem sind Industrien und andere regulierte (gewerbliche) Einrichtungen wie Hotels und Krankenhäuser gesetzlich verpflichtet, ihr Abwasser vor der Einleitung oder Wiederverwendung auf die vorgeschriebene Qualität aufzubereiten.

Multinationale Unternehmen verfügen in der Regel über eigene Abwasseraufbereitungsanlagen. Den meisten Industrien fehlen jedoch entsprechende effiziente Anlagen und sie leiten ihre Abwässer ohne Behandlung in die nächstgelegenen Gewässer ein. Hauptverursacher der industriellen Wasserverschmutzung sind unter anderem Schlachthöfe, Brauereien, Zementindustrien, Chemie- und Farbenhersteller, Ölraffinerien, Gerbereien und die Textilindustrie. Gleichzeitig brauchen diese Branchen große Mengen an Frischwasser. Sanktioniert werden diese Verstöße nur selten.

Landwirtschaft leidet unter Extremwetterereignissen

Der Agrarsektor in Nigeria beschäftigt die meisten Erwerbstätigen und trägt mehr als 20 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Die Landwirtschaft ist wasserintensiv und weist mit fast 45 Prozent den meisten Wasserverbrauch auf. Trotzdem ist Wasser meistens knapp, vor allem im Middle Belt und Norden des Landes. Hitze- und Dürreperioden nehmen zu, abgelöst durch teilweise heftige Regenfälle mit desaströsen Folgen, vielen Todesopfern und zerstörten Ernten.

Wassersektor bietet vielfältige Geschäftschancen

Effiziente und erschwingliche Wassertechnik ist in allen Bereichen gefragt. Da der Staat nur in sehr begrenztem Umfang seiner Aufgabe in den Bereichen Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung nachkommt, schließen viele private Anbieter diese Lücke. Auch die Einbindung des Privatsektors in PPP-Projekte soll vorangetrieben werden.

Das Geschäft mit Trinkwasser ist aufgrund der unzureichenden öffentlichen Versorgung ein Milliardenmarkt und für private Anbieter lukrativ. Beliebt sind neben Wasser in Flaschen vor allem die deutlich günstigeren Sachet-Wasser (Wasser in Plastikbeuteln). Hier können sich viele Geschäftsmöglichkeiten rund um die Aufbereitung von Wasser ergeben. Dazu gehören Lösungen für Privathaushalte als auch für die Industrie.

Ihre Exportchancen in mehr als 20 Ländern

Wir haben besonders aussichtsreiche Wassermärkte in Lateinamerika, Asien, Afrika und Europa unter die Lupe genommen. Alle Länderanalysen finden Sie auf unserer Seite zum Wassersektor.

Gefragt sind Filterlösungen, kleine solarbetriebene Trinkwasseraufbereitungsanlagen, aber auch die Lieferung von Chemikalien für Wasseraufbereitungsanlagen, der Bau und die Ausstattung von Laboren, innovative Technologien für Regenwasseraufbereitungsanlagen sowie die Lieferung von Solar- und Biogaspumpen und Rohrleitungssystemen. Auch einige deutsche Unternehmen im Bereich Wasserpumpen sind in Nigeria gut im Geschäft. Für sie ist der Wassersektor ein Wachstumsmarkt, trotz des schwierigen Geschäftsumfeldes. Bewährt hat sich die Rolle als Zulieferer für Projektnehmer bei öffentlichen Wasserprojekten. 

Große öffentliche Projekte im Wassersektor wie der Bau von landwirtschaftlichen Bewässerungssystemen, Ausbau des Hochwassermanagements oder Wassersystemen und Aufbereitungsanlagen werden in der Regel von internationalen Geberinstitutionen finanziert und ausgeschrieben. Beispielsweise finanziert die Weltbank mit einem Kredit in Höhe von 700 Millionen US$ ein Wasservorhaben in Nigeria. Mit den Mitteln verbessert das Land für seine Bevölkerung den Zugang zu Wasser-, Sanitär- und Hygienedienstleistungen und stärkt die Verwaltung in den teilnehmenden Bundesstaaten. Die Afrikanische Entwicklungsbank unterstützt den Ausbau der Wasserver- und Abwasserentsorgung in der Stadt Akure in Nigeria.

Rechtsrahmen und zuständige Behörden für Wasser:

Die Zuständigkeiten sind dreistufig organisiert. Der Bund, die Bundesstaaten und Gemeinden verfügen über entsprechende Ministerien (Ministry for Water Resources) und Wasserbehörden (Water Boards/Water Corporations). Weitere zuständige Behörden sind das Bundesministerium für Umwelt und die jeweiligen River Basin Development Authorities.

Ausschreibungen:

Große Projekte werden regelmäßig von internationalen Geberorganisationen wie der Weltbank und Afrikanischen Entwicklungsbank finanziert und ausgeschrieben. Ausschreibungen werden auch von den jeweiligen Beschaffungsbehörden der Bundesstaaten veröffentlicht.

Rechtsrahmen für den Wassersektor:

Der Rechtsrahmen für den Wassersektor ist relativ umfassend mit detaillierten Vorschriften für unterschiedliche Branchen. Herausforderungen bestehen bei der Einhaltung der Vorschriften, behördlichen Kontrollen und der Verhängung von Sanktionen.

Kontaktadressen und weiterführende Informationen zum Wassersektor in Nigeria
InstitutionInhalt
Africa Business GuideWasser und Umwelt
AHK NigeriaAnlaufstelle für deutsche Unternehmen
German Water Partnership e.V.Exportnetzwerk für die deutsche Wasserwirtschaft
Federal Ministry of Water Resources, National Bureau of Statistics, Unicef, WeltbankWater Sanitation and Hygiene National Outcome Routine Mapping 2021 - WASH-Indikatoren Nigeria - Umfangreiche Daten zum Wassersektor grafisch dargestellt
US-AidNigeria_Global Waters Strategy Country Plan 2023
WeltbankDetaillierte Beschreibung der Situation der Abwasserentsorgung in Pilotprojekten im Land
  

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