Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsausblick | Nigeria

In Nigeria mehren sich Zeichen einer konjunkturellen Erholung

Nach herausfordernden Jahren stabilisiert sich Nigerias Wirtschaft langsam. Branchen verzeichnen mehr Dynamik. Deutsche Unternehmen berichten von gestiegenen Auftragsvolumina.

Von Corinna Päffgen | Accra

Top-Thema: Neuberechnung des BIP lässt Staatsverschuldung schrumpfen 

Nigerias Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im Jahr 2024 nach einer Neuberechnung um 30 Prozent von 187,6 Milliarden US-Dollar (US$) auf 243 Milliarden US$ angestiegen. Hintergrund der Neuberechnung ist eine umfassende Überarbeitung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, bei der das bislang zugrunde gelegte Basisjahr 2010 durch das Jahr 2019 ersetzt wurde. Zudem hat Nigeria bestimmte Sektoren und Aktivitäten neu in die Berechnungen einbezogen. Damit bleibt das Land im afrikanischen Vergleich hinter Südafrika (400,2 Milliarden US$), Ägypten (383,1 Milliarden US$) und Algerien (264,9 Milliarden US$) die viertgrößte Volkswirtschaft.

Aufgrund der Neuberechnung des BIP ist das Haushaltsdefizit gesunken und die Staatsverschuldung von 52,2 Prozent des BIP auf 40 Prozent zurückgegangen, was der Regierung - zumindest theoretisch - mehr Spielraum bietet. Allerdings birgt die Verschuldung, unabhängig von der Höhe der Schuldenquote, fiskalische Risiken, da Nigeria vor allem auf der Einnahmenseite vor Herausforderungen steht. Etwa 70 bis 80 Prozent der Staatseinnahmen werden für den Schuldendienst aufgewendet. Erst kürzlich hat das Parlament die Aufnahme neuer Schulden in Höhe von 21 Milliarden (US$) für Infrastruktur- und Entwicklungsprojekte genehmigt. Die Finanzierung stammt von multilateralen und bilateralen Kreditgebern, darunter der Weltbank und der Afrikanischen Entwicklungsbank.

Zur Steigerung der Einnahmen muss Nigeria das Verhältnis von Steuern zum BIP deutlich erhöhen: Insgesamt soll das Verhältnis bis Ende 2026 auf 18 Prozent ansteigen. Bislang liegt es bei etwa 9 Prozent, und zählt damit zu den niedrigsten in Afrika. Die kürzlich in Kraft getretene Steuerreform soll das Steueraufkommen auch durch höhere Einkommensteuersätze für hohe Einkommen, die Einführung einer neuen Entwicklungsabgabe für Unternehmen und die Erhöhung der Kapitalertragsteuer ausweiten. Nicht umgesetzt wurden die ursprünglich geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer (VAT) von derzeit 7,5 Prozent auf 15 Prozent und die Senkung der Körperschaftsteuer.

Wirtschaftsentwicklung: Konjunktur zieht langsam an

Nach fast zwei Jahren schwieriger Reformanpassungen stabilisiert sich die Wirtschaft langsam. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet für das Jahr 2025 ein reales Wachstum des BIP von 3,4 Prozent. Das ist das stärkste Wachstum seit zehn Jahren, ausgenommen das Jahr 2021, als nach einer Rezession 2020 das Wachstum mit 3,6 Prozent aufgrund von Basiseffekten etwas höher ausfiel.

Der Dienstleistungssektor, insbesondere die Bereiche Logistik, Finanzdienstleistungen sowie Information und Telekommunikation (IKT), kann sein starkes Wachstum fortsetzen. Daneben legt der Öl- und Gassektor wieder signifikant zu, der seine Produktion von durchschnittlich 1,3 Millionen Barrel pro Tag im Jahr 2024 zuletzt auf fast 1,8 Millionen Barrel pro Tag im Juli 2025 steigerte. Im produzierenden Gewerbe sind die Bauwirtschaft, die Zementindustrie sowie die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie Wachstumstreiber. Mehr Dynamik gibt es auch in der Landwirtschaft, vor allem in der Pflanzenproduktion.

Gestützt wird das Wachstum in Nigeria durch eine (langsam) sinkende Inflation, höhere Investitionsausgaben und einen wieder wachsenden Privatkonsum. Im Jahr 2024 lag die Inflation im Jahresdurchschnitt bei 33,2 Prozent, für das Jahr 2025 prognostiziert der IWF eine Rate von 26,5 Prozent. Die Stabilisierung der lokalen Währung Naira und die Aufstockung der Devisenreserven sind wichtig für die Wiederherstellung des Vertrauens und die Attraktivität des Standortes. 

Hohe Inflation belastet Konsum

Die Lebenshaltungskosten sind die höchsten seit 30 Jahren und rund die Hälfte der Nigerianer lebt in Armut. Die sinkenden Reallöhne und die immer noch hohe Inflation haben sich erheblich auf die Kaufkraft ausgewirkt. Analysten der Economist Intelligence Unit (EIU) gehen von einem leichten Wachstum der Binnennachfrage für das laufende Jahr von 1,8 Prozent aus, mit einer Steigerung auf 2,2 Prozent im Jahr 2026.

Importe gehen deutlich zurück

Nigerias Außenhandelsbilanz ist sowohl aufgrund des Rückgangs der Einfuhren als auch der Ausfuhren im Jahr 2024 gesunken. Allerdings konnte das Land den Handelsüberschuss deutlich ausweiten. Die Exporte überstiegen die Importe um 10,5 Milliarden US$, was auf den starken Rückgang der Importe - hauptsächlich Treibstoffe und Öl - zurückzuführen ist. Der Rückgang der Benzinimporte liegt vor allem an der Ausweitung der lokalen Produktion durch die Dangote-Ölraffinerie.

Wenig Auswirkungen dürften die US-Zölle auf den bilateralen Handel haben: Nigeria wurde ein Zollsatz von 14 Prozent auferlegt und dieser gehört zu den niedrigsten Sätzen, die überhaupt verhängt wurden. Nigeria exportiert vor allem Rohöl in die USA, das jedoch zollbefreit ist. 

Deutsche Perspektive: Unternehmen blicken optimistischer in die Zukunft

Deutsche Unternehmen bewerten vor allem die Stabilisierung der lokalen Währung Naira als positiv. Zudem berichten viele Firmen von einer deutlich verbesserten Auftragslage. Nigeria fungiert zunehmend als Hub für weitere Länder in der Region. Allerdings ist der Kaufkraftverlust der letzten beiden Jahre noch deutlich spürbar. Herausforderungen sind der zunehmende Fachkräftemangel und die Konkurrenz aus China.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes exportierte Deutschland im Jahr 2024 Waren im Wert von 885 Millionen Euro nach Nigeria. Damit sind die Ausfuhren im Vergleich zum Vorjahr im geringen Umfang um 3,3 Prozent (2023: 857 Millionen Euro)  gestiegen. Insgesamt bewegen sich die deutschen Ausfuhren seit Jahren mit einem Volumen von rund 1 Milliarde Euro pro Jahr auf relativ gleichbleibendem Niveau. 

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.