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Branche kompakt | Österreich | Bauwirtschaft

Markttrends

Die Boomjahre in der Baubranche sind zu Ende. Chancen bieten noch Gebäuderenovierung und -sanierung, Projekte zur Verbesserung der Energieeffizienz und der Infrastrukturbau.

Von Waldemar Lichter | Bonn

Schwaches reales Wachstum erwartet 

Die österreichische Bauindustrie hat eine längere Phase kontinuierlichen Wachstums hinter sich. Die Umsätze im Bausektor stiegen von 2011 bis 2019 beinahe fortlaufend an – unterbrochen leicht durch die Auswirkungen der Coronakrise im Jahr 2020. Im Jahr 2021 nahm der Umsatz des Baugewerbes auf ein Rekordhoch von rund 60,9 Milliarden Euro zu. Auch 2022 verzeichnete die Branche ein weiteres kräftiges nominelles Plus.

Auf den Hochbau entfielen dabei 20,1 Milliarden Euro und den Tiefbau 9,2 Milliarden Euro. Die Umsätze im Bereich der sogenannten sonstigen Bautätigkeiten trugen 31,5 Milliarden Euro bei. Dazu gehören etwa Abbrucharbeiten und vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation, sonstiger Ausbau sowie andere spezialisierte Bautätigkeiten. Die sonstigen Bautätigkeiten haben damit einen gut doppelt so großen Umsatzanteil wie Hoch- und Tiefbau zusammen.

Die guten Wachstumszahlen werden jedoch dadurch relativiert, dass ein Teil der nominalen Zuwächse auf den Kosten- und Preisanstieg zurückzuführen ist. Preisbereinigt bleibt von dem Wachstum daher nur wenig übrig. Für den Hoch- und Tiefbau berechnet der Fach- und Marktanalysedienst Branchenradar für 2022 deshalb ein reales Minus der Bauproduktion von 0,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Real gewachsen sei 2022 nur die Sparte Renovierung im Wohnbau, so die Branchenradar-Experten.

Auch für 2023 und 2024 wird ein starker Rückgang von 2,5 und 4,0 Prozent erwartet (Wirtschaftsinstitut WIPO), bevor es 2025 wieder aufwärts gehen dürfte. Dabei leidet der Hochbau am stärksten, während sich der Tiefbau "relativ gut schlägt". Die Zahl der Baugenehmigungen nimmt ab, die Fristen zwischen Planung, Genehmigung und Beginn von Bauvorhaben werden immer länger. So ging die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen 2022 nach Angaben des österreichischen Statistikamtes um 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Im 1. Quartal 2023 hat sich der Rückgang auf 36,2 Prozent noch verstärkt. 

Das bedeutet am Ende aber fehlende Aufträge an die ausführenden Bauunternehmen und die Bauzulieferer, zum Beispiel an die österreichische Holzindustrie. Nach den Boomjahren bis 2022 "stellen wir uns auf eine längere Flaute in der Bauwirtschaft und damit eine weiter schwache Nachfrage nach Bauholzprodukten ein", so Markus Schmölzer, Vorsitzender des Fachverbandes der Sägeindustrie. "Nach der Hitzewelle droht der Frost", so der Experte.

Kreditrestriktionen und Preissteigerungen bremsen den Wohnungsbau

Die Gründe für die Bauflaute liegen zum einen in der geringeren Nachfrage nach Bauleistungen bedingt durch die allgemeine Konjunkturabschwächung. "Der wirtschaftliche Abschwung ist im 2. Quartal 2023 auch im gesamten Bausektor angekommen", berichtet die Österreichische Nationalbank. Dort sei die Wertschöpfung in diesem Zeitraum überdurchschnittlich stark gefallen.

Zu den Ursachen gehören zum anderen aber auch die restriktiven Vorschriften für die Vergabe von Wohnungsbaukrediten (sogenannte KIM-Verordnung). Sie würgen den Wohnungsneubau seit der 1. Jahreshälfte 2022 ab und unterbrechen den bisher starken Aufwärtstrend. So wurden in Österreich 2021 über 71.000 Wohnungen gebaut. Ein Jahr später waren es nur noch 46.000. Und Fachleute befürchten, dass es in den folgenden Jahren noch weiter bergab gehen könnte.

Kostensteigerungen belasten die Branche

Die Branche wird zudem durch zum Teil drastische Steigerungen bei den Baustoffen und Baukosten getroffen, die die nominalen Zuwächse wieder zunichtemachen. Teilweise kompensiert wird die allgemeine Bauflaute lediglich durch Investitionen in die Gebäudesanierung und einen starken Tiefbau. Hier treiben Investitionen im Verkehrswegebau, zum Ausbau der Energiekapazitäten und -infrastruktur die Nachfrage nach Bauleistungen an.

61,5 Milliarden Euro

wird die österreichische Bauproduktion 2023 voraussichtlich erreichen

Mehr Initiativen für energetische Sanierung gefordert

Die Regierung hat im Oktober 2023 eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, um die Konjunkturdelle abzuschwächen und der Baukonjunktur einen Schub zu geben. So sollen (Bau)Investitionen öffentlicher Unternehmen möglichst vorverlegt werden. Der langfristige Investitionsplan der Bahngesellschaft ÖBB wird um 2 Milliarden Euro aufgestockt, womit Instandhaltung des Schienennetzes und Sanierung von Bahnhöfen vorangetrieben werden können. Stärker gefördert werden sollen auch Investitionen im Bereich erneuerbare Energien, vor allem in Fotovoltaikanlagen. Davon wird das Baunebengewerbe profitieren.

Viel größere Impulse für die Bauwirtschaft könnten von Investitionen in energetische Gebäudesanierung ausgehen. Sie werden durch die stark gestiegenen Energiepreise angetrieben. Die tatsächliche Sanierungsquote bleibt aber immer noch deutlich unter den selbst gesetzten Zielen. Die jährliche Sanierungsrate im Gebäudebereich stagniert bei etwa 1,5 bis 1,7 Prozent. Notwendig wären aber 3 Prozent pro Jahr, um das Ziel "Klimaneutrales Österreich 2040" und die Dekarbonisierung des Gebäudebestandes zu erreichen. "Wir brauchen einen Sanierungsturbo", fordern Industrievertreter. Das würde der Bauwirtschaft helfen und auch der Baustoffindustrie, heißt es.

Investitionen in diesem Bereich werden mit umfangreichen Zuschüssen des Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) unterstützt. Für 2023 und 2024 stehen unter anderem für Gebäudesanierung für Private und Betriebe insgesamt 940 Millionen Euro zur Verfügung. Gefördert wird in der Regel die thermische Sanierungen von Gebäuden, die älter als 20 Jahre sind. Infolge der Preissteigerungen für Baustoffe und Bauarbeiten kommen viele der Vorhaben allerdings ins Stocken. Ein großer Teil der für den Gebäudesektor vorgesehenen Zuschüsse wird für den Umbau der Heizsysteme verwendet - den Umstieg von Gaskessel auf nichtfossil betriebene Anlagen.

Marktvolumen der Bauwirtschaft in Österreich (in Milliarden Euro; Veränderung in Prozent)

Kennziffer

2021

2022

Veränderung 2022/2021

Bauproduktion insgesamt, davon

51,1

58,1

13,7

Hochbau

41,8

47,9

11,4

  Wohnungsbau

24,0

27,0

12,7

  Nicht-Wohnungsbau

17,9

20,9

16,6

Tiefbau

9,3

10,2

10,5

Quelle: Branchenradar

Prognose der Veränderung des realen Bauvolumens in Österreich bis 2025*)

 

2023

2024

2025

Hoch- und Tiefbau gesamt

-1,2

-1,8

0,7

Hochbau gesamt

-2,0

-2,6

1,0

  Wohnungsbau

-3,0

-3,3

0,7

  Sonstiger Hochbau

-0,7

-1,7

1,3

Tiefbau

2,8

2,1

-0,6

*) Juni 2023Quelle: WIFO; Euroconstruct

Ausgewählte Großprojekte der Bauwirtschaft in Österreich
Akteur/Projekt

Investitionssumme (in Mio. Euro)

ProjektstandProjektträger
Brenner Basistunnel

10.500, davon Errichtungskosten 8.540

Fertigstellung: 2032BBT SE Brenner Basistunnel
Koralmbahn – Ausbau des Bahnnetzes; Bahnverbindung zwischen der Steiermark und Kärnten

3.500 (ohne Koralmtunnel), 5.953 

(inklusive 

Koralmtunnel / 32,9 Kilometer)

Rohbauarbeiten und Ausstattung mit Technik für 2023 vorgesehen; 

Gesamtinbetriebnahme 2025 geplant

ÖBB Infra
Stadtentwicklungsprojekt Aspern Seestadt (Wien)

5.000

Fertigstellung 2030 geplantWien 3420 aspern Development AG 

Semmering-Basistunnel


 

3.900

Baubeginn 2012; Inbetriebnahme vorgesehen für 2030ÖBB
NAWI Graz Center of Physics (GCP) an der Uni Graz 

354

Baustart 2024 vorgesehen, Fertigstellung 2030Universität Graz, TU Graz und Bundesimmobiliengesellschaft BIG 
Quelle: Pressemeldungen, Recherche von Germany Trade and Invest

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