Branche kompakt | Österreich | Bauwirtschaft
Markttrends
Mitte 2025 zeichnet sich ein besserer Ausblick für den Gebäudebau ab. Der Tiefbau dürfte hingegen etwas zurückfallen, da schwächere öffentliche Investitionen erwartet werden.
07.08.2025
Von Oliver Idem | Bonn
Die österreichische Bauindustrie steuert auf eine Stabilisierung nach mehreren Krisenjahren zu. Bis 2027 wird allerdings nur mit wenig Wachstumsdynamik gerechnet.
Schwaches reales Wachstum für 2026 erwartet
Die Europäische Kommission ging in ihrer Frühjahrsprognose 2025 von einer leichten Belebung der Bauinvestitionen in Österreich aus. Nach einem scharfen Einbruch im Vorjahr soll die Zunahme 2025 bei 1,0 Prozent liegen. Der Positivtrend wird sich laut der Kommission 2026 mit einem Plus von 2,2 Prozent verstärken. Derzeit sieht es jedoch so aus, dass die Bauinvestitionen frühestens 2027 wieder den Stand von 2023 erreichen werden.
2023 | 2024 | 2025 | |
Hoch- und Tiefbau gesamt | -1,2 | -1,8 | 0,7 |
Hochbau gesamt | -2,0 | -2,6 | 1,0 |
Wohnungsbau | -3,0 | -3,3 | 0,7 |
Sonstiger Hochbau | -0,7 | -1,7 | 1,3 |
Tiefbau | 2,8 | 2,1 | -0,6 |
Zwischenzeitlich hatten sehr hohe Material- und Energiepreise sowie kostspielige Tarifabschlüsse und eine überwiegend schwache Nachfrage der Baubranche in Österreich schwer zugesetzt. Gründe für Nachfrageschwäche waren unter anderem Kreditvergaberestriktionen und ein hohes Zinsniveau.
Kennziffer | 2021 | 2022 | 2023 | Veränderung 2023/2022 |
---|---|---|---|---|
Umsatzerlöse | 60,9 | 67,9 | 72,3 | 6,5 |
Bruttowertschöpfung | 21,3 | 22,9 | 25,9 | 13,1 |
Das nur noch langsam steigende Preisniveau lässt auch die Veränderungsraten wieder aussagekräftiger erscheinen. Seit 2022 hatten sehr starke Preiseffekte die Umsatzzahlen aufgebläht. So entstand ein Eindruck von mehr Marktdynamik, als wirklich vorhanden war.
Mehrere Faktoren begünstigen die Erholung des Wohnungsbaus
Für den in den vergangenen Jahren besonders schwachen Wohnungsneubau hellen sich die Aussichten zunehmend auf. Nach einer Zunahme auf 55.306 Gebäude im Jahr 2024 und einem Plus von 4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr setzt sich der Aufwärtstrend fort. Das erste Quartal 2025 erbrachte mit 14.992 Neubauten gegenüber dem Vorjahresquartal einen Zuwachs von 4,6 Prozent.
Die Erwartungen hinsichtlich der Baugenehmigungen als Frühindikator hellen sich ebenfalls etwas auf. Ende 2024 erwartete das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO für 2025 insgesamt 35.400 Genehmigungen für den Um-, Neu- oder Zubau von Wohnungen. Das entspräche einer Zunahme um 6,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für 2026 wird mit einem moderat besseren Ergebnis von 35.600 Bewilligungen ausgegangen.
Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre weisen Brancheninsider aber darauf hin, dass eine Genehmigung noch nicht zwingend bedeutet, dass das Vorhaben auch zeitnah umgesetzt wird. Dennoch reihen sich die Erwartungen bei den Genehmigungen in den leicht positiven Gesamtausblick ein.
Ende Juni 2025 lief zudem die KIM-Verordnung (strenge Vorschriften für die Vergabe von Wohnungsbaukrediten) aus, sodass Finanzierungen für mehr Interessierte verfügbar sind. Die starren Begrenzungen für den Anteil des Eigenkapitals und die maximale Kreditrate entfallen zugunsten einer individuellen Prüfung. Mehr Flexibilität für Selbstständige und Kunden mit unregelmäßigen Einkommen ist nun möglich. Laufzeiten können nun auch für mehr als 35 Jahre vereinbart werden.
Hinzu kommt seit Anfang 2025 ein sinkendes Zinsniveau, das zusätzlich zur Entspannung der Baufinanzierungssituation beiträgt. Branchenportale gehen davon aus, dass dieser Trend sich stabilisieren oder sogar fortsetzen wird.
Inflationsschub bei den Baupreisen geht zu Ende
Nach zwei Jahren mit sprunghaften Anstiegen nahm der Baupreisindex von Statistik Austria 2024 nurmehr um 1,3 Prozent zu. Sowohl im Hochbau als auch im Tiefbau ebbte die Inflationswelle ab. In den beiden Vorjahren hatten die Zunahmen noch 5,1 beziehungsweise 9,8 Prozent betragen.
Der Tiefbau hat den Höhepunkt seiner Wachstumsraten bereits überschritten und die weitere Entwicklung soll gedämpfter verlaufen. Grundsätzlich bieten der Verkehrswegebau sowie der Ausbau der Energiekapazitäten und -infrastruktur weiterhin eine Reihe von teils langfristigen Projekten.
Das Staatsbudget muss jedoch konsolidiert werden. Im Jahr 2025 leitete die EU sogar ein Defizitverfahren gegen Österreich ein. Entsprechend sind die Erwartungen an öffentliche Investitionen in den kommenden Jahren eher verhalten.
soll die reale Zunahme der Bauinvestitionen in Österreich 2026 betragen
Neue Bundesregierung setzt auch Akzente für die Baubranche
Die seit März 2025 amtierende Regierung setzt in ihrem Koalitionsvertrag auf etliche Maßnahmen, um die Erholung der Konjunktur anzutreiben. Trotz der angespannten Haushaltslage sollen neue Initiativen gestartet werden.
Auf der Agenda steht beispielsweise, dass Bauverfahren vereinfacht und beschleunigt werden sollen. Für bestehende Förderprogramme sind Evaluierungen geplant. Bei steuerlichen Anreizen wird Wert auf eine hohe Treffsicherheit gelegt.
Eine neue Sanierungsoffensive soll geprüft werden. Hier dürften vor allem Budgetgesichtspunkte eine Rolle spielen. Die inhaltliche Notwendigkeit energetischer Sanierungen steht dabei außer Frage.
Ebenso wie die Vorgängerregierung legt das neue Kabinett Wert darauf, die Kreislaufwirtschaft voranzutreiben. Die Wärmeplanung und der Ausbau von Fernwärmenetzen gehört ebenfalls zu den Akzenten der Regierung Stocker.
Im Vergleich zum Mobilfunk hat Österreich noch Nachholbedarf bei festen gigabitfähigen Glasfaser-Breitbandanschlüssen. Über diese verfügen 68 Prozent der Haushalte gegenüber 79 Prozent im Durchschnitt der EU. Entsprechend strebt die neue Regierung den Breitbandausbau als eine Priorität an.
In Zusammenarbeit mit Deutschland und Italien soll die Harmonisierung des Schienengüterverkehrs in Europa vorangetrieben werden. Beide Nachbarländer sind ebenfalls als Partner anvisiert, wenn es um den Aufbau von Rohrleitungen für den Transport von CO2 angeht.
Bei öffentlichen Investitionen in Österreich spielen drei Akteure eine wesentliche Rolle für das Projektgeschehen. Dabei handelt es sich um die Asfinag (Autobahnen und Schnellstraßen), die Bundesimmobiliengesellschaft BIG sowie die ÖBB (Eisenbahn).
Akteur/Projekt | Investitionssumme | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Brenner Basistunnel | 10,5 davon Errichtungskosten 8,5 | Sommer 2025: 200 von 230 km Tunnel ausgebrochen; Fertigstellung: 2032 | BBT SE Brenner Basistunnel |
Stadtentwicklungsprojekt Aspern Seestadt (Wien) | 6,0 | Fertigstellung 2030 geplant | Wien 3420 aspern Development AG |
Semmering-Basistunnel | 3,9 | Grabungen Ende 2024 beendet, nun Bau Innenschale und technische Ausrüstung; Inbetriebnahme vorgesehen für 2030 | ÖBB |
Linzer Autobahn A26
| circa 1,2 | Bauabschnitt Tunnel Freinsberg 2026-32, Bauabschnitt Westbrücke 2033-35 | Asfinag |
NAWI Graz Center of Physics (GCP) an der Uni Graz | 0,354 | Baubeginn April 2025, Fertigstellung 2030 | Universität Graz, TU Graz und Bundesimmobiliengesellschaft BIG |