Wirtschaftsumfeld | Oman | Wirtschaftsstruktur
Wirtschaftsstruktur befindet sich im Wandel
Der Aufbau einer grünen Wasserstoffindustrie dürfte den größten Beitrag zur Diversifizierung leisten und den südlichen Wirtschaftsregionen kräftige Wachstumsimpulse geben.
25.07.2023
Von Robert Espey | Dubai
Oman ist zwar ein relativ kleiner Öl- und Gasproduzent, aber dennoch stark von der Ölmarktentwicklung abhängig. Der Anteil des Öl- und Gassektors am Bruttoinlandsprodukt betrug 2022 nominal (zu laufenden Preisen) fast 39 Prozent (einschließlich Raffinerien). Bei den Ausfuhren lag der Öl- und Gasanteil bei 69 Prozent (ohne Reexporte). Der Staatshaushalt wurde zu 77 Prozent aus den Öl- und Gaseinnahmen gespeist.
Wesentliche Beiträge zur Diversifizierung der Wirtschaft sollen unter anderem die verarbeitende Industrie, der Nicht-Öl-Bergbau, das Agrar- und Fischereiwesen sowie verschiedene Dienstleistungssparten (Logistik, Tourismus etc.) leisten. Mittel- und langfristig dürfte sich allerdings die grüne Wasserstoffproduktion zum bedeutendsten Nicht-Öl-Sektor entwickeln. Hier ist Oman auf einem guten Weg, eine Führungsposition einzunehmen.
Öl- und Gasförderung bleibt vorerst wichtigster Wirtschaftszweig
Die Diversifizierung der Wirtschaft soll nicht mit einer Schrumpfung des Öl- und Gassektors verbunden sein. Es ist geplant, die Öl- und Gasförderung weiter zu steigern. Der größte omanische Öl- und Gasproduzent, Petroleum Development Oman (PDO), will mittelfristig seine Rohölförderung auf 800.000 bpd (barrel per day) erhöhen. Derzeit fördert PDO etwa 650.000 bpd Rohöl, 100.000 bpd Ölkondensate und täglich 60 Millionen Kubikmeter Gas. Andere in Oman tätige Öl- und Gasproduzenten haben ebenfalls Expansionspläne.
Auch am Ausbau der Gasförderungskapazitäten wird gearbeitet. Ein weiteres LNG-Werk (Liquefied Natural Gas) ist geplant. Oman ist in der GCC-Region (Gulf Cooperation Council) nach Katar der zweitgrößte LNG-Exporteur. Im weltweiten Vergleich belegte das Sultanat 2022 den 9. Platz.
Die Petrochemie ist der Schwerpunkt der verarbeitenden Industrie. Der Sektor hatte 2022 einen Anteil an der Wertschöpfung des verarbeitenden Gewerbes von 43 Prozent (ohne Raffinerien). Die Chemieindustrie soll weiter kräftig wachsen.
Bedeutung der Wirtschaftszweige in Oman (Anteile in Prozent)
Sektoren | Anteil an der Bruttowertschöpfung 2022 *) | Anteil an den Beschäftigten 2022 |
---|---|---|
Land- Forstwirtschaft, Fischerei | 1,8 | 5,2 |
Öl, Gas, Bergbau | 37,1 | 1,9 |
Öl und Gas | 36,5 | k.A. |
Verarbeitende Industrie | 10,2 | 10,1 |
Ölraffinerien | 1,1 | k.A. |
chemische Grundstoffe | 4,4 | k.A. |
sonstige verarbeitende Industrien | 4,7 | k.A. |
Energie- und Wasserversorgung, Entsorgungswirtschaft | 2,1 | 0,4 |
Baugewerbe | 5,8 | 20,9 |
Dienstleistungen | 43,1 | 61,5 |
Erneuerbare Energien und Wasserstoff sind Zukunftsbranchen
Oman will bis 2030 den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung auf 30 Prozent erhöhen, derzeit sind es etwa 5 Prozent (einschließlich Off-Grid-Kapazitäten). Die Planungen für das nationale Stromnetz kalkulieren bis 2025 mit einer Fertigstellung von Solar- und Windkraftanlagen mit einer Gesamtkapazität von 2 bis 3 Gigawatt.
Aktuell verfügt Oman über Kraftwerkskapazitäten von rund 12 Gigawatt (ohne Off-Grid-Kapazitäten), davon entfallen 550 Megawatt auf Solar- und Windenergie. Zusätzliche Perspektiven ergeben sich für erneuerbare Energien angesichts des geplanten Aufbaus eines Wasserstoffsektors.
Dienstleistungssektoren mit Potenzial
Der Ausbau des Logistiksektors gilt als eine Priorität. Der neue Hafen in Duqm ist eines der wichtigsten Projekte. Duqm und die beiden anderen großen omanischen Handelshäfen (Sohar, Salalah) liegen strategisch günstig, weil sie - anders als die Häfen im Persischen Golf - von Behinderungen des Schiffsverkehrs in der Straße von Hormus nicht betroffen wären.
Im September 2022 wurden Pläne zum Bau einer Schienenverbindung zwischen Sohar und dem im Aufbau befindlichen Schienennetz der Vereinigten Arabischen Emirate bekannt. Eine 550 Kilometer lange Schienenstrecke zwischen Duqm und Riad (Saudi-Arabien) für Frachtverkehr ist im Gespräch.
Oman hat zudem ambitionierte Pläne für seine Tourismusindustrie. Nach Angaben des Tourismusministeriums sollen im Zeitraum 2021 bis 2025 etwa 5,4 Milliarden US$ in den Sektor investiert werden. Ein Großteil der Mittel fließt in zwölf große Tourismuskomplexe, darunter The Wave, Barr Al Jissah, Blue City, Yiti, Jabal Sifah und das Salalah Beach Resort.
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Hafenstädte mit Freizonen sind wichtige Wirtschaftsregionen
In der Provinz Batinah North mit dem Zentrum Sohar (250 km nördlich von Muscat) sind viele wichtige Industrieprojekte des Sultanats angesiedelt. Sohar verfügt über einen 20 Quadratkilometer großen Industriehafen, eine 45 Quadratkilometer umfassende Freizone und ein weiteres 22 Quadratkilometer großes Industriegebiet (Sohar Industrial Estate).
Der Industriehafen und die Freizone werden von der Sohar Industrial Port Company (SIPC) verwaltet. An der SIPC sind mit jeweils 50 Prozent der omanische Staat und der Port of Rotterdam beteiligt.
Neben dem Handels- und Logistiksektor sind in Sohar die Petrochemie und die Metallindustrie die wichtigsten Branchen. Die staatliche Holding OQ betreibt im Hafen von Sohar eine Ölraffinerie und mehrere große Petrochemiewerke. Nördlich des Hafengebiets steht das größte Chemieprojekt von OQ, der neue Liwa Plastics Industries Complex. Die Metallindustrie ist in Sohar unter anderem durch Jindal Shadeed Iron & Steel, Vale Oman (Eisenerz-Pelletierwerk), Sohar Steel sowie Sohar Aluminium vertreten.
Die Hafenstadt Salalah (150 Kilometer von der jemenitischen Grenze entfernt) ist das Wirtschaftszentrum des Südens. Eine Freizone wurde 2006 gegründet. Zu den in Salalah in den letzten Jahren fertiggestellten großen Projekten gehören unter anderem ein Stahlwerk (Dhofar Steel), eine Ammoniakfabrik, ein Pharmakomplex (Philex Pharmaceuticals) und eine LPG-Anlage (Liquefied Petroleum Gas). Salalah wird von den in der Provinz Dhofar geplanten grünen Wasserstoffprojekten profitieren.
Zu einem führenden regionalen Logistik- und Industriezentrum soll sich die in der dünn besiedelten Provinz Wusta liegende Duqm Special Economic Zone entwickeln. In einer ersten Entwicklungsphase wurde der Hafen gebaut. Für das Management des Hafens ist die Port of Duqm Company zuständig. Das Unternehmen ist ein 50/50 Joint Venture aus der omanischen Regierung und dem Consortium Antwerp Port.
In Duqm wird bis Ende 2023 eine Raffinerie den Betrieb aufnehmen. Ein großer petrochemischer Komplex soll errichtet werden. Zudem wird Duqm durch den geplanten Aufbau einer grünen Wasserstoffindustrie starke Wachstumsimpulse erhalten.