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Branchen | Pakistan | Textilien und Bekleidung

Neuorientierung im pakistanischen Fasersektor notwendig

Die Baumwollproduktion geht zurück. Währenddessen schreitet die Umstellung auf synthetische Fasern nur langsam voran.

Von Heena Nazir | Dubai

Pakistan blickt auf eine lange Geschichte als wichtiger Akteur in der globalen Textilindustrie zurück und ist insbesondere für seine Baumwolle bekannt. Die Faserindustrie des Landes steht nun vor neuen Herausforderungen, die sich unter anderem aus den sich verändernden globalen Trends und dem zunehmenden Fokus auf Nachhaltigkeit ergeben.

Die Baumwollproduktion sinkt

Die Position Pakistans als fünftgrößter Baumwollproduzent der Welt steht auf wackeligen Beinen. Von Wasserknappheit und minderwertigen landwirtschaftlichen Erzeugnissen bis hin zu unzureichender staatlicher Unterstützung und verheerenden Naturkatastrophen – die Hindernisse sind vielfältig. Sie haben dazu geführt, dass die Islamische Republik seit 2014 zunehmend auf Importe angewiesen ist, um ihren Bedarf zu decken. Das Land benötigt jährlich circa 14 Millionen bis 15 Millionen Ballen an Baumwolle (1 Ballen = 170 Kilogramm). Die Produktion für das Finanzjahr 2022/2023 (1. Juli bis 30. Juni) wird auf etwa 5 Millionen Ballen geschätzt. 

Bauwollproduktion in Pakistan

Jahr 1)

Anbaufläche (in Hektar)

Produktion (in Millionen Ballen) 2)

Ertrag pro Hektar (in Kilogramm)

2016/2017

2.489

10,7

729

2017/2018

2.700

11,9

753

2018/2019

2.373

9,9

707

2019/2020

2.517

9,1

618

1 Fiskaljahr: 1. Juli bis 30. Juli; 2 ein Ballen = 170 Kilogramm.Quelle: Pakistan Bureau of Statistics 2023, Pakistan Board of Investment 2023

Synthetische Faserproduktion bietet Potenzial

Die Faserindustrie hat weltweit einen bemerkenswerten Wandel vollzogen. Während Baumwolle im Jahr 1960 noch fast 70 Prozent des Verbrauchs ausmachte, ist ihr Anteil auf etwa 27 Prozent in 2021 gesunken – zugunsten von Kunststoffen, insbesondere Polyester. Der Weltmarkt für Polyestergarne soll der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge von 106 Milliarden US-Dollar (US$) im Jahr 2022 auf 174,7 Milliarden US$ in 2032 wachsen.

Die Umstellung auf synthetische Fasern kommt in der pakistanischen Textilindustrie jedoch nur langsam voran. Arsalan Hanif, Analyst bei der Investmentbank Arif Habib Limited, weist darauf hin, dass durchschnittlich mehr als 75 Prozent der Textilexporte des Landes aus Baumwolle bestehen. Laut dem pakistanischen Statistikamt wurden im Zeitraum von Juli 2021 bis März 2022 Kunststoffe im Wert von 309 Millionen US$ ausgeführt, während die Baumwollexporte 3,4 Milliarden US$ betrugen. Dies zeigt eine deutliche Diskrepanz zwischen globalen Trends und der Praxis in der Islamischen Republik. Polyester und Viskose werden hauptsächlich aus China, Indonesien und Korea importiert, wobei die Einfuhren mit Antidumpingzöllen belegt sind.

Um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben, muss die pakistanische Faserindustrie umdenken und sich stärker auf die Entwicklung der Synthesefaserproduktion konzentrieren. Sie haben viele Vorteile gegenüber Baumwolle: Sie sind relativ unabhängig von Wetterbedingungen und Erntezyklen und bieten funktionelle Vorteile wie Haltbarkeit und Pflegeleichtigkeit.

Arsalan Hanif Analyst bei der Investmentbank Arif Habib Limited

Initiativen für umweltfreundliche Praktiken 

In der Textil- und Faserindustrie werden Programme wie die "Better Cotton Initiative" implementiert, um nachhaltige Praktiken zu fördern. Im Rahmen dieser Initiative erhalten Landwirte ein Siegel, das bestätigt, dass ihre Produkte umweltfreundliche Anbaumethoden, einen verantwortungsvollen Umgang mit Wasser und Pestiziden sowie soziale Kriterien (wie gute Arbeitsbedingungen) berücksichtigen.

Darüber hinaus engagieren sich diverse Textilfabriken in Pakistan aktiv für Nachhaltigkeit. Hierzu gehört die Einführung innovativer Stoffvarianten wie der Radianza-Faser, welche durch ein Verfahren produziert wird, das Flaschen aus Polyethylenterephthalat recycelt und zu Fasern aufbereitet. Weiterhin implementieren zahlreiche Großunternehmen spezifische Färbetechniken, um sowohl den Wasserverbrauch als auch die Umweltverschmutzung zu minimieren. Allerdings begrenzen sich diese Bemühungen auf große Unternehmen, deren Marktanteil schätzungsweise weniger als 5 Prozent an der gesamten Textilindustrie ausmacht.

Der Markt ist fragmentiert

Die Faserproduktion in Pakistan konzentriert sich hauptsächlich auf die Provinzen Punjab und Sindh. Es gibt keine verlässlichen Informationen über die Marktanteile der Unternehmen in der Baumwollproduktion und über die Hersteller von Kunstfasern in dem südasiatischen Land. Die Textilindustrie zeichnet sich durch eine Vielzahl von Produzenten aus: Diese reichen von großen Unternehmen bis hin zu kleinen landwirtschaftlichen Betrieben. Über 95 Prozent der Firmen sind im informellen Sektor tätig, der statistisch nicht erfasst wird.

Im formellen Sektor gibt es in dem Land nur fünf große Hersteller von synthetischen Fasern mit einer Gesamtkapazität von über 636.000 Tonnen pro Jahr. Darunter befinden sich die drei größten Akteure: Ibrahim Fibres, ICI Polyester und Rupali Polyester. Zu den wichtigsten Baumwollproduzenten gehören unter anderem Nishat Mills, Gul Ahmed, Kohinoor Mills, Fatima Group und die Sapphire Group.

Pakistan hegt ambitionierte Ausbaupläne

Pakistan strebt an, die Produktionsmenge von Baumwolle von den rund 6 Millionen bis 7 Millionen Ballen im Finanzjahr 2021/2022 auf 15 Millionen Ballen im Zeitraum 2024/2025 zu erhöhen und plant bis 2030 mit einer Menge von 20 Millionen Ballen. Noch stehen keine konkreten Pläne zur Umsetzung dieser Ziele fest. Um sie zu erreichen, müsste die Anbaufläche erweitert und der Ertrag von rund 600 auf 1.200 Kilogramm pro Hektar verdoppelt werden. Branchenexperten äußern Skepsis und gehen davon aus, dass die langfristigen Probleme des Sektors bestehen bleiben und die Entwicklung der Baumwollproduktion gefährden.

Es gibt auch Zielsetzungen zur Erweiterung der synthetischen Faserindustrie. Einzelheiten dieser Pläne variieren und hängen oft von politischen und wirtschaftlichen Faktoren ab. Herausforderungen wie hohe Schutzzölle und Zollstrukturen stehen dem Fortschritt Pakistans im Bereich der synthetischen Textilien jedoch im Wege. "Eine Reduzierung oder Abschaffung der Einfuhrzölle auf Polyester-Stapelfasern könnte die Entwicklung des Sektors beschleunigen", erklärt Hanif. Weiterhin muss das Land in die eigene Produktion investieren und diese erheblich ausbauen. Dies erfordert eine koordinierte Strategie und Zusammenarbeit zwischen den Regierungsbehörden, der Industrie und den Landwirten. 

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