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Starker Ausbau des pakistanischen Stromsektors

Unzureichende Kraftwerkskapazitäten und defizitäre Stromnetze beeinträchtigen Pakistans wirtschaftliche Entwicklung. 

Von Heena Nazir | Dubai

Zur Beseitigung der chronischen Engpässe bei der Stromversorgung werden in Pakistan die Kraftwerkskapazitäten kräftig ausgebaut. Vom Finanzjahr 2000/2001 (1. Juli bis 30. Juni) bis 2021/2022 wuchsen diese nach Schätzungen des Finanzministeriums von rund 20 Gigawatt auf 40,6 Gigawatt an. Es gibt Pläne für den Ausbau auf fast 70 Gigawatt bis 2025. Nach Angaben des Energieministeriums des Landes wurde die Spitzenlast im Finanzjahr 2021/2022 im Juni mit circa 28,2 Gigawatt erreicht. Diese soll jährlich um durchschnittlich 4 bis 5 Prozent zulegen.

Keine ausreichenden Reservekapazitäten

Da die tatsächlich verfügbare Kraftwerksleistung in Pakistan immer deutlich unter den installierten Kapazitäten liegt, gab es auch 2022 zu Spitzenlastzeiten keine oder nur geringe Reserven. Die Islamische Republik betreibt zwei getrennte Stromnetze, die aber Strom untereinander austauschen können. Die National Transmission & Dispatch Company versorgt über ihr Netz das ganze Land, mit Ausnahme der Wirtschaftsmetropole Karachi, für die Karachi Electric zuständig ist.

Die fehlenden beziehungsweise unzureichenden Reservekapazitäten erfordern geplante Stromabschaltungen (Load-Shedding) und verursachen bei unvorhergesehenen Unterbrechungen größerer Kraftwerke oft großräumige Stromausfälle. Beispielsweise brach am 23. Januar 2023 das überlastete elektrische System des Landes stundenlang zusammen. Die Stromausfälle erstreckten sich über Belutschistan und Sindh einschließlich der dicht besiedelten Städte Karachi, Lahore sowie Rawalpindi und hatten hohe Produktionseinbußen zur Folge.

Neue Kraftwerke entstehen

Pakistan ist beim Bau neuer Kraftwerke auf das Engagement privater in- und ausländischer Investoren sowie auf Unterstützung staatlicher ausländischer Geber angewiesen. Aktuell ist China der wichtigste Akteur in Pakistans Kraftwerksektor. Zusätzliche Kapazitäten werden derzeit vor allem als Teil des Megaprojektes China Pakistan Economic Corridor (CPEC) realisiert. Der CPEC ist Teil der weltweiten chinesischen Seidenstraßenoffensive. Zwar werden im Rahmen der Initiative auch Wasserkraftwerke und erneuerbare Energien gefördert, aber Kohlekraft macht den Großteil der Vorhaben aus. Chinesische Firmen engagieren sich außerdem beim Bau konventioneller Kraftwerke, die offiziell nicht zum CPEC-Programm gehören.

Pakistan: Kraftwerksprojekte im Rahmen der CPEC-Initiative (Kapazität in Megawatt; Investitionssumme in Millionen US-Dollar) 1

Projekt

Kapazität

Investition

Projektstand2

Coal Power Plant / Port Qasim Karachi

1.320

2.085

OP (2018)

Sahiwal Coal Power Plant

1.320

1.912

OP (2017)

Coal Power Plant / Hub, Balochistan

1.320

1.912

UC (2019)

Suki Kinari Hydropower Station

870

2.000

UC (2022)

Karot Hydropower Station

720

1.720

OP (2021)

Thar Coal Power Plant 1

660

995

UC (2019)

Quaid-e-Azam PV Solar Park 1

300

460

OP (2016)

Three Gorges 2. Wind Power Project

100

150

OP (2018)

UEP Wind Farm

99

252

OP (2017)

Dawood Wind Farm

50

163

OP (2017)

Sachal Energy Wind Farm

50

134

OP (2017)

Three Gorges 3. Wind Power Project

50

112

OP (2018)

1 CPEC = China Pakistan Economic Corridor; 2 OP = Operativ, UC = Under Construction, im BauQuelle: Embassy of the People's Republic of China in Pakistan, Januar 2023

Das notwendige Kapital steht in Form von Direktinvestitionen chinesischer Unternehmen oder langfristigen Krediten zur Verfügung. China ermuntert zusätzlich pakistanische und ausländische Unternehmen, sich an den Projekten zu beteiligen. Deutsche Firmen haben als Unterauftragnehmer interessante Chancen.

Kohlekraft wird vorangetrieben

Kohle spielte in Pakistans Kraftwerkssektor vor Beginn des chinesischen Engagements keine große Rolle. Es gab nur das im Jahr 1995 ans Netz gegangene 150-Megawatt-Lakhra-Braunkohlekraftwerk. Mittlerweile entfällt ein Großteil der seit 2017 in Betrieb genommenen Kraftwerkskapazitäten auf Kohle.

Im Rahmen des CPEC-Programms wurden nach Stand vom Januar 2023 insgesamt bereits 13 Kraftwerksprojekte mit einer Kapazität von 11.648 Megawatt abgeschlossen. Dazu gehören vier wasserkraftbasierte Vorhaben mit 3.428 Megawatt, fünf Thar-Kohle-basierte Vorhaben mit 3.960 Megawatt, vier Umsetzungen unter Verwendung von importierter Kohle mit einer Kapazität von 4.260 Megawatt sowie ein Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungsprojekt (HGÜ) mit 660 Kilovolt.

Davon wurden drei importierte Kohlekraftwerke mit 3.960 Megawatt und ein Thar-Kohlekraftwerk mit 660 Megawatt in Betrieb genommen. Auch das HGÜ Matiari-Lahore mit 660 Kilovolt wird seit 1. September 2021 auf kommerzieller Basis genutzt. Das Vorhaben ist nicht nur das erste von der Privatwirtschaft entwickelte Übertragungsleitungsprojekt, sondern auch das allererste HGÜ in Pakistan.

IPP-Projekte kommen voran

In Pakistan werden neue Kraftwerke in der Regel in privater Rechtsform als "Independent Power Plants" (IPP; unabhängige Stromerzeuger) realisiert, die mit staatlichen Stromabnehmern langfristige "Power Purchase Agreements" unterzeichnen. Mit Stand vom März 2023 befinden sich neun weitere IPP-Vorhaben mit 7.028 Megawatt in verschiedenen Stadien der Verarbeitung. Dazu zählen vier Wasserkraft-IPP mit 3.428 Megawatt, vier auf Thar-Kohle-basierende IPP mit 3.300 Megawatt und ein IPP mit 300 Megawatt, bei dem Importkohle zum Einsatz kommt.

LNG-Importe versorgen neue Gaskraftwerke

Im Vergleich zur geplanten Expansion des Kohlekraftsektors sind Pläne für neue Gaskraftwerke bescheiden. Das Unternehmen Kolachi Portgen, eine Tochter der pakistanischen Engro-Gruppe, will im Port Qasim Karachi ein mit RLNG (Regasified Liquefied Natural Gas) betriebenes 450-Megawatt-Kraftwerk mit Gas- und Dampfturbinen (GuD) bauen. Das Projekt hat ein Volumen von 392 Millionen US-Dollar (US$). Die Fertigstellung ist für 2024 vorgesehen.

Die staatliche Punjab Thermal Power Company lässt von der China Machinery Engineering Corporation in Jhang ein RLNG-betriebenes GuD-Kraftwerk mit 1,3 Gigawatt bauen. Siemens hat Turbinen für 200 Millionen Euro geliefert und einen langfristigen Vertrag für die Wartung der Anlage erhalten.

Angesichts der schrumpfenden lokalen Gasförderung bei gleichzeitig kräftig wachsendem Gasbedarf des Kraftwerksektors und der Industrie importiert Pakistan seit 2015 Flüssiggas. Der Hauptlieferant ist Katar. Derzeit existieren zwei FSRU-Terminals (Floating Storage and Regasification Unit) im Port Qasim Karachi. Die Pakistan State Oil Corporation, der größte Treibstoffimporteur und -händler des Landes, plant den Bau eines dritten LNG-Terminals im Wert von 500 Millionen US$. Der LNG-Import lag im Jahr 2022 bei rund 6,9 Millionen Tonnen – Tendenz steigend. Bis 2030 erwarten Analysten einen Anstieg auf bis zu 10 Millionen Tonnen.

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