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Investitionen entlang der polnisch-ukrainischen Grenze

Polen bringt sich für den Wiederaufbau der Ukraine in Stellung. Straßen, Schienen und Stromtrassen entstehen. Neue Finanzierungshilfen könnten weitere Impulse geben.

Von Christopher Fuß | Warschau

Angesichts der Bedrohung durch Russland rücken Polen und die Ukraine enger zusammen. Beide Länder verfolgen eine Reihe grenzüberschreitender Infrastrukturmaßnahmen. Gemeinsame Projekte sollen der Ukraine eine Entwicklungsperspektive geben. Polen versteht sich in diesem Zusammenhang als natürlicher Partner, auch aufgrund geografischer und kultureller Nähe zur Ukraine.

EU-Gelder helfen, Verkehrs- und Logistikkonzepte umzusetzen. Ende Juni 2023 erhielten der polnische Schienennetzbetreiber PKP PLK und sein ukrainisches Pendant Ukrsalisnyzja eine Förderzusage aus der Connecting Europe Facility (CEF). Es geht um den Ausbau der beiden Eisenbahngrenzübergänge Dorohusk - Jahodyn und Medyka - Mostyska. Die Europäische Kommission bewilligte für die Vorhaben insgesamt 32,6 Millionen Euro. Das Ziel lautet, mehr Zugverbindungen zwischen Polen und der Ukraine anzubieten.

Auch der Straßenverkehr profitiert von CEF-Mitteln. Die Straßengrenzübergänge Dorohusk - Jahodyn, Hrebenne - Rawa-Ruska und Korczowa - Krakowez sind wegen fehlender Kontrollpunkte überlastet. Ein Zuschuss in Höhe von 62,2 Millionen Euro soll helfen, neue Kapazitäten zu schaffen.

Polen und die Ukraine harmonisieren ihr Gleisnetz

Die gemeinsamen Infrastrukturprojekte werden von Herausforderungen begleitet. Während Polens Gleisnetz Normalspur mit 1.435 Millimeter Spurweite nutzt, besteht das ukrainische Schienennetz aus Breitspur mit 1.520 Millimetern. Ukrsalisnyzja baut deshalb in Grenznähe zu Polen die Normalspur aus. Wie die polnische Tageszeitung Dziennik Gazeta Prawna berichtet, will das ukrainische Staatsunternehmen bis 2024 einen Abschnitt zwischen Rawa-Ruska und Lwiw fertigstellen. Davon soll der Personenverkehr ab Warschau profitieren. Der Güterverkehr hingegen könnte dank geplanter Normalspurstrecken ab Medyka bis Lwiw und ab Dorohusk bis Kowel zunehmen.

Unabhängig davon hat Polens staatliche Projektgesellschaft hinter dem geplanten Großflughafen CPK (Centralny Port Komunikacyjny) ein Abkommen mit der ukrainischen Eisenbahngesellschaft unterschrieben. Beide Partner wollen eine Machbarkeitsstudie für eine neue Normalspurtrasse ausarbeiten. Sie würde ab Kiew über Lwiw nach Warschau und weiter zum CPK führen. Die Strecke soll Höchstgeschwindigkeiten bis 250 Kilometer pro Stunde ermöglichen. Polen will den CPK zu einem Drehkreuz für den Eisenbahnverkehr machen.

Kleine Erfolge und großes Interesse

Während bei den Verkehrswegen vieles bislang nur auf dem Papier existiert, gibt es an anderer Stelle konkrete Ergebnisse. Im Mai 2023 haben die staatlichen Stromnetzbetreiber beider Länder eine Verbindung zwischen dem ukrainischen Kernkraftwerk Chmelnyzkyj und einem Umspannwerk nahe der polnischen Stadt Rzeszów in Betrieb genommen. Dank der Leitungen können beide Länder Bedarfsspitzen ausgleichen. Das ist für die Ukraine wichtig. Durch russischen Beschuss fallen die heimischen Kraftwerke oft aus. So musste der ukrainische Netzbetreiber Ukrenergo Ende Juni 2023 rund 1.200 Megawattstunden Strom als Soforthilfe aus Polen und Rumänien beziehen.

Auch private Unternehmen wollen in grenzüberschreitende Stromtrassen investieren. Das Joint Venture Orlen Synthos Green Energy (OSGE) bewirbt sich um europäische Fördergelder, um eine Höchstspannungsleitung für 400 Kilovolt zwischen dem ukrainischen Kernkraftwerk Riwne und dem Umspannwerk im polnischen Chełm zu bauen. Laut Wirtschaftsportal BiznesAlert liegen die Kosten bei knapp 300 Millionen Euro.

Polen und die Ukraine sind überzeugt, dass es weitere Branchen mit Kooperationspotenzial gibt. Im April 2023 haben beide Länder ein Memorandum unterschrieben. Die Ukraine erklärt darin, Polen regelmäßig auf Projekte und Ausschreibungen hinzuweisen. Im Gegenzug stellt die polnische Seite Informationen über Firmen zur Verfügung, die sich am Wiederaufbau beteiligen wollen. Polens staatliche Außenwirtschaftsagentur PAIH (Polska Agencja Inwestycji i Handlu) hat bereits einen Katalog mit interessierten Unternehmen erstellt. Er enthält auch polnische Tochtergesellschaften internationaler Betriebe wie den deutsche Leichtbauspezialisten Schrag.

Unternehmen brauchen Garantien

Um weitere Investitionen und den Handel mit der Ukraine zu unterstützen, setzt Polens Regierung auf die staatliche Versicherungsgesellschaft KUKE (Korporacja Ubezpieczeń Kredytów Eksportowych). Das Kabinett verabschiedete im Juni 2023 eine Reform. KUKE soll zukünftig Rückversicherungen für Exporte in die Ukraine anbieten. Importeure in Polen hätten außerdem die Möglichkeit, Vorauszahlungen an ihre ukrainischen Partner abzusichern. Banken wiederum könnten Investitionskredite für Projekte in der Ukraine bei KUKE absichern. Die Garantien stünden auch polnischen Tochtergesellschaften von internationalen Firmen zur Verfügung. Das Gesetz lag Anfang Juli 2023 im polnischen Parlament.

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Was laut Branchenverbänden fehlt, sind ausreichende staatliche Finanzierungshilfen. Bisher hat Polen vor allem über die Europäische Entwicklungsbank Unterstützung angeboten. Die Staatssekretärin im polnischen Ministerium für Regionalpolitik und Vorsitzende einer interministeriellen Ukraine-Arbeitsgruppe, Jadwiga Emilewicz, erklärte, der staatliche Wirtschaftsfonds PFR (Polski Fundusz Rozwoju) arbeite an einem neuen Instrument. Zusätzlich kündigte sie den Bau von Logistikzentren in grenznahen Regionen an.

Auch wenn die Regierungen beider Länder nach außen Geschlossenheit demonstrieren, ist das Verhältnis zwischen der Ukraine und Polen nicht konfliktfrei. Für Unmut auf polnischer Seite sorgte beispielsweise, dass die Ukraine im März 2023 einen Vertrag mit dem Unternehmen Unibep kippte. Die polnische Firma sollte den Grenzübergang Szegin ausbauen. Polen stellt ein Darlehen für das Projekt bereit. Laut dem Wirtschaftsportal 300Gospodarka ist die ukrainische Seite nicht einverstanden, Projektkosten anzupassen. Steigende Agrarexporte aus der Ukraine wiederum sorgen für hitzige Proteste der polnischen Landwirte. Polen fordert einen Einfuhrstopp für ukrainisches Getreide bis Ende 2023.

Kontaktadressen

AHK Polen

Informationsseite der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer mit Hilfsangeboten für Ukrainer in Polen

PAIH (Polska Agencja Inwestycji i Handlu)

Sonderseite der Polnischen Investitions- und Handelsagentur mit Neuigkeiten zur polnisch-ukrainischen Zusammenarbeit

KUKE (Korporacja Ubezpieczeń Kredytów Eksportowych)

Staatliche Exportversicherungsanstalt Polens

PFR (Polski Fundusz Rozwoju)

Staatlicher Wirtschaftsfonds Polens

GDDKiA (Generalna Dyrekcja Dróg Krajowych i Autostrad)

Ausschreibungsplattform der staatlichen Straßenbaubehörde Polens für Aufträge ab 29.000 Euro

PKP PLK (Polskie Linie Kolejowe)

Ausschreibungsplattform des staatlichen Schienennetzbetreibers in Polen

PSE (Polskie Sieci Elektroenergetyczne)

Ausschreibungsplattform des staatlichen Übertragungsnetzbetreibers in Polen

Prozorro

Ausschreibungsplattform der öffentlichen Hand in der Ukraine

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