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Neue Impulse für emissionsfreie Lkw

Polens staatlicher Umweltfonds hat zwei Förderprogramme angekündigt, die mehr emissionsfreie Lkw auf die Straße bringen sollen. Nicht nur für Fahrzeuge gibt es Zuschüsse.

Von Christopher Fuß | Warschau

Bis zu 174.000 Euro Kaufprämie winken jenen Unternehmen, die in emissionsfreie Transportfahrzeuge investieren. So steht es in einem neuen Zuschussprogramm, das laut Auskunft des federführenden Umweltfonds NFOŚiGW (Narodowy Fundusz Ochrony Środowiska i Gospodarki Wodnej) im Laufe des Jahres 2024 starten wird. Das Gesamtbudget der Maßnahme liegt bei über 230 Millionen Euro. Die Mittel stammen aus dem europäischen Modernisierungsfonds, der sich wiederum über Einnahmen aus dem Verkauf von Emissionszertifikaten finanziert. Bislang gibt es Kaufprämien in Polen nur für Elektro-Pkw, aber nicht für schwere Transportfahrzeuge.

Wie hoch der Zuschuss am Ende tatsächlich ausfällt, hängt vom Gewicht des Fahrzeugs und der Unternehmensgröße ab. Kleine Firmen können sich bis zu 60 Prozent des Kaufpreises erstatten lassen. Bei großen Unternehmen sinkt der Wert hingegen auf 30 Prozent. Der Höchstwert von 174.000 Euro gilt nur für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 12 Tonnen (Fahrzeugklasse N3). Käufer von leichteren Fahrzeugen zwischen 3,5 Tonnen und 12 Tonnen (Fahrzeugklasse N2) müssen sich mit maximal 93.000 Euro zufriedengeben. Der Umweltfonds verlangt außerdem, dass alle geförderten Lkw mindestens 50.000 Kilometer im Jahr zurücklegen. Hybridfahrzeuge erhalten keine Unterstützung.

Große Unternehmen führen Praxistests durch

Emissionsfreie Lkw mit Elektroantrieb gehören auf Polens Straßen bislang zur Ausnahme. Der Fahrzeugverband PZPM (Polski Związek Przemysłu Motoryzacyjnego) meldet für das Jahr 2023 gerade einmal 39 Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen mit über 6 Tonnen Gesamtgewicht. Kleiner Lichtblick: Ein Jahr zuvor waren es nur 6 Fahrzeuge. Wasserstoffantriebe spielen in Polens Straßengüterverkehr aktuell keine Rolle.

Zwar gibt es laut dem Verband für alternative Kraftstoffe PSPA (Polskie Stowarzyszenie Paliw Alternatywnych) in keinem EU-Land so viele konventionelle Lkw wie in Polen. Doch die Fahrzeuge gehören meistens kleinen Logistikdienstleistern. Diesen Firmen fehlt das nötige Kapital. Hohe Anschaffungspreise für emissionsfreie Modelle schrecken potenzielle Kunden ab. Ein batteriebetriebener Elektro-Lkw kostet gut dreimal so viel wie ein Dieselfahrzeug.

Zu den Vorreitern gehört der Möbelriese IKEA. Das Unternehmen setzt Elektro-Lkw gemeinsam mit dem Logistikdienstleister Raben zwischen den beiden Werken in Zbąszynek und Babimost ein. Die Distanz beträgt aber gerade einmal 12 Kilometer. Auch der Lebensmitteldiscounter Lidl testet, wie sich Elektro-Lkw im Alltag bewähren. Zwei Fahrzeuge transportieren Waren vom Distributionszentrum in Błonie zu mehreren Filialen in Polen. Aleksandra Robaszkiewicz, Leiterin der Unternehmenskommunikation bei Lidl Polska, kommentiert in einer Pressemitteilung: "Innovative Fahrzeuge leistet einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen. Indem wir solche Lösungen [Elektro-Lkw] testen, sammeln wir Erfahrungen, und unser Unternehmen kann noch umweltfreundlicher werden." Eine polnische Tochtergesellschaft des Paketdienstleisters DHL hat ebenfalls Elektro-Lkw eingekauft. 

Neben den Branchenriesen wagen Speditionsunternehmen mit polnischem Eigentümer den Schritt zu mehr Elektromobilität. Die Firma Solidaris aus der südpolnischen Woiwodschaft Opolskie (mit 400 Beschäftigten) setzt zwei Elektro-Lkw von Volvo ein. Die Grupa Tobi aus Bielsko-Biała wiederum hat ein Fahrzeug von MAN gekauft. Es ist der erste vollelektrische Lkw der Modellreihe eTruck, den der deutsche Hersteller in Polen an einen Kunden übergeben hat.

Lücken in der Ladeinfrastruktur schließen

Damit die Fahrzeuge nicht mit leeren Batterien auf der Straße liegenbleiben, hat der staatliche Umweltfonds für das Jahr 2024 ein weiteres Programm angekündigt. Es verspricht Zuschüsse, wenn Unternehmen Ladesäulen für Elektro-Lkw bauen. Die Maßnahme kommt mit einem Budget von 460 Millionen Euro sogar auf das doppelte Volumen der Lkw-Kaufprämie. 

Die Unterstützung gibt es für Gleichstrom-Ladestationen mit bis zu zwei 350-Kilowatt-Ladepunkten. Als Standorte kommen Haltestellen entlang des europäischen Verkehrswegenetzes (TEN-T) in Frage, aber auch Logistikzentren oder intermodale Terminals. Der Zuschuss darf bis zu 100 Prozent der förderfähigen Kosten decken. Das würde bedeuten, dass Investoren im besten Fall nur die Ausgaben für unterstützende Infrastruktur tragen. Der Umweltfonds kündigt wettbewerbliche Vergabeverfahren an, um potenzielle Investoren zu identifizieren.

Polen steht bei der Ladeinfrastruktur unter hohem Druck. Wie PSPA schreibt, gibt es landesweit bisher keine einzige öffentlich zugängliche Ladesäule, die für Lkw ausgelegt ist. Das muss sich bald ändern, denn die europäische AFIR-Verordnung (Alternative Fuels Infrastructure Regulation) verlangt, dass bis 2030 entlang des TEN-T-Kernnetzes alle 60 Kilometer eine Ladesäule mit zwei Ladepunkten je 350 Kilowatt steht. Diese Anlagen fehlen in Polen bislang. 

Dafür gibt es viele Gründe. Der PSPA klagt, dass Investoren lange auf eine Genehmigung durch den zuständigen Verteilnetzbetreiber warten müssen. In einigen Fällen liegt der Netzanschlusspunkt mehrere Kilometer von der Ladestation entfernt. Die Kosten des Ausbaus müsste der Investor tragen, was laut PSPA die meisten Projekte unrentabel macht.

Zuspruch und Vorschläge

Vor diesem Hintergrund gibt es lobende Worte für die neuen Fördermaßnahmen: "Die angekündigten Programme sind von entscheidender Bedeutung, um die Wettbewerbsfähigkeit der polnischen Transport-, Speditions- und Logistikbranche zu erhalten und um EU-Vorgaben zu erfüllen. Ohne Subventionen wäre die Verwirklichung dieser Ziele nicht möglich", bekräftigt Maciej Mazur, Geschäftsführer von PSPA. 

Allerdings seien die Zuschüsse allein nicht ausreichend. Der Verband hat eine Liste mit Reformvorschlägen an Polens Klimaministerium und an das Infrastrukturministerium überreicht. Darin ist unter anderem von einem schnelleren Ausbau der Stromnetze und von Steuererleichterungen die Rede.

Vorschläge des PSPA, um den Absatz von Elektro-Lkw zu fördern:

  • Kaufprämien für Elektro-Lkw
  • Zuschüsse für den Bau von Lkw-Ladesäulen
  • Weniger Bürokratie rund um den Ausbau der Lkw-Ladeinfrastruktur
  • Keine Maut für Elektro-Lkw
  • Ausnahmen für Elektro-Lkw bei Einfahrtsbeschränkungen in Innenstädte
  • Anhebung des zulässigen Gesamtgewichts für Elektro-Lkw
  • Subventionen für Pilotprojekte

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